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Ursache für ZivilisationskrankheitenDick sein ist okay, arm sein nicht

Arme Menschen sind häufiger übergewichtig und sterben früher. Das liegt nicht an ihrem Verhalten, sondern an den sozialen Verhältnissen.

Nicht die Rundungen sind das Problem, sondern die Verhältnisse Foto: reuters

Zur Jahrtausendwende veröffentlichten Regierungen und Gesundheitsorganisationen in aller Welt Berichte und Prognosen über den Gesundheitszustand der Bevölkerung im 21. Jahrhundert. Darin wurde Düsteres prophezeit: Der Gesundheitszustand der Bevölkerung auch und gerade in entwickelten Ländern verschlechtere sich rapide. Pro­blematische Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten und in ihrer Folge Zivilisationskrankheiten verbreiteten sich virengleich über den ganzen Erdball. Das Gesundheitssystem werde unter den finanziellen Belastungen zusammenbrechen und die Lebenserwartung der Bevölkerung erstmals seit Jahrhunderten sinken.

Die Berichte und die sie begleitenden Ak­tions­pläne hatten die „Adipositas-Epidemie“ zum Thema. Also den Anstieg des Körpergewichts der Bevölkerung zwischen 1980 und 2000, der durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Ende der 1990er zur Epidemie erklärt worden war. Prognostiziert wurde aber auch die Zunahme verschiedener chronischer Erkrankungen. Allen voran Diabetes Typ 2. Denn keine Krankheit korreliert stärker mit einem hohen Körpergewicht.

Phänomene wie die Diabetes- oder die Adipositas-Epidemie, von denen zumindest in entwickelten Ländern überdurchschnittlich oft ärmere Menschen betroffen sind, werden meist als Krise der Verhaltenssteuerung interpretiert. Arme Menschen seien nicht informiert über die Gefahren ihrer Konsummuster. Sie wüssten nicht, dass Fitnessflakes vor allem aus Zucker bestehen und Kinderschokolade gar nicht gut für Kinder ist. Dass Sitzen das neue Rauchen ist, ignorierten sie einfach, wenn sie bei der Arbeit acht Stunden gestanden haben.

Was sie aber sehr wohl wissen und nicht ignorieren, ist, dass all diese Verhaltenstipps von Menschen formuliert werden, die einer anderen so­zialen Schicht als sie angehören und deren Lebensrealität mit ihrer nichts zu tun hat.

Dicke sterben nicht früher

Man kann darüber streiten, woran es liegt, dass arme Menschen statistisch gesehen früher sterben. Daran, dass arme Menschen häufiger dick sind als Wohlhabende, liegt es wohl eher nicht. Denn erstens steigt der Anteil dicker Menschen in wohlhabenden Ländern entgegen allen Pro­gnosen seit der Jahrtausendwende gar nicht. Und auch der Anstieg von neuen Diabeteserkrankungen ist zu einem nicht unerheblichen Teil auf die Senkung der Grenzwerte und vermehrte Screenings zurückzuführen.

Zweitens gilt ein hohes Körpergewicht längst nicht mehr als Superkiller. Im Gegenteil, ein moderates „Übergewicht“ verlängert die Lebenserwartung nach neuen Erkenntnissen sogar.

Die Lebenserwartung entwickelt sich in allen Gesellschaften nicht etwa parallel zum Körpergewicht, sondern zum gesellschaftlichen Wohlstand. In Deutschland beträgt der Abstand in der Lebenserwartung bei den Männern zwischen Arm und Reich elf Jahre.

In Deutschland beträgt der Abstand in der Lebenserwartung zwischen Arm und Reich elf Jahre

In Großbritannien, wo die soziale Spaltung noch größer ist, trennen die Londoner U-Bahn-Stationen Oxford Circus und Holborn ein Stopp und 17 Jahre Lebenserwartung. Gesundheitskampagnen, wie sie jüngst auch wieder in Deutschland gefordert werden, dürften daran wenig ändern. Mehr soziale Sicherheit und weniger materielle Ungleichheit hingegen schon. Schließlich weisen Länder mit vergleichsweise geringerer sozialer Ungleichheit auch geringe Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen den Sozial-schichten auf, wie Kate Pickett und Richard Wilkinson in ihrem Buch „Gleichheit ist Glück“ gezeigt haben.

Krank macht arm

Zur Erklärung, warum soziale Unterschiede auch in reichen Ländern zu gesundheitlichen Unterschieden führen, wird zwischen Selektions- und Verursachungsprozessen unterschieden. Soziale Selektionsprozesse bedeuten, dass Menschen mit chronischen gesundheitlichen Problemen mit großer Wahrscheinlichkeit arm werden. Sie können ihren Beruf nicht länger oder nur noch eingeschränkt ausüben, Ausbildung und Studium verzögern sich oder müssen abgebrochen werden. Wer aufgrund chronischer Krankheiten oder Behinderung von der Erwerbsarbeit ausgeschlossen wird, ist auf Transferzahlungen angewiesen und hat auch weniger Rentenansprüche.

Soziale Verursachungsprozesse bedeuten hingegen, dass Armut krank machen kann, z. B. durch Haltungsschäden oder durch hohe Verantwortung bei geringer Autonomie am Arbeitsplatz. Aber auch durch Feinstaub und Lärmbelastung und räumliche Enge in der Wohnung, durch Stress und Schlafmangel.

Dr. Friedrich Schorb

ist Gesundheitswissenschaftler an der Universität Bremen und Autor des Buchs „Dick, doof und arm. Die große Lüge vom Übergewicht und wer von ihr profitiert“.

In den Gesundheitswissenschaften hat sich in den letzten Jahren wieder das Bewusstsein dafür geschärft, dass soziale Ungleichheit immer auch gesundheitliche Ungleichheit bedingt. David Stuckler und Sanjay Basu haben in ihrer Studie „Sparprogramme töten“ eindrücklich nachgewiesen, dass Kürzungen im sozialen Bereich unmittelbar Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Betroffenen haben. Sensibilität dafür, dass das Denken in Risikofaktoren und medizinischen Kategorien auch zu sozialem Ausschluss beitragen und in der Konsequenz krank machen kann, fehlt dagegen noch.

