Verhinderte Seenotrettung: Zynisch und menschenverachtend
Die humanitäre Lage spitzt sich weiter zu. Weil sämtliche Rettungsschiffe festgesetzt sind, ertrinken im Mittelmeer die Menschen.
D ie humanitäre Lage im zentralen Mittelmeer hat sich dramatisch zugespitzt: Obwohl in den vergangenen Wochen mehr Menschen versuchten, in seeuntauglichen Booten aus der Hölle Libyens zu fliehen, sind inzwischen fast alle zivilen Seenotrettungsschiffe in Italien festgesetzt. Seit dem 22. Juli wird auch unser Schiff, die „Ocean Viking“, in Sizilien festgehalten. Wegen angeblicher Sicherheitsmängel werden wir am dringend notwendigen Einsatz gehindert. Es ist ein Skandal: Wegen der politisch gewollten Festsetzungen ist derzeit kein ziviles Seenotrettungsschiff im Mittelmeer im Einsatz.
Mit fadenscheinigen Begründungen werden wir am Auslaufen gehindert, um das Anlanden von Geretteten in Europa zu verhindern. SOS MEDITERRANEE und anderen NGOs wird zum Beispiel vorgeworfen, nach Rettungen mehr „Passagiere“ befördert zu haben, als in ihren Schiffspapieren angegeben ist. Ein absurder Vorwurf, denn Schiffbrüchige sind keine Passagiere. Dieses politische Manöver, um jeden Preis zu verhindern, dass gerettete Menschen nach Europa gebracht werden, ist zynisch und menschenverachtend.
Allein in den letzten acht Wochen haben die zivilen Aufklärungsflugzeuge im zentralen Mittelmeer über 2.100 Personen in Seenot dokumentiert. Die europäischen Behörden nehmen billigend in Kauf, dass dort in den vergangenen Monaten Hunderte Menschen ertrunken sind. Weil staatliche Seenotrettung eingestellt wurde, sind die zivilen Seenotrettungsschiffe der NGOs unverzichtbar. Durch ihre gezielten Blockierungen sterben Menschen, die wir hätten retten können.
SOS MEDITERRANEE fordert, die Schiffe sofort freizulassen. Darüber hinaus kann eine nachhaltige Lösung nur aus Brüssel kommen. Ohne eine europäische Lösung für die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer wird die Blockade ziviler Seenotrettung und das Sterben im Mittelmeer weitergehen. Deutschland muss sich deshalb jetzt mit der EU-Ratspräsidentschaft für einen solidarischen Verteilmechanismus und eine europäisch koordinierte Seenotrettung einsetzen.
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