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Verfassungsschutz registriert AnstiegGeheimdienst entdeckt Reichsbürger

Erstmals beschäftigt sich der Geheimdienst mit dem Gewaltpotenzial der Rechten. Außerdem konstatiert er mehr linksextreme Straftaten durch G20.

Adler im Fenster: Preußische Flagge in einem von der Polizei durchsuchten Haus in Berlin Foto: dpa

BERLIN taz | Nun also doch: Innenminister Horst Seehofer hat am Dienstag gemeinsam mit dem Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen den Verfassungsschutzbericht 2017 vorgestellt. Das wäre eigentlich schon vor Wochen fällig gewesen, doch der Termin war verschoben worden – die Querelen um den sogenannten Masterplan Migration waren wichtiger.

Die mediale Wahrnehmung des G20-Gipfels mag etwas anderes nahelegen, doch auch im Jahr 2017 zählten die Sicherheitsbehörden deutlich mehr Straftaten mit rechts- als mit linksextremistischem Hintergrund: 19.467 zu 6.393. Auch geht der Verfassungsschutz von 12.700 gewaltbereiten Rechtsextremisten gegenüber 9.000 gewaltbereiten Personen aus dem linksextremen Spektrum aus; insgesamt beziffert er das Personenpotenzial der rechten Szene auf gut 25.000 Menschen, das der linken Szene auf gut 30.000.

Im Vergleich zu 2016 ist die Anzahl rechtsextremer Straftaten deutlich gesunken. Das liegt vor allem daran, dass die enorme Welle an Gewalt gegen Asylbewerberunterkünfte und ihre Bewohner mittlerweile abgeflaut ist – noch immer liegt die Zahl dieser Taten aber höher als 2014, also vor dem jüngsten Anstieg. Gut 1.000 Gewalttaten wurden dem Bericht zufolge im Jahr 2017 aus dem rechtsextremistischen Spektrum heraus begangen, was gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von gut 34 Prozent bedeutet. Dennoch sei die Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene weiterhin hoch, so der Bericht.

Behörden seit 2016 alarmiert

Die Zahl linksextremer Straftaten ist laut Bericht hingegen gestiegen. Auch die Zahl der erfassten Gewalttaten ist um mehr als ein Viertel auf gut 1.600 Taten gewachsen, rund 62 Prozent davon standen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel in Hamburg. Die Gipfelproteste hätten ein „bisher beispielloses Mobilisierungspotenzial aller Strömungen des Linksextremismus gezeigt“, sagte Seehofer. Wie schon bei der Präsentation der Polizeilichen Kriminalstatistik im Mai hob er insbesondere das Verbot der linken Internetplattform Indymedia als richtigen Schritt gegen Links­extremismus hervor und betonte erneut seine Verurteilung der Plakate mit Bildern von G20-Polizisten, die im letzten Jahr an einigen Orten in Berlin aufgetaucht waren.

Einen Schwerpunkt legt der aktuelle Bericht auf das Spektrum der Reichsbürger, bei dem der Verfassungsschutz für das Jahr 2017 einen Zuwachs von rund 6.500 Personen auf 16.500 verzeichnet. Bereits von 2015 auf 2016 war das Spektrum laut Verfassungsschutz deutlich gewachsen. Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen: Experten gehen davon aus, dass sich das oft unter dem Begriff Reichsbürger zusammengefasste, in Wirklichkeit jedoch sehr heterogene Spektrumlange unter dem Radar der Sicherheitsbehörden befand.

Das änderte sich schlagartig, als ein selbsternannter Reichsbürger im Oktober 2016 einen Polizisten erschoss. Seitdem ist die Aufmerksamkeit für die Szene deutlich gestiegen, wodurch auch ein guter Teil des vermeintlichen Zuwachses zu erklären ist. Nichtsdestotrotz darf insbesondere die hohe Waffenaffinität der Szene – rund 7 Prozent der Szeneangehörigen besitzen einen Waffenschein, in der Gesamtbevölkerung sind es nur 5 Prozent – als Grund für Beunruhigung gelten.

Das Spektrum der Reichsbürger ist laut Verfassungsschutz von 6.500 Personen auf 16.500 gewachsen

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