Zurückweisung führt zu Depressionen

Gabrielle Deydier hat keinen Diabetes, und sie kommt auch nicht aus armen Verhältnissen. Ihre Familie gehört zum Mittelstand, ist bildungsaffin, gesundheitsbewusst. Deydier hat zwei Studiengänge mit Bestleistungen abgeschlossen. In ihrer Biografie spielen Krankheiten keine Rolle, wohl aber schlechte Erfahrungen mit Ärzten, die einem Teenager, der nicht ganz den Idealmaßen entsprach, eine Hormontherapie mit fatalen Nebenwirkungen verpassten.

Später will sie ein Gynäkologe nicht untersuchen, weil er „vor lauter Fett nichts sehen kann“. Ein anderer Arzt empfiehlt ihr, zum Veterinär zu gehen. Ihr Körpergewicht vereitelte ihr den Einstieg ins Berufsleben. Die allgegenwärtige Zurückweisung führte zu Depressionen und beinahe zur Obdachlosigkeit.

Deydier lebt heute in einer Jugendherberge in Paris. Nicht die gesundheitlichen Folgen ihres hohen Körpergewichts, sondern die Tatsache, dass Dicksein in Frankreich als „groteske, selbst verschuldete Behinderung“ empfunden wird, lässt sie psychisch krank werden. Mit dem Leben in der Jugendherberge zumindest dürfte es bald vorbei sein. Deydier hat vor Kurzem ihre Memoiren veröffentlicht. „On ne naît pas grosse“ – Man wird nicht dick geboren, heißt das Buch. Es ist in Frankreich auf Anhieb ein Bestseller geworden. Die Pariser Bürgermeisterin hat Deydier gebeten, den ersten Anti-Grossophobie-Tag zu organisieren.

Damit ist Dank Deydiers Memoiren die Fat-Acceptance-Bewegung, die vor fünfzig Jahren in den USA ihren Anfang genommen hat, auch in Frankreich sichtbar geworden. Jüngst hat sich mit den Fat Studies auch eine akademische Auseinandersetzung mit den Folgen der grassierenden Körperfettphobie etabliert. Am 18. November findet in München zum ersten Mal in Deutschland dazu ein internationales Symposium statt. Vier Tage nach dem internationalen Diabetestag stehen dann zur Abwechslung nicht die medizinischen Gefahren eines hohen Körpergewichts, sondern die Gefahren durch Medizin und Gesellschaft für Menschen mit hohem Körpergewicht im Mittelpunkt.

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45 Kommentare

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  • Abnehmen ist keine Raketenforschung: Einfach mehr Energie verbrennen als man zu sich nimmt. Die Ablehnung die Menschen mit Adipositas erfahren ist im Übrigen auch Keine Phobie, also krankhafte Angst, sondern zumeist eine Mischung aus Unverständnis und Ekel. Der dauernde Versuch Menschen die sich nicht so verhalten wie man es will kategorisch als Phobiker zu bezeichnen nervt und ist auch noch irreführend!

    Wer seine Gesundheit runiniert dem fehlt keine gesellschaftliche Akzeptanz, der muss sein Verhalten ändern. Die Gesellschaft wirkt hier nur als Korrektiv. Mir ist klar das sowas schwer sein kann und derartiges Übergewicht oft mit psychischen Problemen zusammenhängt aber die Gesellschaft kann nicht stellvertretend für Frau Deydier zum Therapeuten oder ins Fitnessstudio gehen.

  • Danke; gut, interessant.

  • Wenn ich die „Debatte“ hier verfolge, wird mir eins mal wieder ziemlich drastisch klar gemacht: Hierzulande fehlt es nicht nur vielen Körpern an Bewegung, sondern auch so manchem Geist.

     

    Dass „soziale Ungleichheit immer auch gesundheitliche Ungleichheit bedingt“, steht doch gart nicht im Widerspruch zur Feststellung, dass Gesundheit mit individuellem Verhalten zusammenhängt! Im Gegenteil. Soziale Ungleichheiten bedingen falsches Individualverhalten – und umgekehrt. Wer lange genug danach sucht, wird auch entsprechende Studien finden, schätze ich. Wer sich die Zeit nimmt, weiter zu denken als bis zum eigenen Fressnapf-Rand, der kommt aber auch ohne statistische Belege auf den Zusammenhang. Das ist das Schöne an der Logik: Unter den gegebenen Umständen ist es zwar nicht ganz leicht, logisch zu denken (gesund zu essen ist ja angesichts der Markmacht der Ernährungsindustrie auch nicht einfach), aber möglich ist es durchaus.

     

    Dass so viele Menschen unter ihren Möglichkeiten bleiben und sich die „Debatten“ häufig bloß darum drehen, wer rechter oder gar allein recht hat, finde ich traurig. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass die nach dem Ende des 2. Weltkriegs noch mal forcierte ideologische Gehirnwäsche mittlerweile beinah abgeschlossen ist.

     

    Schon ewig betreiben potente,gut vernetzte (Neo-)Konservative die Sicherung ihrer eigenen Pfründe unter dem Deckmantel der angeblichen Individualisierung. Diesen Leuten zufolge geht es der gesamten Gesellschaft automatisch besser, wenn die „Fittesten“ immer reicher werden. Die aber, denen es trotz dieses Dogmas schlechter geht, sind selber schuld an ihrem Elend. Diese permanent wiederholte Behauptung hat sich offenbar dermaßen tief hineingefressen in die chauvinistisch verbogenen Gehirne gelernter Untertanen, dass die sich anno 2017 noch immer lieber selber bis aufs Blut kasteien, als ihrem Glauben abzuschwören.

     

    Gut, dass uns' Luther das nicht mehr erleben muss!

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Danke, da kann ich Ihnen nur rechtgeben.

