Vor Amtsantritt Joe Bidens: Iran trotzt Wiener Abkommen
Ein weiterer Verstoß gegen die Zusagen im Atomdeal: Eigenen Angaben zufolge hat Iran mit der Anreicherung von Uran auf bis zu 20 Prozent begonnen.
Dies ist ein weiterer und verschärfter Verstoß gegen das Wiener Atomabkommen von 2015. Darin hat der Iran zugesagt, auf eine höhere Urananreicherung zu verzichten und weitere Schritte zu unternehmen, die es dem Land unmöglich machen sollen, Atombomben zu bauen. Im Gegenzug wurden Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik aufgehoben. Jedoch stiegen die USA unter Donald Trump 2018 aus dem Vertrag aus und setzten wieder scharfe Sanktionen ein.
Grundsätzlich hat die iranische Regierung bekräftigt, an dem Abkommen festzuhalten. Sie besteht jedoch darauf, dass alle ursprünglichen Vertragsparteien – auch die USA – die gemachten Zusagen einhalten. Teheran hofft auf eine Aufhebung der US-Wirtschaftssanktionen, die das Land in die schlimmste Wirtschaftskrise seiner jüngeren Geschichte gestürzt haben.
Bereits am Wochenende hatte Teheran die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien über ein neues iranisches Atomgesetz informiert, das unter anderem die Erhöhung der Urananreicherung auf 20 Prozent vorsieht.
„In einem Schreiben haben wir der IAEO mitgeteilt, dass wir dazu die Urangaskapseln ändern müssen und die IAEO-Inspekteure diese entsiegeln sollen“, sagte der Vizepräsident und Chef der iranischen Atomorganisation (AEOI), Ali Akbar Salehi, nach lokalen Medienberichten vom Samstag. Die IAEO mit Sitz in Wien bestätigte den Erhalt des Schreibens, das auf den 31. Dezember datiert war.
Ringen um Atomdeal auch innerhalb Irans
Das Atomgesetz war Ende November von den Hardlinern und Regierungsgegnern im iranischen Parlament verabschiedet worden. Danach soll die AEOI unter anderem pro Jahr 120 Kilogramm 20-prozentiges Uran herstellen und lagern. Das Gesetz verstößt klar gegen das Wiener Atomabkommen.
Politisch besonders delikat ist der im Gesetz vorgesehene Ausstieg des Irans aus dem Zusatzprotokoll der IAEO, der den Zugang von UN-Inspekteuren zu iranischen Atomanlagen beschränken oder gar verbieten würde.
„Wir müssen das neue Atomgesetz umsetzen, das können wir auch, aber vorher muss der Präsident (Hassan Ruhani) dies auch anordnen“, sagte der Atomchef, ohne direkt auf die Urananreicherung einzugehen. Salehi hatte das Gesetz im Dezember als technisch unrealistisch kritisiert, da derzeit für seine Umsetzung kein Budget zur Verfügung stehe.
Präsident Ruhani hält das Gesetz für politisch unklug. Das Gesetz würde nach seiner Ansicht die diplomatischen Bemühungen um eine Rettung des Wiener Atomabkommens nach dem Amtsantritt des künftigen amerikanischen Präsidenten Joe Biden gefährden, der am 20. Januar vereidigt wird und einen Wiedereinstieg der USA nicht ausschließt.
Ist Biden bereit zu investieren?
Der Direktor des Friedensforschungsinstituts Sipri sieht die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran auch unter Biden mit Skepsis. Selbst wenn der Demokrat andere strategische Schwerpunkte als Trump verfolge und sich von dessen Politikstil verabschieden sollte: „Eine erfolgreiche Wiederaufnahme des Abkommens könnte mehr politisches Kapital kosten, als Joe Biden bereit ist zu investieren“, sagte Dan Smith der Neuen Osnabrücker Zeitung. Ähnlich sei es im Iran: „Auch dort ist die Stimmung gekippt, weil das Abkommen nicht gehalten hat, was versprochen war.“
Weder sei der Iran infolge des Deals wieder vollständig an den Welthandel angebunden worden, noch hätten sich internationale Investoren in größerer Zahl ins Land getraut. „Aus Sicht der iranischen Führung bedürfte es seitens der USA also eines ganz besonderen Angebots, um sich dem Abkommen wieder voll und ganz verpflichtet zu fühlen“, sagte Smith. „Ich sehe nicht, was Biden da auf den Tisch legen könnte, ohne dass der Iran freiwillig einen unwahrscheinlichen Vertrauensvorschuss gewährt.“
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