Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Platzverweis für Bundespolizei

Auf Bahnhofsvorplätzen darf die Bundespolizei nur in eng begrenzten Bereichen Ausweise kontrollieren. Ein Mann aus Trier klagte nun erfolgreich durch die Instanzen.

Bundespolizisten dürfen nur in Bahnhöfen kontrollieren. Nicht davor. Bild: dpa

LEIPZIG taz | Die Zuständigkeit der Bundespolizei innerhalb von Bahnanlagen gilt in der Regel nicht für Bahnhofsvorplätze. Das entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Bundespolizei kann zwar auf einer Bahnhofstreppe Ausweiskontrollen vornehmen, aber nicht daneben.

Konkret ging es um einen Fall aus Trier. Dort stand der 61-jährige Frühpensionär Burkhard H. mit einer Gruppe Jugendlicher vor dem Bahnhofseingang, direkt neben der Bahnhofstreppe. Einer Streife der Bundespolizei kam die Szenerie komisch vor und sie verlangte von allen die Ausweise. Ein Rückruf bei der Polizeizentrale ergab, dass einer der Jugendlichen als Drogenkonsument registriert war. Die Polizei durchsuchte dessen Rucksack, ohne Ergebnis.

Dennoch hatte die Personenkontrolle ein Nachspiel - für die Polizei. Burkhard H., der selbst früher bei der Bahn arbeitete, hielt die Kontrolle für unzulässig, weil die Bundespolizei vor dem Bahnhof nichts zu sagen habe, der Vorplatz sei keine „Bahnanlage“ mehr. Das Verwaltungsgericht Trier gab ihm Recht, die Ausweiskontrolle sei rechtswidrig gewesen.

Doch das Oberverwaltungsgericht sah das anders, weil der Einsatz in „unmittelbarer Nähe“ zur Bahnhofstreppe stattfand. Doch der streitbare Rentner ging in Revision. Sein Anwalt Udo Kauß warnte in Leipzig: „Bald ist die Bundespolizei für die ganze Bahnhofsstraße zuständig, weil die ja zum Bahnhof führt.“

„Räumlich präzise fixierbare Anhaltspunkte“

Das Bundesverwaltungsgericht legte das Gesetz nun eng aus. Begriffe wie „unmittelbare Nähe zu Bahnanlagen“ seien zu ungenau. Bürger und Polizisten müssten klar wissen, wo die Bundespolizei zuständig ist. Künftig kann die Bundespolizei im Vorfeld eines Bahnhofs nur in solchen Bereichen kontrollieren, bei denen „räumlich präzise fixierbare Anhaltspunkte ihre überwiegende Zuordnung zum Bahnverkehr belegen“, so Richter Neumann.

Dazu gehören laut Neumann Treppen, Vordächer, Fußgängertunnel und -überführungen, die direkt zum Bahnhof führen. Keine Zuständigkeit hat die Bundespolizei für Gehwege und Straßen, die nur vor dem Bahnhof vorbeiführen. Im Trierer Fall, so Richter Neumann, war die Ausweiskontrolle rechtswidrig, weil Burkhard H. und seine Freunde „neben der Treppe“ standen.

Außerhalb des Bahnhofs entsteht damit aber kein polizeifreier Raum; zuständig ist vielmehr die Landespolizei. Allerdings ist die Kontrolldichte durch die Bundespolizei in der Regel höher. Die Bundespolizei (Ex-Bundesgrenzschutz) nimmt seit 1992 auch die Aufgaben der ehemaligen Bahnpolizei wahr.

Indirekt beschränkt das Urteil auch den Raum, in dem die Bundespolizei anlasslose Kontrollen gegen mutmaßliche illegale Einwanderer vornehmen kann. Diese sind in Flughäfen, in Zügen und auf „Bahnanlagen“ zulässig - also nicht neben der Bahnhofstreppe.

Bei normalen Kontrollen auf Bahnanlagen sind laut Bundespolizeigesetz allerdings konkrete Indizien für drohende Straftaten erforderlich (§ 23 I Nr. 4). Anwalt Kauß hatte geltend gemacht, dass die Kontrolle ohnehin rechtswidrig gewesen wäre, denn das bloße Herumstehen in Bahnanlagen rechtfertige noch keine Ausweiskontrolle. Darauf kam es nun aber nicht mehr an, weil die Bundespolizei ja gar nicht zuständig war.

(BVerwG 6 C 4.13)

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