       

      Möchte nur mit etwas Poesie hinzufügen, dass es nicht einfach an Geist fehlt, sondern vor allem an Herz. Je länger ich drüber nachdenke, komme ich immer mehr zu dem Schluss, dass der Zen und Philosophen wie Kitaro Nishida, aber auch Schelling recht damit haben, dass ohne Mitgefühl und Liebe auch keine Erkenntnis möglich ist.

       

      Die aufklärerischen Appelle an den Geist kommen mir mittlerweile wie animistische Beschwörungsrituale vor - eine (phonozentrische) aufklärerische Geisterbeschwörung der personalen Einheit und der "Raison".

      Ich bin dem Geist noch nicht begegnet, der "Urheber" meiner Gedanken sein soll.

       

      Der Ort, an dem die Gedanken entstehen und vergehen, den kann man durchaus auch Herz oder Gemüt nennen.

      Das ist normativ, metaphysisch und religiös, das ist mir klar, aber die "reine" (bloße, entblößte) Geisteswahrheit, der Ort unserer Gedanken sei das Gehirn, ist für mich auch unbefriedigend. Es gilt für mich, eine Bresche zu schlagen für die Poesie.

       

      Der Mensch ist für mich nach langem Zur-Sprache-Kommen eine "lebendige Leinwand" (mit Verweis auf Derridas 'subjectile'), die bemalt werden kann oder sich selbst bemalt. Herzen zu malen ja vielleicht kitschig, aber ich bin mir trotzdem sicher - in jeder*m von uns schlägt neben dem biologischen noch ein anderes Herz.

      Dieses Herz hat mit dem Denken mehr zu tun, als es vielen lieb und bewußt ist.

       

      Das Herz ist für das Denken wie die Leinwand (der Untergrund) für ein*e Maler*in, Sprache, Format und Medium für eine*n Schriftsteller*in, oder der Raum und die Atmosphäre, für Bühnenkünstler*innen.

      Das Herz ist wie das oben genannte ein Ort, an dem Sinn produziert wird und dessen Verfassung die Möglichkeiten des Denken und die Optionen des Handelns begrenzt.

       

      In Anknüpfungung an Blochs Politik des aufrechten Ganges dichte ich ihrem Kommentar zu Dank:

      Im aufrichtig liebenden Herzen ist das Rückgrat des Denkens aufrecht daheim.

      https://en.wikipedia.org/wiki/Subjectile

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Wäre gut, wenn das Herz in seinem Denkprozess auch die Grundlagen der Logik und der kritischen Dialektik anwendet und nicht jede Gemütsregung einfach in die Welt herausquäkt. So es das tut, kann es gerne den Kopf aufs Altenteil schickdn.

  • "Schließlich weisen Länder mit vergleichsweise geringerer sozialer Ungleichheit auch geringe Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen den Sozial-schichten auf,.."

    Auf welchem Niveau? Besser als die Reichen in sozial ungerechten Gesellschaften? Schließe ich aus!

     

    Ansonsten hat unten @Thomas Sauer ein statement abgegeben welches volle Zustimmung verdient.

    Das Gequatsche "der Reiche und die guten Lebensmittel" und die Armen , die sich ungesund ernähren müssen ist voll daneben.

    Es fehlt an Kenntnissen und nicht an Geld. Und jemand der weniger Kenntnisse hat der wird eher H4-Empfänger. Mit diesem Zwischenschritt von mir aus schon.

    • @Tom Farmer:

      Unfug: "Und jemand der weniger Kenntnisse hat der wird eher H4-Empfänger."

       

      In unserer gewerkschaftlichen Arbeitsgruppe hatten wir auch Hartz-IV-Empfänger*innen mit akademischen Abschluss. Sie leben offensichtlich in einer gesellschaftlichen Parallelwelt.

       

      R.S.: Gewerkschafter seit 49 Jahren.

      • @Reinhold Schramm:

        Eher nicht immer oder nur... hatte ich geschrieben, oder: Ausnahme und die Regel.

        Meine Grundaussage halte ich hiermit aufrecht.

        F.-t.: Arbeitgeber seit 20 Jahren ;-)

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    "Früher sterben hat also viel mit individuellem Verhalten zu tun das nur durch Bildung verändert werden kann und nicht mit dem Geldbeutel."

     

    Und witzigerweise verhalten sich die Menschen in den ärmeren Vierteln individuell durch die Bank anders, also falsch, als die in den wohlhabenderen Wohngebieten. Und sind individuell selbst dran schuld dass sie den Löffel früher abgeben müssen.

     

    So kann man sich die Klassengesellschaft auch zurecht lügen.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      Und das war @THOMAS SAUER

  • @VIRILIO: Oh ja, Übergewicht kann sehr wohl Leben retten. Es ist den meisten Ärzten wohlbekannt, dass Menschen mit bis zu 25% Übergewicht schwere Operationen sowie Herzinfarkte besser überstehen! Es gibt auch mehrere wissenschaftliche Untersuchungen darüber. Es ist nur deshalb nicht so bekannt, weil die Ärzteschaft, und das wohl zu Rechtr, Angst davor hat, dass die Apositas bei einer solchen Meldung noch weiter zunehmen würde. Aber im Falle schwerer bis schwerster Krankheit ist ein leichtes Übergewicht von Vorteil!

    • @Wilfried Bergmann:

      Was bedeutet denn 25-prozentiges Übergewicht? Schon Normalgewicht hat ja eine gewisse Spanne.

      Leichtes Übergewicht ist wirklich wenig, das heißt z.B. dass eine Frau mit 170 cm Größe, anstatt 62 kg eben 68 kg wiegt. Darüber redet niemand, schauen sie sich in der S-Bahn doch mal um, das sind immer 80 kg Lebendgewicht!

      • @Energiefuchs:

        Woher nehmen Sie die Zahlen?

  • Anne Sophie Menzinger hat sich in ihrem Buch "Fat Acceptance: Positionen und Praxen einer körperpolitischen Bewegung" mit dieser Thematik befasst.

     

    Hinweisen möchte ich in diesem Kontext auch auf den bislang kaum berücksichtigten Zusammenhang zwischen Traumatisierung und Essstörung und daraus sich ergebender geringerer Lebenserwartung.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...ich kann mir echt nicht vorstellen, dass sog. gesunde Ernährung was mit dem Geldbeutel zu tun hat.

