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Verhaftung einer Richterin in den USARechtsstaat oder Diktatur?

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Trump hat eine Richterin verhaften lassen. Jetzt entscheidet das Oberste Gericht, ob die USA noch ein Rechtsstaat sind oder schon eine Diktatur.

Die Richterin Hannah Dugan wird nach ihrer Verhaftung abgeführt Foto: X @FBIDirectorKash

M it der Verhaftung einer Richterin in Wisconsin geht die US-Regierung Donald Trumps den nächsten Schritt in ihrem Kampf gegen die unabhängige Justiz. Die Message: Wer sich der radikalen An­ti­mi­gra­tions­po­li­tik der Regierung entgegenstellt, muss mit Verfolgungen durch einen gleichgeschalteten Exekutiv­apparat rechnen.

Trump hat die Spitzen des Justizministeriums, des FBIs, des Heimatschutzministeriums mit fanatisch loyalen Parteigängern besetzt, die im Verbund daran arbeiten, den Durchmarsch ohne Rücksicht auf Gerichte oder Gesetzeslage zu organisieren.

Im konkreten Fall der Abschiebe­politik bedeutet das einen Kampf sowohl gegen jene Städte und Bundesstaaten, die sich dem Ansinnen verweigern, große Teile ihrer Bevölkerung der Verfolgung durch die Abschiebebehörde ICE preiszugeben. Waren die Erpressungsversuche bislang meist darauf beschränkt, mit dem Entzug finanzieller Mittel zu drohen, stellt die Verhaftung einer Richterin eine neue Qualität dar.

Die Trump-Regierung hat in drei Monaten im Amt gegen so viele Regeln und Gesetze verstoßen wie noch keine andere. Kein Wunder also, dass sie bislang auch so viel juristische Gegenwehr erfahren hat wie keine zuvor.

Trump sieht die Justiz als Teil des „korrupten Systems“

In der Logik aller rechtsextremen, faschistischen oder rechtspopulistischen Bewegungen der Neuzeit muss das wiederum als definitiver Beweis dafür herhalten, dass sich „das korrupte System“ oder „die Elite“ gegen sie verschworen habe. Kaum jemand spielt das Spiel so perfekt wie Donald Trump. Er hat dieses Vorgehen schon als stets alle Regeln übertretender Immobilienunternehmer über Jahrzehnte perfektioniert.

Bislang setzt Donald Trump darauf, sich auf die letzte Instanz, den von ihm selbst maßgeblich geprägten Obersten Gerichtshof, verlassen zu können. Und tatsächlich wird es wohl von diesen neun Rich­te­r*in­nen abhängen, ob die Vereinigten Staaten ein Rechtsstaat bleiben oder in die Diktatur abrutschen. Ob sie einen Rest Anstand zeigen, bleibt eine bange Frage.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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