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Verhandlungen zum AtomprogrammIran akzeptiert Israel nicht

Gastkommentar von Rafael Seligmann

Das drohende Scheitern der Verhandlungen in Wien war von Anfang an vorprogrammiert. Es liegt in Teherans Absicht begründet, Israel zu vernichten.

Die Verhandlungen über einen erneuten Beitritt der USA zum Abkommen stehen vor dem Scheitern Foto: Majid Asgaripour/WANA/reuters

D ie Wiener Verhandlungen über einen erneuten Beitritt der USA zur Vereinbarung über die Verhinderung des Baus iranischer Nuklearwaffen stehen vor dem Scheitern. Die Übereinkunft krankte von ihrem Beginn im Jahr 2015 an daran, dass Teheran bis heute an den Vorgaben des Revolutionsführers Ajatollah Khomeini festhält: „Das zionistische Gebilde [Israel] ist ein Krebsgeschwür, das zerstört werden muss.“ Dieses Ziel bestimmt bis heute ohne Abstriche Teherans Israelpolitik und diktiert dessen atomare Aufrüstung.

Eine Vereinbarung mit Iran konnte daher nur zustande kommen, wenn Israel, um dessen Schicksal es geht, nicht Teil der Übereinkunft war. Diese Konstellation, bei der eine Seite den potenziellen Aggressor zu beschwichtigen sucht, indem sie dessen selbst gewählten Feind nicht an den Verhandlungen teilnehmen lässt, ist seit dem „Münchner Abkommen“ von 1938 bekannt.

Damals erlaubten die Demokratien Frankreich und Großbritannien der Tschechoslowakei, um deren Bestand es ging, nicht, an den Gesprächen teilzunehmen. Denn dies hätte Hitlerdeutschland nicht akzeptiert.

In einer vergleichbaren Situation befanden sich die Sicherheitsratsmitglieder plus Deutschland, als sie mit Teheran das Nuklearabkommen vereinbarten. Israel, dessen Zerstörung Iran offen anstrebt, war von den Gesprächen ausgeschlossen. Man einigte sich „um des lieben Friedens willen“ dennoch mit Teheran. Auch Deutschland, dessen Kanzlerin 2008 die Sicherheit Israels als „deutsche Staatsräson“ bezeichnete.

Rafael Seligmann

Jahrgang 1947, ist Politikwissenschaftler und Roman­autor.

Ex-US-Präsident Trump wollte anfangs mit Teheran ins Geschäft kommen. Seine Bedingung war, dass Iran seine expansive Politik einstellt. In Reaktion auf die iranische Verweigerung kündigten die USA die Vereinbarung auf und verhängten Wirtschaftssanktionen.

Teheran reagierte mit einer forcierten Urananreicherung und setzt diese bis heute fort. Dass die Europäer plus Moskau und Peking am Abkommen festhalten, berührt Teheran nicht. Washington will sich mit Iran einigen. Doch Israels Existenzrecht soll erwähnt bleiben. Dazu ist Iran nicht bereit.

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9 Kommentare

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  • Sie haben es exakt getroffen Herr Seligmann. Sie erinnern treffend an das Münchner Abkommen. Beim "Atomdeal" soll Israel nicht dabei sein.



    Erinnern wir uns auch an eine andere Konferenz aus 1938. Da durfte eine Jüdin zuschauen. Golda Meir:



    www.deutschlandfun...ilfe-fuer-100.html



    Es ist schon merkwürdig, wie "engagiert" Deutsche um diesen sinnlosen "Atomdeal" sind.

  • Im internationalen Recht gibt es kein Existenzrecht für Staaten, es ist kein Rechtsbegriff. Staaten entstehen, schliessen sich zusammen, lösen sich auf. Als sich z.B. 1993 die Tschechoslowakei entschloss sich in die zwei Staaten Tschechische Republik und Slovakei zu teilen, hätte niemand vor einem Gericht klagen können wegen eines Existenzrechts der Tschechoslovakei.

    • @Martha:

      Alle souveränen Staaten haben das Recht zu existieren. Deshalb sind Annexionen fremden Staatsgebiets ja auch grundsätzlich völkerrechtswidrig. Ihr Beispiel Tschechien/Slowakei liegt neben der Sache. Da hat sich die Tschechische und Slowakische Föderativen Republik selbst durch Beschluss ihrer Bundesversammlung aufgelöst. Natürlich konnte man deswegen nicht das Existenzrecht des aufgelösten Staates einklagen, denn der Staat hatte ein Existenzrecht, aber keine Eistenzpflicht.

      • @Budzylein:

        Jedenfalls ist es kein Rechtsbegriff im internationalen Recht!

  • Ich verehre Rafael Seligmann sehr. Beim Lesen war ich dann überrascht: fehlt da was? Hört mittendrin auf. War das jetzt einfach ein Gedanke oder kommt noch eine Fortsetzung.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Die Prämisse des Artikels ist meiner Meinung nach falsch. Iran würde Israel nicht zerstören und er kann es auch nicht mit oder ohne Atomwaffen. Davon abgesehen wäre es natürlich toll wenn man anstatt nur über das Nuklearprogramm zu verhandeln gleich eine Friedensordnung für den ganzen Nahen Osten aushandelt... NUR dann müssten die Palästinenser auch am Tisch sitzen solche Verhandlungen müssten in einem funktionierenden palästinensischem Staat resultieren. Zusätzlich abgesteckte Einflusssphären für Iran, Russland, und USA, Israel und Saudi-Arabien auf der anderen Seite, dazu noch für die Türkei und China.

    Ich sehe dafür aber geringe Chancen auf Erfolg der Konflikt dient den Führungen Irans, Israels, etc. dazu von inneren Problemen abzulenken und beide Länder haben extrem ausgeprägte militärisch-industrielle Komplexe und eine militarisierte politische Kultur.

    Es ist aber schlicht unwahrscheinlich das dies funktionieren würde

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Wieso nehmen Sie an, der Iran würde Israel nicht mit Atomwaffen angreifen, wenn er welche hätte? Welchen Grund hat der Iran denn für seine Vernichtungsdrohungen gegen Israel? Und wenn es zu einem Atomangriff kommt: Kann Israel den dann einfach abwehren? Sind Atomwaffen so ungefährlich?

      Und meinen Sie wirklich, die feindlichen Haltung des Iran (oder der "Konflikt", wie Sie es nennen), der ja auch Terroristen, die Anschläge auf Israelis verüben, mitfinanziert, würde der israelischen Regierung dazu dienen, von inneren Problemen abzulenken? Das ist doch totaler Quatsch. Kein Staat hat etwas davon, wenn ein anderer Staat ihn angreifen will. Israel hätte mit Sicherheit weniger innere Probleme, wenn der Iran nicht der Feind Israels wäre.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Ein großer Runde Tisch, vielleicht nicht ganz so groß wie von Ihnen genannt, wäre garnicht so verkehrt. Der Konflikt ist echt, aber auch Projektionsfläche. Das mir auf den Tisch. - Gedankengang: oder auch nicht. Das Aussprechen von Tatsachen kann auch zur Eskalation führen, so wie wir es gegen Jahresmitte in der Ukraine sehen werden.