    Auch mit wenig Geld kann man/frau sich gut ernähren, man/frau muss es nur wollen.

    Ausserdem, auch sog. reiche Menschen sind oft dick.

    Und dass "moderates "Übergewicht"" die Lebenserwartung verlängern soll, halte ich für kompletten Unfug.

    Hat ein Mensch z.B. Diabetes, eine Krankheit, die gerade in Industriestaaten sehr oft anzutreffen ist, dann ist Übergewicht Gift für den Körper.

  • Das ich nicht dick bin hat einzig und allein etwas damit zutun, dass ich die Kalorien die ich zu mir nehme grob überschlage. Es ist ein ewiger Kampf aber wenn ich soviel esse wie ich Appetit habe gehe ich auf wie eine Dampfnudel.

  • Dick sein hat nichts mit der Grundsicherung und H4 zu tun und wird auch nicht durch ewiges Wiederholen, das bald schon einer versuchten Gehirnwäsche gleich kommt, wahrer.

     

    Die Zahlungen des Staates, bzw. anderer Steuerzahler für Menschen, die nicht für ihren eigenen Lebensunterhalt aus unterschiedlichsten Gründen aufkommen können, reichen völlig aus, sich vernünftig zu ernähren.

    Man geht einfach nicht zur Pommes Bude und frisst eine Bratwurst, die zu 80% aus reinem Fett besteht. Habe das früher öfter in der Arbeitsmittagspause getan. Seit Schluss damit ist habe ich 5 kg weniger.

     

    Mit 35 € Einkauf beim Ökobauer kann man fast eine Woche sein Essen bestreiten. Das praktizieren wir immer wieder und relativiert eindeutig das Geschwafel von wenig Geld und gesunder Ernährung.

     

    Gehe 2-3 mal p.a. zu Mc Donald und esse dort zwei Big Mäc zum Preis von einem. Wer sonst dorthin geht und was anderes isst ist schlicht blöd und wird fett (und zahlt völlig überteuert für den Fraß), wie ich es schon vor 40 Jahren bei meiner Arbeit in einem amerikanischen EKZ bei den US Bürgern mit Erstaunen täglich in Massen sehen konnte.

     

    Früher sterben hat also viel mit individuellem Verhalten zu tun das nur durch Bildung verändert werden kann und nicht mit dem Geldbeutel.

    Man sollte Ursache und Wirkung nicht dauernd umdrehen, nur weil es einem ins polit-ideologische Konzept passt. Das hilft auch nicht den Betroffenen, wenn sie mit 100 € mehr öfter zu Mc Donald dann gehen.

    • @Thomas Sauer:

      Na, da haben Sie ja nett in die Trickkiste gegriffen. Es ist schön, wenn Sie einen Biobauern in der Nähe haben. Das hat nicht jeder. Und nicht jeder ist bezahlbar mit Grundsicherung. Wussten Sie nicht, na macht nichts.

       

      Biolandstände auf dem Markt kann ich allenfalls anschauen, bezahlen kann ich da die Ware nicht. Zu teuer. Im Discounter kann ich natürlich auch "bio" kaufen, darf mich dann aber nicht wundern, dass die Möhre, aus Massenproduktion, nach nichts schmeckt und die Waren von wer-weiss-woher angekarrt wurden, was das Wörtchen "bio" irgendwie recht inkonsequent aussehen lässt. Dass ich mit meinem Einkauf dort auch noch Ausbeutung der Mitarbeiter*innen unterstütze, also Armut Armut fördert, lastet ebenso auf der Seele.

       

      Ihre Vorstellung "Ich war doof und frass Bratwurst, also müssen das die Armen ja erst recht sein!", schafft es, die Realität allenfalls sanft zu touchieren.

       

      Mit unserer Lebenswirklichkeit haben Sie jedenfalls keine Berührung! Und: ja, ich koche selbst und verwende hauptsächlich unverarbeitete Lebensmittel. Aber den Einkauf biologisch wie ethisch korrekt zu gestalten, ist mir bis zum Monatsende nicht möglich!

    • @Thomas Sauer:

      Ja, früher sterben hat mit individuellem Verhalten und individuellen Entscheidungen zu tun.

       

      Zum Beispiel mit der Entscheidung, ob ich lieber als Wachschutz die Nachtschicht übernehme, oder als verbeamteter Lehrer am frühen Nachmittag nach Hause gehen kann.

      Ob ich lieber morgens um 3h zum Mindestlohn die Putzschicht antrete, oder um 9h im Architektenbüro aufschlage.

      Alles individuelles Verhalten.

       

      Klar, auch hochqualifizierte Jobs sind stressig und manchmal frustriend. Aber sie werden gut bezahlt und snd hoch angesehen. Ob ich mich dann am Ende für Ökobauer oder McDonald entscheide ist eine Wirkung sozialer Ungleichheit, nicht deren Ursache und auch nicht entscheidend für die gesundheitliche Ungleichheit.

    • @Thomas Sauer:

      Sie schreiben doch 'Verhalten hat etwas mit Bildung zu tun'. Wenn von beiden Elternteilen, ein Elternteil nur für die Miete arbeiten muss, dann bleibt meistens wenig Geld für die Bildung. Jetzt könnten Sie argumentieren, 'dafür gibt es doch die städtische Bibliothek'. Schon hier erweist es sich allzuoft, die benötigten Bücher kosten Geld und sind daher nicht ausreichend in der Bib. vorhanden. Ihre Kinder benötigen Nachhilfe? Aber es gibt nicht so viele 'Gutmenschen' dafür, die es auch für umsonst machen, mit der Nachhilfe.

       

      Möglicherweise haben Sie den sozialen Sprung geschafft? Aber es gibt nun auch in der Wohlstandsgesellschaft der BRD immerhin noch Millionen arme Menschen, die es nicht schaffen konnten, weil das Geld fehlt! Und nicht weil sie das Geld verfressen oder versoffen haben! Bitte kommen sie Glückskind auf den Boden der gesellschaftlichen Wirklichkeit zurück.

