Verbot der „Sturmbrigade 44“: Aus für Neonazi-Truppe
Der Bundesinnenminister setzt seine Verbotsreihe im rechtsextremen Spektrum fort. Diesmal trifft es Neonazis, die der Waffen-SS huldigten.
Bei den Durchsuchungen am Morgen fanden die 187 eingesetzten Beamten Messer, Bajonette, eine Armbrust und NS-Devotionalien wie Hakenkreuze und Fahnen. „Wer die Grundwerte unserer freiheitlichen Gesellschaft bekämpft, bekommt die entschlossene Reaktion unseres Rechtsstaates zu spüren“, erklärte Seehofer. Hass und die Absicht, einen nationalsozialistischen Staat wiederzuerrichten, hätten „in unserem Land keinen Platz“.
Die „Sturmbrigade 44“ war 2018 öffentlich aufgefallen, als sich Mitglieder an einer rechtsextremen Kundgebung in Köthen (Sachsen-Anhalt) beteiligten. Die Männer trugen damals rockerähnliche Jacken mit dem Gruppennamen samt Totenkopf-Emblem und gekreuzten Messern. Ihre Mitglieder rekrutieren sich aus mehreren Bundesländern, hängen in Rostock etwa mit den „Nordlichtern“ zusammen, und kommen recht altbacken daher. Schon in ihrem Gruppennamen huldigen sie der Waffen-SS. Die 44 soll für den vierten Buchstaben im Alphabet stehen, das „DD“: ein Bezug auf die „Division Dirlewanger“. Verherrlicht wurde auch Adolf Hitler, in Gruppenlogos wurde teils ein Hakenkreuz integriert.
Die Sicherheitsbehörden hatten die Truppe bereits seit Herbst 2017 im Visier. Sie gilt ihnen als hierarchisch organisiert, mit „strengem Verhaltenskodex“. Das Ziel: ein „freies Vaterland“ nach „germanischem Sittengesetz“. Die Gruppe propagierte auch Gewalt. Eines der Mitglieder ist als Gefährder eingestuft, dem auch Anschläge zugetraut werden.
Seehofers Innenministerium wirft der Gruppe ein „martialisches Auftreten“ vor, sowie einen „stark ausgeprägten Rassismus und Antisemitismus“. Die „menschenverachtende Ideologie“ sei sowohl in sozialen Medien als auch auf der Straße propagiert worden.
Der „bewaffnete Arm“
Bereits im Juli 2019 hatte die Bundesanwaltschaft Durchsuchungen gegen die „Sturmbrigade“ veranlasst, damals gegen sechs Beschuldigte und vier nicht Tatverdächtige in Sachsen-Anhalt, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Der Vorwurf lautete auf Bildung einer kriminellen Vereinigung, gesucht wurde auch nach Waffen. Die „Wolfsbrigade“ wurde damals als „bewaffneter Arm“ erklärt.
Die Relevanz der „Sturmbrigade“ in der rechtsextremen Szene ist allerdings überschaubar: Der Gruppe werden nur wenige Mitglieder zugerechnet, öffentlichkeitswirksame Aktionen blieben zuletzt aus. Aber auch sie verschärfte den Ton in der Szene.
Mit dem Verbot setzt Seehofer eine Reihe an Repressionsschlägen gegen die rechtsextreme Szene fort, die er nach den Attentaten auf Walter Lübcke und die Synagoge in Halle angekündigt hatte. Seit Jahresbeginn verbot sein Ministerium bereits die Gruppen Combat 18 und Nordadler sowie die Reichsbürgertruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins