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Veganismus und PunkGegen das Establishment!

Tierrechte und Punkrock sind schon seit den 80ern eng verbunden. Beide verweigern sich den bequemen Narrativen der Wirtschaft und des Mainstreams.

Tierrechte und Punk sind seit den 1980er Jahren eng miteinander verbunden Foto: Ilse Ruppert/Photo12/imago

D as Klischee von einem Veganer, das sicher viele spontan vor Augen haben, sind harmonieliebende, Mantras summende Yogis – so wie ich eine bin. An Irokesenschnitte, Nietenhosen und Anarchie denken eher wenige. Dabei haben Veganismus und die Punkbewegung Grundlegendes gemeinsam.

Das äußerte kürzlich auch der Punk- und Metal-Musiker und Filmregisseur Rob Zombie. Sein Name lässt es nicht vermuten und seine Horrorfilme, in denen buchstäblich die (Menschen-)Fleischfetzen fliegen, schon gar nicht, aber Zombie ist seit knapp 30 Jahren Vegetarier und lebt seit neun Jahren vegan. Warum? „Bei Punkrock geht es um den Kampf gegen das Establishment, um den Kampf gegen die Normen, den Kampf gegen den Weg, den amerikanische Großkonzerne vorgeben, die einem sagen, wie man denken und sein soll“, sagte Zombie in einem Interview mit der GQ. „Und Veganismus ist ebenfalls genau das Gegenteil davon. Er ist Anti-Establishment.“

Tatsächlich sind Tierrechte und Punkrock schon seit den 1980er Jahren eng miteinander verbunden, vor allem in der Anarcho-Punk-Subkultur. Oft via direkter Ansage in Punksongs von Bands wie in „Nailing Descartes To The Wall“ von Propagandhi: „But you cannot deny that meat is still murder. Dairy is still rape. And I'm still as stupid as anyone, but I know my mistakes. I have recognized one form of oppression, now I recognize the rest.“

Auch die Straight-Edge-Bewegung ist damals aus der Punkszene entstanden – Straight Edger verweigern sich Alkohol, Drogen, Tabak und sind häufig auch vegan. Genauso wie Punkrock ist Veganismus eine Form der Rebellion. Er fordert das Establishment heraus und die Menschen auf, für sich selbst zu denken, anstatt bequeme Narrative der Wirtschaft und des Mainstreams zu akzeptieren.

Mehr als Rebellion gegen das Establishment

Auch ich hatte nicht viel über bestimmte Zusammenhänge nachgedacht, bevor ich vor 14 Jahren aufhörte, Fleisch zu essen. Seit ich ein kleines Kind war, hatte ich der Werbung geglaubt: glückliche Kühe und Schweine und Hühner, deren Lebensziel es war, als Produkt auf meinem Teller zu landen. Bis ich anfing, mich zu informieren. Die Erkenntnisse waren erschütternd, manchmal hätte ich sie gern sofort wieder vergessen. Aber ich wusste: Weiter ignorieren, wie die Dinge sind, ist keine Lösung.

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Veganismus ist für mich aber nicht nur Rebellion gegen das Establishment der Tierwirtschaft – er ist zukunftsweisend. Dabei muss ich zum Beispiel an die Astronauten denken, die in den nächsten Jahren gen Mars fliegen werden. Im Weltraum gibt es keine Kühe!

Was macht einer wie Rob Zombie aber nun, wo sich veganes Essen etabliert hat und sogar in Fastfoodketten serviert wird? Er findet es gut. „Ich würde zwar niemals bei Burger King oder McDonald's essen – aber wenn man irgendwo am Ende der Welt lebt und der einzige Veggie-Burger wird dort serviert, ist das was anderes.“ Word!

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7 Kommentare

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  • „Und Veganismus ist ebenfalls genau das Gegenteil davon. Er ist Anti-Establishment.“



    1991, also vor genau 30 Jahren, war ich in Hannover bei einem Punkkonzert. Ich selber war damals Skinhead, aber das spielte da keine Rolle. Danach waren wir mit einigen neuen Kumpels bei einer Party, überwiegend Vegetarier/Veganer. Von Anti-Establishment keine Spur, wir bekennenden Fleischesser wurden dort intruiert ob unseres Nahrungsmittelkonsums, dass jeder Müslikapitalist seine helle Freude gehabt hätte. 6 Jahre vorher haben mir Punks, ich damals noch selber mit Iro, erklärt wie ein richtiger Punk zu sein hat.