      • @Reinhold Schramm:

        Wie habe ich es, mit 4 Vollwaise und nichts geerbt, mit 16 ohne jeglichen Schulabschluß und als Hilfsarbeiter gut 2 Jahre in der Fabrik gearbeitet, geschafft, Optiker zu werden und dann über Abendgym. und Bafög meinen Volkswirt zu machen. Woher das Geld wohl kam? Habe Bafög in den 80ern erhalten mit einer hohen Rückzahlquote.

        Alles schreit immer nach Geld, übrigens ist dies immer das der anderen.

        Setzt euch mal für eine anständige Erbschaftssteuer ein und für einen hohen Mindestlohn. Bei letzterem werden sich die Löhne für qualifiziertere Arbeit dann automatisch erhöhen und dieses Abstandsgebot bzw. der Automatismus wird auch H4 lern mehr Geld verschaffen.

        Damit haben wir die Hälfte aller Probleme einigermaßen gelöst.

  • *** - ): Auch so ist es!

     

    Die Wohlhabenden und Vermögenden, die kaufen im Bioladen. Da spielt Geld für hochwertige Nahrungsmittel keine Rolle. Da fahren sie auch schon mal mit der Limousine vor, trotz ihrer vorgeblichen guten Argumente für den Umweltschutz. So auch Studienräte und Akademikerinnen mit gutbestallten Beamtenposten und Pensionen. Ebenso die Damen ihrer Wirtschaftsmanager. Da darf es auch schon einmal der Geländewagen mit Allradantrieb für den Einkauf im Stadtverkehr sein.

     

    Da hilft auch keine Aufklärung über gesunde Nahrungsmittel, wenn dafür die finanziellen Mittel einfach nicht vorhanden sind. Da liegt es nicht nur, wie der Gutbürger und die Gutbürgerin wohlwollend meint, am Rauchen, Saufen und krank fressen. Wenn die Wohnverhältnisse schlecht sind, so etwas gibt es auch in der Konsumgesellschaft. Wenn es kein Geld für den Nachhilfeunterricht in den Familien gibt. Wenn die Sportbekleidung unbezahlbar ist, und auch das Geld nicht für die Fahrkosten reicht. Wenn schon die Teilnahme am Schulessen ein Problem ist, und nicht so, weil angeblich das Geld von den Eltern versoffen wird. Dann können sich die Eltern eben nicht ausreichend um eine gesunde Ernährung ihrer Kinder, die nun mal Geld kostet, bemühen. Da helfen auch keine Hartz-IV-Ernährungsführer über die monatlichen Armutsrunden, wenn Mutti und Vati mit Hartz-IV-Aufstockung und gesetzlichen Mini-Mindestlohn über die Runden kommen müssen.

     

    Während meiner jahrelangen Berufstätigkeit als Ausbilder von -vor allem- armen Kindern und Jugendlichen, musste ich ebenso feststellen, dass es nicht am bösen Willen liegt, sondern dass das zur Verfügung gestellte Geld eben nicht reicht, für eine gesunde Ernährung und Entwicklung unserer Kinder!

     

    Wenn 25 Prozent der Bevölkerung in relativer Armut in der bundesdeutschen Reichtumsgesellschaft leben müssen, davon rund 2,9 Millionen Kinder in sozialer Armut, dann ist etwas Faul in der Gesellschaftsordnung der Wohlanständigen und Gesundernährten!

     

    - ungeschminkt.

    • @Reinhold Schramm:

      Wie soll ein Hartz4-Empfänger noch Geld für den Bioladen aufbringen, wenn er seine Tagesration schon vorher für vier Dosen Red Bull, eine Schachtel Kippen, eine Tüte Chips und einen Sechserpack Snickers ausgegeben hat? Dafür reicht das bißchen Geld dann doch meistens noch. Meine Schwester arbeitet mit sozialschwachen Menschen und beobachtet das jeden Tag.

       

      Dass jeder in diesem reichen Land in Würde leben können soll steht auf einem anderen Blatt.

    • @Reinhold Schramm:

      "Die Wohlhabenden und Vermögenden, die kaufen im Bioladen. "

       

      Das ist banale und realitätsferne Schwarz-Weiß-Denke, Herr Schramm.

       

      Zum Einen ist das teure Biozeugs am Ende im Vergleich weit besser fürs Gewissen als für die Figur - und immer noch billiger als zuckrige und fettige Fertigprodukte. Denn eins sollte klar sein: Wer sich WIRKLICH preisgünstig und einfach ernährt (Getreide, Kartoffeln, Gemüse, Salat, dann und wann Fleisch, das alles in Maßen und zu Hause selbst zubereitet), der wird auch nicht adipös.

       

      Zum Zweiten haben gestresste Berufstätige für derart gesunde (meinetwegen auch noch Bio-) Ernährung sehr häufig gefühlt "keine Zeit". Sie verbringen nur die Stunden, die sie angeblich fürs Einkaufen und Kochen nicht übrig haben, dafür im teuren Fitnessstudio, um die Alkohol- und Fertigfraß-Kilos wieder runterzukriegen. Das ist zwar auch ganz schön bescheuert, aber es funktioniert wenigstens.

       

      Will sagen: Eine gesundes Gewicht ist Einstellungssache. Das hat weder etwas mit Geld noch mit Intelligenz zu tun. Wenn mehr arme Menschen die Kontrolle über ihre Figur verlieren als gutsituierte, dann ist die Korrelation wahrscheinlich eher im Motivationsbereich zu suchen: Kein Bock - weder auf gesunde Lebensweise, noch auf Engagement für die Einkommensverbesserung. Da sollte man ansetzen.

    • @Reinhold Schramm:

      Zu ihrem Gutbürgerbashing: Möhren, Gemüse, Vollkornbrot, ... das ganze gesunde Esssen bekommen Sie auch günstig beim Aldi um die Ecke. Dafür braucht es keinen "Bioladen", den sie da argumentativ instrumentalisieren. Gesunde Ernährung ist daher im allgemeinen auch keine Frage der Höhe des Einkommens.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Völlig richtig! Das "gesunde" Essen beim ALDI mag ein paar Pestizide mehr haben, als das im Bio-Markt, aber im Grunde ist gesunde Ernährung, die aus naturbelassenen und/oder saisonalen Erzeugnissen besteht, wirklich preiswert bis saubillig.

