Verfassungsklage wegen Auskunftsrecht: Bahn soll gläsern werden
Die Grünen im Bundestag wollen von der Regierung mehr Auskünfte über Bahn AG und Bankenkrise bekommen. Ihre Klage dürfte erfolgreich sein.
So haben die Grünen im Herbst 2010 zahlreiche Fragen zur Bahn AG gestellt und keine oder nur unzureichende Auskünfte erhalten. Es ging um das umstrittene Bahn-Projekt Stuttgart 21, um Zugverspätungen und ihre Ursachen sowie um Investitionen ins Schienennetz. „Die Bahn bekommt Milliarden aus dem Bundeshaushalt, da müssen wir effektiv kontrollieren können“, betonte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz vor Gericht. „Der Bund ist Alleineigentümer der Bahn AG und hat einen immensen Einfluss“, ergänzte Rechtsprofessor Christoph Möllers, der die Grünen vertrat.
Die Bundesregierung argumentierte dagegen mit der Privatisierung von Bundes- und Reichsbahn im Jahr 1994. Innen-Staatssekretär Hans-Georg Engelke berief sich auf das Grundgesetz, wo es seither heißt: „Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form geführt.“ Die Bahn sei seither ein „selbständig agierendes Unternehmen“, der Staat habe sich zurückgezogen. Die Bundesregierung müsse deshalb keine Auskunft über das „operative Geschäft“ mehr geben.
Die Verfassungsrichter schien das nicht zu überzeugen. „Ich werde den Verdacht nicht los, dass sich hier jemand wegschleicht“, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Die Privatisierung von Aufgaben erfordere keinen Rückzug des Staates. Der Staat müsse „eher mehr wissen“, um wirksam steuern zu können. Sonst könnten die Gemeinwohlziele im Markt nicht errichtet werden. Die Abgeordneten können nun darauf hoffen, dass sie an diesem Wissen teilhaben können.
Sorge um Grundrechte der Banken
Weitere Fragen der Grünen bezogen sich auf die Bankenaufsicht Bafin und ihre Maßnahmen in der Bankenkrise. Es ging um Banken wie die Commerzbank und die Hypo Real Estate, die mit Milliardensummen aus dem Bankenrettungsfonds Soffin gestützt wurden.
Gerhard Schick (Grüne)
Staatssekretär Engelke verteidigte auch hier die zögerlichen Auskünfte der Regierung. Man habe die Grundrechte der betroffenen Banken geschützt. Auch das „Staatswohl“ könne gefährdet sein, wenn Informationen öffentlich werden, die die Märkte in Unruhe versetzen. Außerdem brauche die Bankenaufsicht ein Vertrauensverhältnis zu den Banken. Deshalb könnten viele Informationen den Abgeordneten nur in der Geheimschutzstelle des Bundestags gegeben werden.
Die Grünen kritisierten, dass sie mit geheimen Informationen wenig anfangen können. „Politischer Druck entsteht erst, wenn etwas öffentlich wird“, betonte der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. Die Verfassungsrichter schlugen eine Fristenlösung vor. „Kann man Informationen nicht nach zwei bis drei Jahren in der Regel veröffentlichen?“, fragte Voßkuhle. Doch Staatssekretär Engelke warnte vor festen Fristen, „es muss immer im Einzelfall geprüft werden“. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.
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