    Punk Is Dead! Der Ausverkauf geht weiter. Es lebe das Bundestagsmandat!

    Inzwischen esse ich ohne agitiert zu werden nur noch sehr wenig Fleisch, und wenn, dann ausschließlich Demeter o.ä..

  • Ups, werte Moderation, Skinhead darf man bei Euch irgendwie nie gewesen sein, oder? Sind bestimmt alles Neonazis, echt zum Fremdschämen Euer Intelligenzdefizit.

  • Es gibt wirklich gute Gründe für einen vegetarischen oder veganen Lebensstil aber mit Rebellion und Anti-Establishment hat das ungefähr so viel zu tun wie die Totenkopf-Shirts die etwa HM vor einigen Jahren massenweise verramschte und die wohl wie üblich aus irgendeinem traurigen Sweat-Shop in Fernorst stammten. Und vor noch gar nicht langer Zeit empörte sich die Öffentlichkeit darüber als herauskam, dass in diversen TK-Gerichten und der Gastronomie Analog-Käse zum Einsatz kam und fühlte sich betrogen. Inzwischen steht das gleiche Zeug mit geilem Design ganz oben im Regal und die Margen die die Lebensmittelmultis mit texturiertem Sojaprotein einfahren können sie mit Fleisch im Traum nicht erreichen. Und unter Berücksichtigung der eingesetzten Zutaten sind sie eigentlich auch absolut nicht gerechtfertigt.



    Aber andererseits, wenn es Manchen dabei hilft sich pflanzlich zu ernähren zu glauben, dass der Verzehr von Linsenaufstrich irgendwie widerständig sei, sei es ihnen eben gegönnt. Die Werbebotschaften mit denen etwa Cola, Tabak, Autos oder Alkohol vermarktet werden richten sich schließlich oft genug an ganz ähnlich absurde Wunschvorstellungen von Freiheit und Rebellion.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Unser Bild von den Punks ist sehr spiegelverkehrt. Wir lassen uns von deren Bemalung auf die falsche Fährte bringen. Vegane Ernährung passt sogar sehr gut zu Punks. Ich habe in den 80er Jahren einige Zeit land (ungelogen) zusammen mit zwei britischen Punks in einer Dreier WG in Mitzpe Ramon gelebt, wo wir drei in der dortigen field school jobbten. Das waren die liebsten Menschen, die man sich vorstellen kann. So wenig WG Stress hatte ich noch nie. Punks sind oft sehr sanfte Typen.

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Straight-Edge aussem Punk? Sorry, wenn Überhaupt, Metal/Hardcore ... die ‚Mormonen‘ der Subkultur ... na ja ... und ne breite Veggie-Bewegung der (Oldschool) Punks ist etwas herbeigeredet, elitäre Mittel-/Oberschichtler wollen den Arbeiterkindern das Steak wegnehmen, f*ck off

    • @91655 (Profil gelöscht):

      Wo was herkommt, darüber lässt sich immer trefflich streiten. Aber Straight-Edge HC kommt auf jeden Fall vom Punk, oder kennst Du einen Titel mit Gitarrensoli?



      Davon abgesehen, dass ich in den 80ern nicht einen Anhänger dieser Scene kannte, der aus dem Metallerlager gekommen wäre.

  • Aus Klimaschutzsicht ist es am Besten, wenn möglichst viele Menschen möglichst wenig Fleisch und andere tierische Produkte konsumieren. Das geht aber nicht mit Anti-Establishment-Gehabe, nicht mit Elitäre-Minderheit-Getue, nicht mit Besserwisserei, nicht mit Absolutheitsansprüchen und ... ismus-Ideologie - sondern mit einem möglichst niederschwelligen, mainstreamigen Angebot im vorhandenen Wirtschaftssystem - vegane Produkte bei Lidl und McDonalds bringen viel mehr für das Klima, als gegen das Establishment (was immer das ist) zu sein.