Unterstützung für Parteiverbot: Wer hasst die AfD?

Ganz Berlin? Nein, nur ein Teil der Abgeordneten befürwortet ein Verbotsverfahren. Mehr Gegenwind kriegen die Rechtsextremen von der Straße.

"Für offene Grenzen" steht auf einem Plakat einer Demonstrantin, die an einer Anti-AfD-Demonstration vor der Wiesenhalle teilnimmt. Dort findet der Landesparteitag der AfD Berlin statt.

Janz weit draußen: Protest gegen den Landesparteitag der Berliner AfD im brandenburgischen Jüterbog Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin taz | Es war ein deutliches Signal: Für die AfD ist in Berlin kein Platz. Der Berliner AfD-Landesverband musste seinen Parteitag am Wochenende in Jüterbog im Süden Brandenburgs abhalten, weil in Berlin niemand der rechtsextremen Partei seine Räume überlassen wollte – wohl auch aus Furcht vor Protesten.

Bereits in den vergangenen Jahren waren Parteitage der Berliner AfD wegen Demonstrationen immer wieder verschoben und 2021 auch schon einmal nach Brandenburg verlegt worden. Doch selbst in Jüterbog konnten die Berliner AfD-Mitglieder am Samstag nicht ungestört tagen. Auch hier gab es Proteste, zu denen ein Bündnis gegen Rechts aufgerufen hatte. Bis zu 600 Menschen hätten sich der Demo vor der städtischen Wiesenhalle angeschlossen, hieß es später, darunter viele An­ti­fa­schis­t*in­nen aus Berlin.

So viel Gegenwind wie von der Straße weht der AfD aus der Berliner Politik bislang noch nicht entgegen. Die Unterstützung für ein AfD-Verbotsverfahren wächst – wenn überhaupt – nur schleppend unter den Berliner Bundestagsabgeordneten, wie eine aktuelle taz-Umfrage zeigt. Ob es am Ende für eine Mehrheit im Plenum reicht, ist weiterhin ungewiss.

Die Debatte über ein AfD-Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht hatte nach den Wahlerfolgen der Partei in Thüringen, Sachsen und Brandenburg wieder an Fahrt aufgenommen. Womöglich noch im Oktober, spätestens aber im November will eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten von CDU, SPD, Grünen und Linken einen gemeinsamen Antrag für ein Parteiverbotsverfahren in das Parlament einbringen. Die dafür nötigen 37 Stimmen gelten als sicher. Bereits in dieser Woche ist der Antrag Thema in den Fraktionen.

Haltungen gehen weit auseinander

Doch ob das Verbotsverfahren dann auch wirklich kommt, ist ungewiss. Um den Antrag zu beschließen und dem Bundesverfassungsgericht zu übergeben, ist eine einfache Mehrheit im Bundestag nötig. Und die ist bislang eher nicht in Sicht, auch wenn der Zuspruch für das Verbotsverfahren seit Anfang des Jahres wohl insgesamt allmählich wächst. Gänzlich abgelehnt wird der Antrag bei BSW, CSU – beide ohne Berliner Abgeordnete – und natürlich der AfD.

Die Haltungen der 22 weiteren Berliner Bundestagsabgeordneten gehen deutlich auseinander. So ist von der FDP ebenfalls keine Zustimmung zu erwarten. Die Berliner Abgeordnete Daniela Kluckert etwa erklärte gegenüber der taz, die AfD sei zwar eine „reaktionäre Partei, in der Rechtsextreme den demokratie- und menschenfeindlichen Ton angeben“, jedoch sei ein AfD-Verbot „nicht nur rechtlich problematisch, sondern auch keine Lösung für die Probleme dahinter.“

Auch aus der Berliner CDU kommt kein Rückenwind für den Verbotsantrag – dabei ist die treibende Kraft dahinter ein Parteifreund, der sächsische Abgeordnete Marco Wanderwitz, der sechs weitere CDU-Kolleg*innen um sich scharen konnte. Der Berliner CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak sagte der taz, er halte ein Verbotsverfahren für falsch: „Die verfassungsrechtlichen Hürden für ein Verbot sind hoch, es ersetzt aber vor allem nicht die politische Auseinandersetzung. Ein jahrelang schwebendes Verfahren wäre ein Konjunkturprogramm für die AfD.“

Ähnlich äußerten sich Ottilie Klein, Generalsekretärin der Berliner CDU und Mitglied des Bundestages sowie Monika Grütters, die ehemalige Kulturstaatsministerin. Dem Vernehmen nach sind auch die beiden weiteren Berliner CDU-Abgeordneten Mario Czaja und Thomas Heilmann gegen den Antrag.

Unterstützung wächst zögerlich

Mehr Zuspruch erhält CDU-Mann Wanderwitz hingegen von SPD, Linken und Grünen. Bereits im Januar hatten sechs Berliner Abgeordnete dieser Parteien in der taz ihre Unterstützung für einen Verbotsantrag öffentlich gemacht. Davon übrig sind noch vier: Canan Bayram (Grüne), Gesine Lötzsch (Linke), Hakan Demir und Annika Klose (beide SPD). Klose und Bayram bekräftigten am Montag erneut ihre Unterstützung für den Antrag: „Klar ist, dass die AfD verboten gehört“, sagte Bayram.

Zwei Un­ter­stüt­ze­r*in­nen waren im Februar infolge der Teilwiederholung der Bundestagswahl aus dem Parlament ausgeschieden. Dafür haben sich aber offenbar einzelne Abgeordnete in der Zwischenzeit von den Argumenten der Be­für­wor­te­r*in­nen überzeugen lassen.

Der Berliner Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar erklärte am Montag, er werde einen Antrag unterstützen. Zugleich stellte er klar, „dass das Verbot einer Partei allein nicht ausreicht, um extremistische und verfassungsfeindliche Umtriebe auszuschließen.“ Auch die Grünen-Politikerin Renate Künast zeigte sich grundsätzlich als Befürworterin eines Verbotsverfahrens, räumte aber ein, sie habe „juristische Fragen“ zum Antrag der Wanderwitz-Gruppe.

Mehrere Linken-Abgeordnete sind unterdessen noch unentschlossen. Gregor Gysi etwa schreibt auf der Plattform Abgeordnetenwatch, er werde den fraktionsübergreifenden Antrag zwar nicht unterzeichnen, falls er aber zur Abstimmung komme, werde er dafür stimmen. Petra Pau, auch Bundestagsvizepräsidentin, will sich noch nicht positionieren.

Senatsinnenverwaltung sieht keinen Handlungsbedarf

Es bleibt also unklar, ob der Bundestag schon bald ein Parteiverbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beantragen wird. Deshalb kursieren auch andere Vorschläge, wie man die Zeit nutzen könnte, bis es womöglich eine parlamentarische Mehrheit gibt.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge etwa forderte vergangene Woche von den Innen- und Jus­tiz­mi­nis­te­r*in­nen der Länder, „endlich“ eine Beweissammlung zu erstellen, auf deren Grundlage der Bundestag eine „fundierte Entscheidung“ über einen Verbotsantrag treffen könne.

Die Berliner Senatsinnenverwaltung sieht vorerst allerdings keinen Handlungsbedarf. Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) erklärte am Montagvormittag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, es bedürfe „keiner gesonderten Aufforderung“, denn es sei eine „Selbstverständlichkeit, dass die Sicherheitsbehörden laufend prüfen, ob die Voraussetzungen für Partei- oder Vereinsverbote vorliegen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.