         

        Wenn man natürlich den Luxuskäse hier und die Luxuswurst da haben will (die ja auch ALDI in Hülle und Fülle anbietet - oder jedenfalls recht luxoriöse Preise dafür nimmt) oder muss usw., braucht man sich nicht zu wundern, wenn das Geld nicht reicht.

         

        Ich gebe heute, obwohl ich überwiegend Bio kaufe, vielleicht ein Viertel von dem für Essen aus, was ich früher, als ich noch dieses und jenes brauchte, ausgab. Sarrazin ist sicher grundsätzlich ein törichter und ängstlicher Mann, aber in einem hat er Recht: man kann sich vom 5 EUR am Tag ziemlich gut ernähren. Nur, die meisten würden gar nicht wissen, wie. Darin liegt das Hauptproblem.

        • @849 (Profil gelöscht):

          Gut geschrieben, da nur Fakten und Argumente mitgeteilt werden und eine Gesellschaftideologie, die einem Schachteldenken (Schachtel FDP, Schachtel Linke, Schachtel Religion, usw.) entspringt, fehlt.

          Nur so kann man Sachverhalte im Diskurs klären und Lösungen finden, die den Betroffenen helfen.

      • @Rudolf Fissner:

        Und selbst im Bioladen klappt´s. Ist natürlich nicht nötig. Aber 500 Gr. Gulasch reicht für 4 Mahlzeiten und kostet ca. 12€. Also 24 € im Monat für warme Fleischmahlzeiten gehen von der Stütze ab. Wenn ich natürlich das Quantum erhöhe und dann auch noch andere falsche Einstellungen habe, reicht es nicht und ich benötige mitjammernde Menschen, die durch unterschiedlichen Beträge im Geldbeutel damit ihr Geld verdienen.

        Einfach mal einen Feldversuch über 3 Monate machen.

        R. Schramm weiß wahrscheinlich nicht, was Lebensmittel so kosten. Wir schreiben schon seit Jahrzehnten alles in ein HH Buch.

        Als Vollwaise mit 4 und späterer Einkaufsleiter für 90 Fachgeschäfte hab ich ein Auge für Preise und Preis-Leistungsverhältnisse.

        Beim vernünftigen Essen hilft keine politische Ideologie sondern nur einfache Bildung und Wissen und vor allem Willen und persönliche Einstellungen.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    "Zweitens gilt ein hohes Körpergewicht längst nicht mehr als Superkiller. Im Gegenteil, ein moderates „Übergewicht“ verlängert die Lebenserwartung nach neuen Erkenntnissen sogar."

     

    Wenn ich sowas lese, weiß ich, was ich von der Wissenschaft dieses Herrn zu halten habe. Dieses Thema (ausgehend von einer Studie von Katherine Flagel in JAMA) wird sehr kontrovers diskutiert und ist keineswegs "gegessen".

     

    Walter Willet, einer der weltweit renommiertesten Ernährungsexperten, Professor in Harvard und von 2001 bis 2017 Dekan des Ernährungsfakultät, nennt diese "neuen Erkenntnisse" aufgrund methodischer Fehler einen Haufen Müll und rät strikt davon ab, sie ernst zu nehmen. So bestünde etwa die Vergleichsgruppe aus schlankeren Menschen, deren Ursache für ihr minderes Körpergewicht (Krebs, Raucher usw.) nicht berücksichtigt wurden. Ferner gäbe es verlässliche Studien (etwa https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21121834 und https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21397319), die sehr deutlich auf eine Verbindung von höherem Gewicht und schlechterer Gesundheit hinwiesen.

     

    Interview zum Thema mit Willet: https://www.hsph.harvard.edu/nutritionsource/2013/01/09/ask-the-expert-does-being-overweight-really-decrease-mortality-no/

     

    Weitere Information inkl. einer Panel-Diskussion, zu welcher die Autorin der umstrittenen Studie nicht erschien, unter: https://www.hsph.harvard.edu/nutritionsource/2013/02/20/does-being-overweight-really-reduce-mortality-no-wonder-the-public-is-confused/

    • @849 (Profil gelöscht):

      Walter Willet hat Flegals Studie tatsächlich als einen "Haufen Müll" bezeichnet. Allerdings wurde er dafür in einem Editorial der Zeitschrift Nature auch persönlich gerügt.

      http://www.nature.com/news/shades-of-grey-1.13029

       

      Flegal steht mit ihrer Position nicht allein, sondern hat die wichtigsten Gesundheitsinstitute und zahlreiche EpidemiologInnen hinter sich. Willet ist derjenige, der sich mit seinen radikalen Positionen isoliert, andernfalls hätte er es wohl kaum nötig in einer Diskussion um Studienergebnisse, die nicht in sein Weltbild passen, zu unqualifizierten Beleidigungen zu greifen.

      Nachzulesen hier: https://www.nature.com/news/the-big-fat-truth-1.13039

       

      und hier:

      https://newsatjama.jama.com/2013/02/14/jama-forum-separating-the-science-and-politics-of-obesity/

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Friedrich Schorb:

        Was sagen Sie denn zu der Studie, die Daten von 10,6 Millionen Individuen umfasst: http://www.thelancet.com/pdfs/journals/lancet/PIIS0140-6736(16)30175-1.pdf

         

        Sind die Autoren alle Radikalinskis oder feiern die da ihren persönlichen Wissenschaftsmummenschanz, während die Fettapologeten auf ihren heiligen wunden Knien zum Fettberg wallfahren?

