Urteil zu Demo-Rufen: „Bullen raus“ ist voll okay
250 Euro Geldbuße musste eine Aktivistin wegen einer angeblich unzulässigen Demo-Durchsage zahlen. Zu Unrecht, entschied das Bundesverfassungsgericht.
BERLIN taz | Demonstrationsteilnehmer dürfen Zivilpolizisten zum Verlassen einer Kundgebung auffordern. Falls sie für solche Äußerungen mit einem Bußgeld belangt werden, verstößt das gegen Grundrechte. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Anlass war ein Vorfall auf der Münchner DGB-Kundgebung am 1. Mai 2008. Eine Aktivistin machte über einen Lautsprecher der Versammlungsleitung die Durchsage „Bullen raus aus der Versammlung“. Sie hatte Beamte des polizeilichen Staatsschutzes erkannt, die sich in Zivilkleidung unter die Kundgebungsteilnehmer gemischt hatten. Später wiederholte sie die Ansage noch einmal deutlicher: „Zivile Bullen raus aus der Versammlung – und zwar sofort.“
Wegen dieser Ansagen musste die Frau später 250 Euro Geldbuße zahlen. Nach Ansicht des Münchner Amtsgerichts hatte sie gegen versammlungsrechtliche Auflagen verstoßen. Danach durfte der Lautsprecher nur für Ansagen zum Versammlungsthema, etwa „Gute Arbeit muss drin sein“, oder für Ordnungsdurchsagen benutzt werden. Das Oberlandesgericht Bamberg bestätigte die Verurteilung.
Gegen die Geldbuße erhob die Frau Verfassungsbeschwerde – mit Erfolg. Die „Bullen raus“-Durchsage sei „versammlungsbezogen“ gewesen, erklärte eine mit drei Richtern besetzte Kammer des Verfassungsgerichts. Versammlungsteilnehmer seien nämlich berechtigt, dafür einzutreten, dass „Polizisten sich außerhalb des Aufzugs bewegen“, und „dass nur die das Anliegen der Versammlung unterstützenden Personen an ihr teilnehmen“. Schließlich seien Demonstrationen „die körperliche Sichtbarmachung von gemeinsamen Überzeugungen“.
Offen ließ Karlsruhe, ob sich Zivilpolizisten der Versammlungsleitung vorstellen müssen, wenn sie sich unter eine Demonstration mischen.
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