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Urteil des Europäischen GerichtshofsTrans* und zeugungsfähig

Wer das Geschlecht anpassen will, muss sich vorher nicht sterilisieren lassen. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Bild: ap

Es ist ein Grundsatzurteil für die Menschenrechte von Trans*menschen: Wer das Geschlecht anpassen will, muss sich vorher nicht sterilisieren lassen. Mit seinem am Dienstag verkündeten Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg der Klage eines Trans*mannes aus der Türkei stattgegeben: Der Mann, der nur mit der Abkürzung Y. Y. bezeichnet wird, wollte sich 2005 einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen. Das zuständige Gericht verbot ihm jedoch die OP: Erst müsse er sich sterilisieren lassen. Dagegen klagte er.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte nun einstimmig: Sterilität darf keine Voraussetzung für eine Geschlechtsangleichung sein. Vorschriften dieser Art widersprächen dem Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, die das allgemeine Recht jeder Person auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens festschreibt. Zudem sei die Freiheit, das eigene Geschlecht auszuleben, ein essentieller Teil des Rechts auf Selbstbestimmung.

„Wir sind sehr zufrieden, dass das Gericht diese absurde Regelung für ungültig erklärt hat“, kommentiert Richard Köhler von der Menschenrechtsorganisation Transgender Europe (TGEU). „So können Trans*leute in der Türkei Zugang zu medizinischer Behandlung bekommen, die ihre Lebensqualität signifikant verbessern kann.“ Es sei nun an der Türkei, das Urteil des Europäischen Gerichts auch im türkischen Recht umzusetzen.

Transgender Europe hatte bereits vor knapp zwei Wochen mit einem berührenden Youtube-Video auf die demütigende Behandlung von Trans*menschen durch Staat, Medizin und Gesellschaft hingewiesen. Der Clip ist aus der Sicht einer Trans*frau gedreht, die versucht, ihren Personenstand zu ändern, um auch offiziell als Frau leben zu können.

Wegweisender Charakter für Trans*aktivisten

Für Y.Y. hat das Gerichtsurteil vor allem symbolische Wirkung, ihm wurde 2013 eine geschlechtsangleichende Operation dann doch erlaubt. Doch für Trans*aktivist_innen und Menschenrechtler_innen hat das Grundsatzurteil wegweisenden Charakter: 47 Staaten sind derzeit Mitglied des Europarates, sie alle sind an die Urteile des Menschenrechtsgerichtshofes gebunden. Doch nach Angaben von Transgender Europe gilt noch in 20 dieser Länder Sterilität als Voraussetzung für geschlechtsangleichende Operationen.

Auch Deutschland arbeitet noch an der angemessenen Behandlung von Trans*menschen. Das 1981 eingeführte Transsexuellengesetz erlaubte eine Personenstandsänderung (also die formale Angleichung des Geschlechts) nur, wenn die beantragende Person „dauernd fortpflanzungsunfähig“ sei und sich auch körperlich voll dem gefühlten Geschlecht angeglichen habe. 2011 kassierte das Bundesverfassungsgericht diese Regelung: Eine vom Staat verordnete Operation sei unvereinbar mit der im Grundgesetz garantierten Menschenwürde und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Vier der sieben Richter hätten diese Regelung, die so ähnlich immer noch in vielen Ländern gilt, am liebsten auch gleich mitbehandelt. „Auch dies ist ein wichtiges Zeichen für die Trans-Community", sagte Alecs Recher, Anwalt und Co-Vorsitzender von Transgender Europe. Der Weg zur Anerkennung der Rechte von Trans*menschen ist noch weit. Doch das vorliegende Urteil macht Mut.

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4 Kommentare

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  • Genau -







    Wer das Geschlecht anpassen will, muss sich vorher nicht sterilisieren lassen. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.







    Diese beiden Sätze reichen.



    (nachdem frauman gut zweimal den ersten Satz kopfschüttelnd gelesen hat -



    ungläubig - was es da denn (anders) zu entscheiden gäbe).







     

  • Leute, vielleicht lassen wir einfach mal dies diskriminierenden Begriff wie "Trans*Menschen"? Wäre das was? Transsexuelle Menschen sind keine Anti*menschen, Unter*menschen, Nicht*menschen oder Trans*menschen, sondern Menschen. Ok? Könnt ihr endlich damit mal anfangen darüber nachzudenken, was dieses Trennen in Menschen (die, denen das Etikett "biologisch" zugestanden wird) und in Transmenschen (die, die anderen, die dann höchstens "gefühlte Geschlechter" haben dürfen) für eine Denke als Ursprung hat? Könnt ihr mal damit anfangen zu begreifen, dass diese Denke Teil des Problems ist und nicht etwa Teil der Lösung? Das wäre sehr nett.

    • @Kim Schicklang:

      hey,

      erstmal danke für den Hinweis. Es gibt vieles in unserem täglichen Sprachgebrauch worauf wir nicht achten. Es wäre gut, wenn Leute wie du, die eben darüber nachgedacht haben uns weiterhin geduldig ermahnten. Wir sind wohl eher keine Menschen sondern Gewohnheitstiere und automatisieren gerne (was ja auch zugegebenermaßen die effizienz steigert). Ich sage aber nicht du hättest unrecht mit der Grundsätzlichen Auffasung der Menschen, Transsexuelle seien (omg) "minderwertigere" Menschen.

    • @Kim Schicklang:

      Menschen, deren Geschlecht nicht übereinstimmt mit dem bei der Geburt fremd zugewiesenen Geschlecht haben viele verschiedene Begriffe, mit denen sie sich bezeichnen:

       

      Transgender, Transidente, Transmenschen, Transsexuelle und viele weitere.

       

      Umgekehrt lehnen manche auch einige Bezeichnungen für sich ab. Z.B. möchte ein Mensch nicht als Transgender bezeichnet werden, ein anderer empfindet den Begriff Transsexuell als falsch. Die große Anzahl an Begriffen ist ein Zeichen für die Vielfalt innerhalb dieser Gesellschaftsgruppe.