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Friedrich Schorb:

        Willet ist ein aufrechter Mann, der auch schon bei der seit Jahren laufenden Verharmlosungskampagne von tierischen Fetten Position ergriffen hat (https://www.hsph.harvard.edu/nutritionsource/2014/03/19/dietary-fat-and-heart-disease-study-is-seriously-misleading/). Auch diesbezüglich gibt es keine hieb- und stichfesten Erkenntnisse. Dass er wegen seiner Standhaftigkeit gerügt wird, wundert mich nicht, interessiert mich aber auch nicht, denn das ist kein wissenschaftliches Kriterium.

         

        In dem Nature-Artikel, auf den Sie verweisen, ist von "a bit of extra weight" die Rede. Das verträgt sich kaum mit Ihrer Aussage, dass "ein hohes Körpergewicht längst nicht mehr als Superkiller" gelte. Die Erkenntnisse sind keineswegs gesichert. Sie stellen sie aber so da, weil es Ihnen offenbar in den Kram passt. Da ist ja selbst der von Ihnen zitierte Nature-Artikel weitaus differenzierter.

         

        Sie agieren wissenschaftlich unlauter, indem Sie behaupten, Flagel hätte die wichtigsten Gesundheitsinstitute hinter sich (und "zirkuläre" Referenzen auf ein JAMA-Forum zu präsentieren). Welche sind das denn? Und wer steht hinter diesen?

         

        Der Vorwurf, "radikal" zu sein, diskreditiert Sie vollends. Ist es etwa wissenschaftlich, nicht radikal zu sein?

        Sie scheinen es ja offenbar nötig zu haben, Ihre Gegner mit derart billigen Tricks zu diskreditieren.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Danke für das Zusammenstellen der Gegenargumente. Übergewicht hat keinerlei Vorteile. Viele Menschen haben sich schon dermaßen an dicke Menschen gewöhnt, dass sie Adipositas mit "ein paar Rundungen" verwechseln. Man sieht es sehr deutlich bei Kinderfilmen aus den 60ern: alle Kinder in diesen Filmen sind mit heutigen Augen betrachtet, dürr.

    • @Bandari:

      Übergewicht ist keine Adipositas.

  • "In Deutschland beträgt d"In Deutschland beträgt der Abstand in der Lebenserwartung bei den Männern zwischen Arm und Reich elf Jahre."

     

    Und wir haben Chancen auf britische Verhältnisse, weil es dort sogar schon 17 Jahre Unterschied zwischen Arm und Reich sind, stellt man in Rechnung, dass die Agenda-Politik dort bereits 1979 einsetze, dann fehlen uns für die 17 Jahre nur 24 Jahre an Ausgrenzung armer Menschen.

     

    Und da soll es doch hingehen, inzwischen sind die Grünen mit dabei, über den Zustand der Landwirtschaft, der Nahrungsmittelindustrie, der Grundsicherung, der Bekämpfung von Armut oder der Behebung von Mangel an Sozialwohnraum, davon hört man nix.

     

    Und wenn die Bevölkerung nicht wächst, dann müssen solche Unternehmen wie Nordzucker AG sich was ausdenken, um ihre Produkte unters Volk zu bringen, dabei hilft ihnen eins ganz besonders: Wer Hartz-IV oder Grundsicherung im Alter bezieht, der muss zum Discounter und er muss dort das billigste Produkt kaufen - eine Auswahl haben solche Konsumenten nicht.

     

    Das Gleiche gilt für die Kunden der Tafel: Sie haben zuhause nich selten eine ganze Menge Süßigkeiten, was kommt, muss man dort mitnehmen. Auch diese Menschen haben dort keine echte Auswahl. Und das ist politisch so gewollt. Hartz-IV reicht nicht und das zynische Kochbuch von Tilo Sarrazin war Fake, man konnte damit gar nicht einen Monat überstehen.

     

    Vor 30 Jahren waren Kinder türkischer Gastarbeiter oft dünner als deutsche Kinder, weil sie sich anders ernäherten, jetzt kippt das, weil die Produkte von damals deutlich teurer geworden sind und arme Menschen am Ende gerne zu Getreide greifen, weil es relativ günstig ist: Eine Packung Nuddeln 500g €0,49, eine Packung Mehl 1 Kg €0,79 - das reduziert die Auwahl.

     

    Ich finde, die Regierung muss Hartz-IV deutlich anheben und vor allem Jugendliche korrekt abrechnen und sie muss gegen die Nahrungsindustrie vorgehen.

    • @Andreas_2020:

      *** - ): Danke für die klare Ansage an die Adresse der unfähigen Regierungen und deren Parlamentsmehrheiten!

    • @Andreas_2020:

      "Und wir haben Chancen auf britische Verhältnisse, weil es dort sogar schon 17 Jahre Unterschied zwischen Arm und Reich sind"

       

      So entstehen Mythen. Ich habe keine Ahnung, wie groß der durchschnittliche Unterscheid in der Lebenserwartung zwischen arm und reich in Großbrtitannien wirklich ist - SIE ABER AUCH NICHT - zumindest nicht nach diesem Artikel.

       

      Die Zahlen im Artikel beziehen sich nicht auf ganz Großbritannien, sondern auf zwei Londoner Stadtteile. Die wurden auch mit Sicherheit nicht ausgesucht, weil der Unterschied zwischen ihnen repräsentativ ist, sondern als möglichst drastisches Beispiel. Es ist daher logisch falsch, von diesem Beispiel auf die Auswirkungen des Thatcherismus insgesamt und dann weiter auf die Auswirkungen der Agenda 2010 zu schließen.

