Letzte-Generation-Aktivisten verurteilt: Das bisschen Sandstein
Weil sie das Brandenburger Tor beschmiert haben, wurden drei Aktivisten der Letzten Generation verurteilt. Dabei gibt es ein viel wichtigeres Problem: die Klimakrise.
S chlicht orange Farbe auf Sandstein oder doch ein Angriff auf ein Nationaldenkmal? Klar ist: Das Urteil gegen die drei Angeklagten der Letzten Generation, die im September das Brandenburger Tor mit Farbe besprühten, überrascht nicht. Seit Monaten geht die Justiz hart gegen Aktionen der letzten Generation vor.
So hatte unter anderem das Amtsgericht Tiergarten Mitte September 2023 eine Klimademonstrantin wegen einer Sitzblockade zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt. Eine weitere Aktivistin, die sich in der Gemäldegalerie in Berlin an einem Rahmen klebte, erhielt vier Monate Haft.
Im aktuellen Fall verurteilte das Amtsgericht Tiergarten die drei Angeklagten, 22, 28 und 64 Jahre alt, zu jeweils acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Für orange Wandfarbe minderer Qualität, die sich im feuchten Zustand zu großen Teilen entfernen lässt. Das bestätigte auch die geladene Mitarbeiterin der Firma, die das Tor restauriert und wartet.
Die hohen Kosten, über die sich die Öffentlichkeit am liebsten empört, entstanden für angetrocknete Farbkleckse am oberen Teil der Säulen. Erst mit Hebebühne und Gerüst konnte sie die Reinigungsfirma entfernen.
Steht zur orangen Farbe!
Doch sind es die hunderttausend Euro Reinigungskosten wert? Für wen wollen wir das Brandenburger Tor in den nächsten Jahrhunderten erhalten? Ein paar Farbspritzer auf dem Sandstein in Kauf zu nehmen, gar als Symbol für den Kampf gegen die Klimakrise willkommen zu heißen und dafür Geld für Klimainvestitionen bereitzustellen, wäre die sinnvollere Lösung gewesen.
Stattdessen steht die Letzte Generation wie so oft vor demselben Problem. Die Aktion an sich, der zivile Ungehorsam, überschattet die eigentliche Motivation ihrer Tat: vor der Klimakrise zu warnen.
So beschäftigt sich am Ende ein Gericht mit offenporigem Sandstein und Farbentfernungspaste und nicht mit dem eigentlichen Ziel der Aktion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft