Uni Leipzig und rassistische Tweets: Juraprofessor für ein weißes Europa

Studierende protestieren gegen die rassistischen Tweets eines Jura-Professors. Wegen der jüngsten Ausfälle prüft die Uni Leipzig Schritte gegen ihn.

Ein Mann mit erhobenen Armen steht in einem Vorlesungssaal

„Nazi-Stalin-Methoden“: Thomas Rauscher in einer „Notwehrsituation“ Foto: Helke Ellersiek

Leipzig taz | Nach offen rassistischen Tweets des Jura-Professors Thomas Rauscher haben Studierende der Uni Leipzig am Donnerstag dessen Entlassung gefordert. Die Studierenden projizierten Tweets von seinem Twitter-Account an die Wand seines Hörsaals und verteilten Flugblätter mit den Worten „Rauscher, rausch ab“. Ein Student forderte seine KommilitonInnen auf, Rauschers Vorlesungen künftig nicht mehr zu besuchen. Rauscher warf den Studierenden daraufhin „Nazi- und Stalin-Methoden“ und Gewalt vor, gegen die er berechtigt sei, sich aus Notwehr zu wehren. Ein Großteil der Anwesenden verließ nach dem Protest den Saal, Rauscher setzte seine Vorlesung fort.

Die Szene am Donnerstagmorgen ist ein Höhepunkt des schon länger schwelenden Streits um den Juristen. Rauscher ist Professor für ausländisches und europäisches Privat- und Verfahrensrecht und nutzte schon länger seinen Twitter-Account für radikale Äußerungen. Diesmal hatte er am Montag einen Artikel über rechtsradikale Demonstrationen in Polen mit den Worten kommentiert: „Polen: ‚Ein weißes Europa brüderlicher Nationen.‘ Für mich ist das ein wunderbares Ziel!“. Tags darauf schrieb er: „Wir schulden den Afrikanern und Arabern nichts. Sie haben ihre Kontinente durch Korruption, Schlendrian, ungehemmte Vermehrung und Stammes- und Religionskriege zerstört und nehmen uns nun weg, was wir mit Fleiß aufgebaut haben.“

Die Tweets machten schnell die Runde, die sächsische Kulturstaatsministerin Eva Maria Stange (SPD) kritisierte Rauschers „ausländerfeindliche Meinung“ scharf. Die Universitätsleitung kündigte disziplinarische Maßnahmen an: „Wir werden nun Untersuchungen einleiten und dienstrechtliche Schritte gegen Herrn Prof. Rauscher prüfen“, so das Rektorat. Die Universität Leipzig verurteile die neuerlichen Äußerungen von Rauscher ausdrücklich.

Bereits Anfang letzten Jahres hatte es eine Welle der Empörung gegen Rauscher gegeben. Im Januar twitterte er: „Es fügt sich nicht, was nicht zusammengehört. Europa den Europäern, Afrika den Afrikanern, Arabien den Arabern. Was ist daran denn falsch?“ Und in einem anderen Tweet: „Es ist natürlich, sich zu wehren, wenn die eigene Kultur untergeht. Die ‚Angst des weißen Mannes‘ sollte wehrhaft werden!“ Und: „Es gibt keinen friedlichen Islam. Dschihad ist der Auftrag dieser Leute. Deutschland wird sich mit dem wohlmeinenden Irrtum selbst zerstören.“

Mehr als eine Rüge wird es nicht geben

Passiert ist daraufhin wenig: Das Rektorat distanzierte sich zwar auch damals schon, die Uni organisierte eine Podiumsdiskussion mit Rauscher über die Grenzen der Meinungsfreiheit. Doch dienstrechtliche Maßnahmen gab es nicht. Die Universitätsleitung verwies auf die Meinungsfreiheit, die Rauscher als Privatperson habe. Er hat nicht als Uniprofessor getwittert, auf seinem Account war auch kein Hinweis auf sein Amt.

Dennoch beziehen Einzelne an der Uni klar Stellung gegen Rauschers, so auch der Dekan der Juristenfakultät, Tim Drygala. Für ihn klingen die jüngsten Tweets nach „Aryan Brotherhood“, sagte er taz: „Ich finde, das ist eine angemessene Form der inhaltlichen Auseinandersetzung mit einem Mann, der sich mit Rechtsradikalen solidarisiert“. Und doch: „Mehr als eine Rüge werden Rauschers Tweets nicht nach sich ziehen. Eine Entfernung aus dem Dienst ist illusorisch, da wohl im Dienst nie etwas vorgefallen ist.“

Viele Studierende fürchten daher eine fatale Außenwirkung. „Wenn so ein Verhalten folgenlos bleibt, führt das zu der Wahrnehmung, Rassismus bekomme Raum an der Uni Leipzig“ sagte Alexander Salling, der im fünften Semester Jura studiert, nach der Vorlesung. „Diese Wahrnehmung hätte drastische Folgen: Nichtweiße Studierende werden abgeschreckt.“ Eine Entscheidung der Universitätsleitung wird voraussichtlich Wochen dauern. Rauscher hat seinen Account am Mittwochabend deaktiviert: „Ich habe nicht vor, ihn weiter zu nutzen“, sagte er nach seiner Vorlesung.

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