      • @Normalo:

        Also, was ich weiß oder nicht weiß, das sollten Sie besser mir überlassen. Und ich habe in UK gelebt (1) und ich habe dort Verwandte gehabt (2) und ich interessiere mich für UK (3) auch wegen (2,3) und ich hasse Margret Thatcher und was sie beruflich machte, bevor sie Premierministerin wurde und UK ruinierte: Sie war Lebensmittelchemikerin. Und wenn Sie noch mehr wissen wollen: Eine ihrer ersten Amtshandlungen war, dass sie dafür sorgete, dass in Schulküchen nicht mehr frisch gekocht, sondern nur noch aufgewärmt und gemischt und zusammengestellt wurde. Lesen Sie sich mal Interviews von Jamie Oliver durch, Stichwort Schulessen. Mag sein, dass wir in Deutschland mehr Gemnüse und mehr Salat essen, aber die Tendenz zu mehr Gewicht existiert auch in anderen entwickelten Ländern. Googlen Sie mal unter Obesity USA. Übergewicht und Armut hängen in Industriestraaten zusammen, weil es eine Nahrungsmittelindustrie gibt und weil die industrielle Landwirtschaft gewaltige Erträge bringt, die vielfach überschüssig ist oder exportiert wird / werden muss. Mehr Absatz im eigenen Land funktioniert eben nur schwereren Menschen, sie werden also dick, aber selten sind die Reichen und Gebildeten sehr dick, es sind meistens die Armen, weil die keine Auswahl haben, sie müssen kaufen, was satt macht und wenig kostet.

        • @Andreas_2020:

          Ich habe auch in UK gelebt (allerdings nicht Holborn, und ich hasse auch Maggie Thatcher nicht). Aber ich habe meine Zeit dort nicht mit wissenschaftlichen Erhebungen über die Lebenserwartung gemacht und habe jetzt auch nicht das Gefühl, dass Sie das getan hätten. Ihre Darstellung der "Fakten" zur Lebenserwartung erscheint - insbesondere nach dem, was Sie jetzt geschrieben haben - vielmehr als genau das, was ich Ihnen vorgeworfen habe: Mythenbildung, die zwar Ihre subjektive Wahrnehmung widerspiegelt, aber durch die Zahlen, die Sie zur Unterlegung verwenden, objektiv nicht gestützt ist (weil sie eben NICHT repräsentativ sind).

           

          Was Ernährungsgewohnheiten betrifft, sind Sie offenbar auch ein Vertreter der Theorie vom gänzlich fremdbestimmten Individuum. Es ist nicht die Nahrungsmittelindustrie, die den ganzen fettigen, überzuckerten Fertigschund in sich reinschiebt. Das sind vollwertige Menschen, die für sich und den Zustand ihrs Körpers zuallererst selbst verantwortlich sind.

           

          Ich will nicht abstreiten, dass die Abschaffung von frisch zubereitettem Schulessen einen respektablen negativen Beitrag zur Ernährungsqualitäöt kleistet, für den dann auch wirklich der Staat verantwortlich ist. Aber das Beispiel macht noch keine Regel, und nein, was Frau Thatcher Anfang der 80er in Großbritannien veranstalten konnte, dürfte heute in Deutschland, wo Ernährungsqualität GANZ anders auf der Agenda steht, noch lange nicht durchsetzbar sein. Ein wenig Realismus hilft da ausnahmsweise auch mal zur Beruhigung.

           

          Umgekehrt wäre es aus meiner Sicht angebracht, mehr gegen die FREIWILLIGE Fehlernährung vieler Mitbürger zu tun. Dazu gehört neben Aufklärung auch, dass man ihnen das Gefühl nimmt, es wäre vor allem anderer Leute (die böse Industrie/ der Staat/ die Gesellschaft etc.) Schuld und Problem, wenn sie verfetten.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Andreas_2020:

      "Vor 30 Jahren waren Kinder türkischer Gastarbeiter oft dünner als deutsche Kinder, weil sie sich anders ernäherten, jetzt kippt das, weil die Produkte von damals deutlich teurer geworden sind und arme Menschen am Ende gerne zu Getreide greifen, weil es relativ günstig ist: Eine Packung Nuddeln 500g €0,49, eine Packung Mehl 1 Kg €0,79 - das reduziert die Auwahl."

       

      Nudeln und Mehl waren auch früher schon günstig, Fleisch hingegen nicht, während es Junk im Grunde gar nicht gab. Am Preis liegt es also bestimmt nicht, sondern an dem generellen - vom Verbraucher unverschuldeten - Niedergang des ursprünglichen Essverhaltens. Wenn es nur der Preis wäre, dann wären Hülsenfrüchte diesbezüglich äußerst gesund und unschlagbar "billig".

       

      Die Kinder mit Junk abfüttern, kann indes nicht dazu führen, dass diese gesund bleiben. Dass arme Familien mehr zu Junk greifen, ist evident, denn das Zeug ist wirklich nicht nur günstig, sondern wird ihnen geradezu nachgeworfen.

       

      Ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass HartzIV deutlich angehoben werden müsste, aber wir müssen auch endlich zu einer Haltung finden, die ungesundes Verhalten nicht noch gewissermaßen "finanziell" belohnt, egal ob das jetzt den Verbraucher betrifft oder die Hersteller, die ohne Gefahr für Junk werben und diesen sogar als Lifestyle-Produkt vermarkten dürfen.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Werfen Sie doch auch einmal einen Blick auf die Werbe-, Konsum- und Medien-Verblödungslandschaft! Dafür sind die Armen nicht verantwortlich!

         

        Wir brauchen bezahlbare und menschenwürdige Wohnungen und auskömmliche Arbeitslöhne! Vor allem aber eine gerechte Umverteilung! - von oben nach unten. Oder wer möchte denn ernsthaft behaupten, Dividenden in Höhe von Millionen und Milliarden wären ein Ergebnis persönlicher Arbeitsleistung?

         

        Die asoziale "soziale Marktwirtschaft" der Bourgeoisie und leistungslosen Erbschafts-Millionäre und Milliardäre muss auf den Prüfstand!

         

        Auch Kinder aus sozial armen Familien haben ein Menschenrecht auf Gleichbehandlung in der Bildung und Persönlichkeitsentwicklung! - mit den Kindern der Reichen und Schönen.

        • @Reinhold Schramm:

          Natürlich haben die 'armen' ein Recht auf ihre Menschenwürde, steht in §1 GG! Und die Regierung muss gerade Kinder und Jugendliche auch besonders schützen - auch vor der Nahrungsmittelindustrie und die eigenen Gesetze auch so anpassen, dass diese Menschen nicht verfetten und mit ihrem Körpergewicht ihren sozialen Status offenbaren. Aber seit 2003 wird Politik für 30 Prozent Oben gemacht -> Siehe Jamaika.