AfD-Spendenaffäre um Alice Weidel: Strohleute und hohe Strafen
Weil die AfD in zwei Fällen illegale Spenden angenommen hat, soll sie über eine halbe Million Euro zahlen. Das entschied die Bundestagsverwaltung.
Es geht um insgesamt 130.000 Euro, die im Bundestagswahlkampf 2017 gestückelt in mehrere Tranchen an Weidels Kreisverband am Bodensee geflossen sind. Die Überweisungen kamen von der Züricher Pharmafirma PWS, als Verwendungszweck war „Wahlkampfspende Alice Weidel Socialmedien“ angegeben. Doch das Geld stammte gar nicht von dem Unternehmen. Der Firmenschef hatte es im Auftrag eines Bekannten gespendet, der anonym bleiben wollte.
Nach Bewertung der Bundestagsverwaltung liegt damit ein Verstoß gegen das Parteiengesetz vor. Parteien dürfen Spenden, die im Einzelfall mehr als 500 Euro betragen und deren Spender nicht feststellbar sei, nicht annehmen. Dass die AfD das Geld Monate später zurückzahlte, ändert daran nichts. Zwischendurch hatte sie sogar mit dem Geld gearbeitet. Wie in solchen Fällen üblich, muss die AfD nun eine Strafe in Höhe des dreifachen Satzes der illegalen Spende zahlen – rund 396.000 Euro. Dass dies so kommen könnte, darüber hatte die Bundestagsverwaltung die AfD bereits vor einem Jahr informiert. Danach konnte die Partei Stellung nehmen.
Die AfD hatte der Bundestagsverwaltung zunächst eine Liste von 14 angeblichen Spendern übermittelt. Dann aber stellte sich – auch durch hartnäckige Recherchen mehrerer Medien – heraus, dass ein Teil dieser Personen gar nicht gespendet hat, sondern dass es sich um Strohleute handelt. Schon länger gibt es die Vermutung, dass hinter den Zahlungen Henning Conle steckt, ein umstrittener Duisburger Immobilienmilliardär, der inzwischen in der Schweiz und in Großbritannien lebt. Dass das Geld von Conle kommt, steht jetzt schwarz auf weiß in dem Bescheid, der der taz vorliegt.
Ermittlungen gegen Weidel
Doch damit nicht genug. In dem Bescheid steht auch, dass das Geld nach der Rückzahlung an die Züricher Pharmafirma PWS nicht an den ursprünglichen Spender zurückgeleitet wurde, sondern an verschiedene Konten gezahlt wurde. Die Bundestagsverwaltung bezieht sich dabei auf Kontounterlagen, die die Schweizer Justiz sichergestellt und nach einem Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Konstanz übermittelt hatte. Diese ermittelt in dem Fall unter anderem gegen Weidel.
Der AfD-Bundesvorstand will am Montag darüber beraten, ob er gegen den Bescheid klagt. Man könne die Argumentation der Bundestagsverwaltung nicht nachvollziehen, so ein Parteisprecher. Mit einer solchen Klage hatte sich die AfD schon einmal eine blutige Nase geholt – im Fall von Parteichef Jörg Meuthen.
Die Bundestagsverwaltung hatte bereits in zwei anderen Fällen Strafzahlungen von insgesamt 402.900 Euro gegen die AfD verhängt. Dabei ging es um Wahlkampfunterstützung der Schweizer Werbeagentur Goal AG für den AfD-Chef und für Guido Reil, den AfD-Vorzeigemalocher aus dem Ruhrgebiet, der wie Meuthen inzwischen im Europaparlament sitzt. Die Spenden flossen in Landtagswahlkämpfe in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Meuthen hatte gegen den Bescheid geklagt und in erster Instanz verloren. Daraufhin entschied sich die Partei zu zahlen. Auch im Fall von Reil soll sich die Parteispitze inzwischen entschlossen haben, die Strafe zu begleichen.
Der zweite aktuelle Fall ist nicht ganz so kompliziert – doch wieder kommt das Geld aus der Schweiz, von der Werbeagentur Goal AG. Es geht nach Angaben der Bundestagsverwaltung um eine Veranstaltung mit dem Titel „Europäische Visionen – Visionen für Europa“ in Düsseldorf im Februar 2016. Diese hatte der damalige NRW-Landeschef Marcus Pretzell, der 2017 aus der AfD austrat, gemeinsam mit der FPÖ veranstaltet.
Die Kosten betrugen demnach mehr als 36.000 Euro. Auch dies wertet die Bundestagsverwaltung als rechtswidrig erlangte Spende und verhängt eine Strafzahlung von gut 108.000 Euro. Pretzell, der mit der ehemaligen AfD-Chefin Frauke Petry verheiratet ist und in der AfD eine Art Persona non grata ist, scheint dies nicht allzu schwer zu nehmen, zumindest wenn man seinen Tweets glaubt. „In der AfD wird's erfreuen“, schrieb er. Und weiter: „Schaun wir mal.“
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