Verfassungsschutz Berlin: 33 Jugendliche unter Beobachtung

Der Geheimdienst hat in 33 Fällen Daten von Minderjährigen ab 14 Jahren gespeichert. Ob Betroffene zur Klimaschutzbewegung gehören, ist unklar.

Innensenator Andreas Geisel und Michael Fischer sitzen bei einer Pressekonferenz nebeneinander

Ihre Behörde beobachtet Minderjährige: VS-Chef Michael Fischer und Innensenator Geisel (links) Foto: dpa

Der Verfassungsschutz Berlin beobachtet derzeit 33 Minderjährige. Das geht aus einer bisher unveröffentlichten Anfrage der Grünen im Abgeordnetenhaus hervor. Darin hatte die Sprecherin für Jugendpolitik und Verfassungsschutz, June Tomiak, auch vor dem Hintergrund der Debatte um die Einstufung der Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen von Ende Gelände Berlin als „linksex­trem“ Mitte 2020 gefragt, ob Daten von Jugendlichen gespeichert und verarbeitet werden.

In der Antwort geht die Innenverwaltung von Andreas Geisel (SPD) allerdings nicht darauf ein, in welchem Zusammenhang der Geheimdienst die Daten gespeichert hat. Bei einer Aufschlüsselung bestünde die Gefahr, dass eine oder mehrere Personen identifizierbar seien. Demnach hätten die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen Vorrecht.

Tomiak hätte gerne gewusst, aus welchem Bereich die Beobachteten stammten, und kritisiert die kurz ausfallende Antwort der Innenverwaltung. Ebenso wenig konnte die Behörde angeben, wie viele Minderjährige seit 2016 beobachtet wurden, weil dafür genauso wie für die Übermittlung von Daten an andere Geheimdienste keine Statistiken geführt würden. Tomiak sagte der taz, dass es zumindest hätte möglich sein müssen, eine eingestufte Antwort zu erhalten, die später nicht veröffentlicht würde, so dass die parlamentarische Kontrolle über die Speicherung der Daten von Minderjährigen gewährleistet sei.

Tomiak will auf eine künftige statistische Erfassung hinwirken und diese gegebenenfalls mit den rot-rot-grünen Ko­ali­ti­ons­part­ne­r:in­nen anregen. „Ich würde mir eine Statistik wünschen, damit der Jugendschutz auch in diesem Bereich greifen kann“, sagte Tomiak. Es sei für Erwachsene bereits ein großer Einschnitt, vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden. Für Minderjährige sei dies allerdings noch krasser – zumal Betroffene wohl häufig nichts davon ahnten.

Verfassungsschutz darf ab 14 Jahren speichern

Der Inlandsgeheimdienst darf in Berlin nach dem Gesetz über den Verfassungsschutz Daten von Menschen ab 14 Jahren speichern. Die Daten dürfen auch an andere Behörden weitergegeben werden. Ab 16 Jahren dürfen Daten Minderjähriger sogar an ausländische Geheimdienste oder andere zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. Immerhin sieht das Gesetz auch Löschungen vor: Nach zwei Jahren muss geprüft werden, inwiefern die Speicherung weiter erforderlich ist. Spätestens nach fünf Jahren ist die Löschung vorzunehmen, wenn keine weiteren Erkenntnisse oder Beobachtungsgründe vorliegen.

„Das sind schützenswerte Daten, egal, in welchem Kontext Minderjährige sich bewegen“, sagte Tomiak. Deswegen sei es wichtig zu wissen, wie viele Datensätze existierten – mit einer zeitlichen Einordnung, um Tendenzen frühzeitig mitbekommen zu können. Zum Hintergrund möglicher Beobachtungen im Zusammenhang mit der Klimaschutzbewegung sagte sie: „Das ist ein Aspekt, aber die Beobachtung von Minderjährigen kann sicher auch in Islamismuskontexten eine Rolle spielen.“

Es gehe ihr um schützenswerte Bereiche Jugendlicher, unabhängig vom Kontext der Erfassung, so Tomiak. Sie hatte bei der Nachfrage allerdings auch explizit die Kriminalisierung von linken und selbstorganisierten Jugendräumen im Blick. Derzeit sind in Berlin etwa die autonomen Jugendzentren von Potse und Drugstore bedroht.

Bei Rechtsextremen ist es laut Tomiak eher selten, dass Minderjährige proaktiv involviert seien: Minderjährige im rechtsextremen Kontext seien nicht vorrangig treibende Kräfte, Jüngere etwa bei der „Identitären Bewegung“ seien bereits volljährig.

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