Urteil in AfD-Spendenaffäre: Erschreckende Ignoranz
Die AfD ist mit ihrer Klage gegen die Strafzahlung wegen Wahlkampfunterstützung gegen die Wand gelaufen.
V ielleicht hat sich AfD-Chef Jörg Meuthen ja wirklich einfach keine Gedanken gemacht, als er von seinem Bekannten Alexander Segert im baden-württembergischen Landtagswahlkampf das Angebot annahm, ihn mit Werbematerail zu unterstützen. Der Mann war bis dahin Hochschulprofessor, relativ neu in der Politik und wegen des Wahlkampfs ziemlich im Stress.
Aber dass der AfD-Chef und seine Partei vier Jahre später immer noch behaupten, es habe sich bei der Wahlkampfunterstützung im Wert von fast 90.000 Euro nicht um eine Parteispende gehandelt, weil kein Geld geflossen und die Unterstützung direkt Meuthen und nicht der Partei gegolten habe, ist dreist. Und es zeigt, dass auf die AfD das zutrifft, was sie den anderen Parteien so gern unterstellt: dass sie es mit dem Recht nicht so genau nimmt, wenn es um den eigenen Vorteil und den persönlichen Erfolg geht.
Schlimmer noch: Es offenbart eine erschreckende Ignoranz gegenüber den Pflichten, die Parteien laut Gesetz haben. Dass diese offenlegen müssen, wie sie sich finanzieren, ist wichtig für die Demokratie. Es ist gut, dass das Verwaltungsgericht Berlin die Klage der AfD abgewiesen und ganz klar darauf hingewiesen hat, dass Meuthen einen schweren Fehler begangen hat – weil er sich nicht darum kümmerte, wie hoch der Wert der Spende war und woher das Geld wirklich kam.
Medienrecherchen haben inzwischen offengelegt, dass keineswegs nur Segert und seine Werbeagentur Goal AG in der Schweiz dahintersteckte, sondern dass es insgesamt zehn Spender gab – von denen manche vermutlich Strohleute sind. Gut ist aber auch, dass das Gericht eine Berufung zugelassen hat. Denn vieles in den entsprechenden Gesetzen ist, wie im Prozess deutlich wurde, nicht eindeutig formuliert. Es geht um Grundsätzliches und sollte deshalb noch einmal überprüft werden.
Meuthen kümmerte es nicht, woher das Geld kam
Meuthen hat bereits angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Diejenigen in der AfD, die fordern, dass Meuthen, aber auch Bundestagsfraktionchefin Alice Weidel, die ebenfalls in eine Spendenaffäre verstrickt ist, mögliche Strafzahlungen persönlich begleichen sollen, werden sich nun gestärkt fühlen. Denn laut Gericht ist es vor allem Meuthen, damals immerhin schon Bundeschef der AfD, der die Fehler begangen hat.
Und 270.000 Euro, so hoch ist die Strafzahlung in Meuthens Fall, sind für die klamme AfD kein Pappenstil. Interessant ist das Urteil auch für den Fall Weidel, der zwar anders gelagert ist, dem Fall Meuthen aber zumindest in einem Punkt gleicht: Hinter den insgesamt 132.000 Euro, die im Sommer 2017 gestückelt auf ein Konto des AfD-Kreisverbands Bodensee flossen und viel zu spät zurückgezahlt wurden, steckt angeblich eine Gruppe von Geldgebern, die sich mit denen von Meuthen überschneidet.
Auch hier gibt es den Verdacht, dass es sich um Strohleute handelt. Legt man das jetzt gefällte Urteil zugrunde, hätte auch Weidel – oder der zuständige Schatzmeister – klären müssen, wer die wirklichen Spender sind. Doch Weidel und Co. kümmerten sich darum nicht. In den AfD-Spendenaffären bleibt noch vieles aufzuarbeiten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nur ein erster Schritt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu