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Veranstalter über Protestcamp auf Sylt„Fünf Demos sind schon mal fest geplant“

Am Montag hat das Protestcamp Aktion Sylt begonnen. Zum vierten Mal reisen Punks im Kampf gegen soziale Ungleichheit auf die exklusive Nordseeinsel.

Alle Jahre wieder: Punker-Protestcamp auf Sylt Foto: Frank Molter/dpa
Interview von Franziska Vetter

taz: Wie sehen eure ersten Tage auf Sylt aus?

Nimbus: Aufbauen. Freudiges Wiedersehen. Viele Leute hat man ja das ganze Jahr über nicht gesehen. Sonst ist das ja nicht unser erstes Mal. Das heißt, die Orientierungsphase wird immer kürzer. Also erst mal freudiges Hallo sagen und dann kleine Strukturen aufbauen. Letztes Jahr hatten wir kleine Duschen, wir haben auch immer einen Kochbereich und sogar „in-tent“ Besprechungs- und Treffräume. Solche Sachen müssen am Anfang auf die Tagesordnung.

taz: Was habt ihr sonst geplant?

Nimbus: Fünf Demos sind schon mal fest geplant: zu Klimagerechtigkeit, dann ist 30 Jahre Chaostage Jubiläum, eine Radical-Pride-Demo ist geplant und eine Demo gegen Polizeigewalt. Und dann noch eine Aktion-Sylt-Demo. Workshops haben wir auch. Da wünschen wir uns aber auf jeden Fall noch Programmpunkte und Leute, die Lust haben, mit uns Projekte zu erarbeiten. Bildungsprogramme wünsche ich mir persönlich immer ganz viel. Konzerte sind auch geplant und ein Punk-Box-Turnier. Also es ist für alle was dabei.

taz: Was erwartet ihr denn dieses Jahr von den Be­woh­ne­r*in­nen und Tou­ris­t*in­nen?

Protestcamp: Bis Mitte August campen Punks unter dem Motto „Achtung, der Pöbel kommt!“ auf der Festwiese Tinnum auf Sylt

Nimbus: Wir sind ja jetzt schon ein paar Mal da gewesen. Das heißt, wir haben schon ganz gute Verbindungen knüpfen können zu vielen Bewohner*innen. Viele von denen kommen auch bei uns vorbei und verbringen ihren Feierabend mit uns. Und Touristen, ja, es ist auch immer schön, mit denen zu interagieren, weil die dann auch ein bisschen die Message zurück in ihre Heimat tragen. Also es wird immer besser. Es freuen sich auch viele Leute, wenn wir wiederkommen. Viele Bedenken, die am Anfang breitgetreten wurden, haben sich ja auch nicht bewahrheitet. Deswegen ist das jetzt eigentlich auch gelaufen – bis auf die Standard-Facebook-Hetze natürlich.

taz: Dieses Jahr also keine kreativen Gegenmaßnahmen der Sylter*innen?

Nimbus: Vorletztes Jahr war ja die Ausstellung mit den Wassertieren im Park. Ich habe zwar auch irgendwie am Rande mitbekommen, dass wieder irgendwas geplant ist im Park, aber wir haben jetzt eigentlich immer ganz gut zusammengearbeitet mit den meisten Menschen, die in der Stadtverwaltung arbeiten.

taz: Hat sich die Aktion Sylt seit dem ersten Mal stark verändert? 2022 war ja eher improvisiert, oder?

Nimbus: Ja, klar, am Anfang war es sehr wild. Aber es hat sich jetzt eine Gruppe an Leuten gebildet – da kommen aber auch immer wieder mal Leute dazu – die sich das ganze Jahr über immer mal trifft und Sachen organisiert. Also eine feste, aber offene Orgastruktur, die wir auch immer gern hierarchiefrei halten, so gut es geht. Mit den besten Regeln versuchen wir, das Zusammenarbeiten am Laufen zu halten. Es ist ein großer Freundeskreis, entstanden aus Leuten, die Lust haben, in die Richtung zu arbeiten und es verstetigt sich immer mehr.

Im Interview: Nimbus

Nimbus32, ist Mitorganisator des Protestcamps „Aktion Sylt“.

taz: Das heißt, ihr wollt auch nächstes Jahr wieder nach Sylt fahren?

Nimbus: Ich gehe stark davon aus, ich kann jetzt nur für mich persönlich sprechen, aber ich denke, da spricht eigentlich nichts dagegen. Ich denke, bei vielen anderen ist die Bereitschaft dazu auch sehr hoch.

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6 Kommentare

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  • „.. reisen Punks im Kampf gegen soziale Ungleichheit auf die exklusive Nordseeinsel. "



    Lieber Campen als Kampen...

  • Hei. Ich wünsche euch eine gute Zeit auf Sylt. Ich werde mal vorbeikommt auf n leckeres Biercben😋

  • Dürfen die Punx auf Sylt denn auch ihre ACAB-Kutten und -Shirts tragen, oder werden sie sonst der Insel verwiesen und, falls vorhanden, ihre Ausweise einkassiert?

    • @Overflyer:

      ACAB - All Campers Are Beautiful!

    • @Overflyer:

      Offensichtlich war die Petition im letzten Jahr nicht erfolgreich:



      "Eine Sylterin hat Mitte August eine Online-Petition gestartet. Die Petition richtet sich an Nordfrieslands Landrat Florian Lorenzen (CDU) und will verhindern, dass weitere solcher Camps auf der Insel entstehen.



      Petition läuft noch fünf Monate



      Laut dpa haben bis Sonntagmittag knapp 1.400 Menschen unterzeichnet. Davon sind 800 Personen auf der Insel gemeldet. Noch etwa fünf Monate kann die Petition unterschrieben werden. Doch bereits jetzt ist die Mindestanzahl erreicht und der Kreis muss sich der Sache annehmen. Ob ein weiteres Protestcamp damit verhindert werden kann, ist fraglich. Laut Kreis müsste dafür zum Beispiel die öffentliche Sicherheit gefährdet sein."



      Quelle ndr.de



      Scheinbar ist die Gefahr, die von den ProtestlerInnen ausgeht, offiziell eine einigermaßen überschaubare Größe.



      Die mediale Inszenierung, bunt & lebhaft engagiert, hingegen wird wohl eher als subjektiv bedrohlich eingeschätzt.



      (Ver)störende Kapitalismus-Kritik ist an den Ruheorten der EntrepreneurInnen u. Ruheständler in dieser Form in d. Regel traditionell unerwünscht. Ausnahmen bestätigen die Regel. Es geht ja um nicht weniger als die Zukunft

      • @Martin Rees:

        Ja, eigentlich kennt man vom Punk ja die progressiven Parolen wie "Null Bock" oder "No Future", dass 5! Demos angesetzt sind, auch für Klimaschutz, ist in der Tat hochgradig verdächtig und für Punkers eher unüblich.

        Aber so ändern sich die die Zeiten , Punk ist auch nimmer das, was es mal war.