Urteil zu Afghanistan-Leaks: BGH wohl gegen „Zensurheberrecht“
Im Fall der „Afghanistan-Papiere“ zeichnet sich nun ein Urteil ab: Ein Erfolg für die Pressefreiheit liegt dabei in der Luft.
Der Staat kann das Urheberrecht bald nicht mehr missbrauchen, um unliebsame Presseveröffentlichungen zu verhindern. Das zeichnet sich nach der mündlichen Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH) über die sogenannten Afghanistan-Papiere ab.
Der Funke-Mediengruppe wurden Afghanistan-Berichte der Bundesregierung für die Jahre 2005 bis 2012 zugespielt, die sie auf ihrem Webangebot derwesten.de veröffentlichte. Dagegen klagte die Bundesregierung in zwei Instanzen erfolgreich auf Unterlassung und berief sich dabei auf das Urheberrecht ihrer Mitarbeiter an den Berichten. Nachdem der BGH den Fall 2017 dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hatte, muss nun der BGH die wohl endgültige Entscheidung treffen.
Der EuGH hatte bezweifelt, ob die Berichte überhaupt urheberrechtlich geschützt sind, weil bei bloßen Sachinformationen eventuell kein schöpferisches Werk vorliegt. Der BGH wird diese Frage aber voraussichtlich offen lassen, da auch die Veröffentlichung eines geschützten Werks durch die Presse wohl erlaubt wäre
Funke-Anwalt Thomas von Plehwe berief sich vor dem BGH auf eine Erlaubnisnorm im Urheberrechtsgesetz, die die Veröffentlichung geschützter Werke zur „Berichterstattung über Tagesereignisse“ erlaubt. Dies sei hier offensichtlich gegeben. „Die Presse versuchte hier aufzudecken, dass der Afghanistan-Krieg verniedlicht wird“, so von Plehwe, „die Presse agiert hier als Wachhund der Öffentlichkeit.“ Dies müsse Vorrang haben vor dem Urheberrecht einzelner Mitarbeiter.
Schutz des Autors
Für die Bundesregierung widersprach Anwalt Peter Baukelmann: „Es gehört zum Urheberrecht, dass ein Autor selbst entscheiden kann, ob er ein Werk veröffentlicht oder nicht.“ Die Preisgabe geschützter Informationen hätte das Leben von deutschen Soldaten gefährden können. Deshalb komme dem Urheberrecht hier größeres Gewicht zu.
Damit wird er beim BGH aber wohl nicht durchkommen. Der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch betonte, dass der Zweck des Urheberrechts nicht der Schutz von Soldaten in Afghanistan ist. Das Urheberrecht schütze das Persönlichkeitsrecht des Autors und seine wirtschaftlichen Interessen an der Verwertung des Werks.
Der Fall hat große grundsätzliche Bedeutung. Denn die Regierung geht immer wieder gegen Medien vor, indem sie sich auf das Urheberrechts an staatlichen Berichten beruft, etwa bei der Veröffentlichung von Gutachten über das Pestizid Glyphosat. Medienverbände sprachen bereits von einem „Zensurheberrecht“. Nun liegt aber ein deutlicher Erfolg für die Pressefreiheit in der Luft. Der BGH wird sein Urteil in den kommenden Wochen verkünden.
Leser*innenkommentare
Bolzkopf
Interessant !
Wenn schon die reine Anernanderreihung von bekannten Fakten urheberrechtlichen Schutz begründet, dann beanspruche ich den Urheberschutz für diese Anernanderreihung:
1 mal 1 = 1
2 mal 1 = 2
3 mal 1 = 3
4 mal 1 = 4
Sonntagssegler
Bei den Amis ist das ganz eindeutig.
Alles, was im dienstlichen Auftrag des Staates erstellt wurde ist gemeinfrei.
Punkt.
Da sollten wir auch hin.
Nina Janovich
@Sonntagssegler Die USA brauchen das Urheberrecht nicht als Krücke um gegen Whistleblower vor zu gehen. Sie (miss-)brauchen dafür ein Hundert Jahre altes Spionagegesetz mit dem z.B. Chelsea Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde (unter Obama und von diesem im letzten Amtsjahr begnadigt das Urteil wurde damit nicht aufgehoben, sie gilt weiterhin als "schuldig"). Anzumerken wäre hier auch, dass die von ihr öffentlich gemachten deutlichen Hinweise auf Kriegsverbrechen im Irak und Afghanistan nie Gegenstand einer juristischen Untersuchung in den USA wurden. Auch Edward Snowden droht ein Verfahren mithilfe dieses Spionagegesetzes als er aufdeckte wie die NSA (auch nach US Gesetzen rechtswidrig) anlasslos nicht "nur" die gesamte ausländische Kommunikation sondern auch die der US amerikanischen Bevölkerung überwacht.
www.anstageslicht....er-andere-laender/
Lowandorder
Sorry - bin in der Materie - grad nicht so drin. Aus der Lamäng.
Wenn ichs recht verstehe. Geht es doch um Pamphlete.
Staatlicher Stellen. Nicht von Privaten.
Das Urheberrecht aber - ist Ausfluß grundgesetzlich geschützter Freiheitsrechte.
Es besteht aber bis hin Karlsruhe Einigkeit.
Daß der Staat - die Öffentliche Hand.
Sich nicht!! - auf Grundrechte bzw deren geschützte Freiheitsrechte berufen können.
Newahr. Normal.
unterm—- das Ganze könnte man noch grundsätzlicher Aufhängen.
Short cut. Da der Souverän dieser Res Publica - die Bürger sind.
Die via Steuern hoch-dotierten staatlichen Bediensteten also die “Angestellten“ der Bürger.
Kann es nur in Ausnahmefällen ~ Sicherheitsbelange - zwingende Geheimhaltung etc.
Gründe geben. Deren Elaborate nicht - insbesondere auf Anfrage der Presse - zugänglich zu machen. Es besteht quasi die Vermutung zu Lasten des Staates - im Sinne einer Beweislastumkehr zugunsten des Öffentlichen Interesses des Nichtstastlichen Bereichs.
Cum grano salis - Der Zivilgesellschaft •
hier kommt hinzu - daß die Papiere - warum auch immer.
Bereits öffentlich sind. EndeGelände.
Carl von Ossietzky & Co - & der Abjrund von Landesverrat!;)) Ol Conny.
Lassen Grüßen