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Ungewöhnliche hohe Temperaturen in Asien54 Grad sind tödlich

Zuletzt sind in Thailand und Laos Extremtemperaturen gemessen worden. Das schwül-heiße Wetter ist Folge der Erderwärmung, belegt eine Studie.

Sonnenschirme gegen die Hitze sind in Thailand nichts Neues. Bei Extremtemperaturen helfen sie nicht Foto: dpa

Chiang Mai taz | In den letzten beiden Aprilwochen war es in Thailand, Laos, Indien und Bangladesch ungewöhnlich heiß. In allen Ländern wurden neue Temperaturrekorde aufgestellt. Wenn man die Luftfeuchtigkeit mitberücksichtigt, waren die Temperaturen in manchen Gegenden sogar lebensgefährlich: Dort näherte sich die „gefühlte Temperatur“ 54 Grad. Bei derartiger Hitze kann der menschliche Körper seine Temperatur kaum noch durch Schwitzen runterregulieren, und es droht ein Hitzschlag, der zum Tod führen kann.

Wissenschaftler haben nun untersucht, ob das schwül-heiße Wetter eine Folge der Klimaerwärmung ist. In Thailand und Laos ist das Ergebnis dieser „Attributionsstudie“ eindeutig: Derartige Temperaturen wären ohne die Klimaerwärmung von bislang 1,2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit „nahezu unmöglich“ gewesen.

Zumindest in Thailand wird solche Extremhitze dennoch die Ausnahme bleiben. Mit der aktuellen Erwärmung ist nur alle 200 Jahre mit einem solchen Ereignis zu rechnen. In Indien und Bangladesch sind derartige Hitzewellen hingegen wahrscheinlicher – mit und ohne Klimawandel. Ohne Klimawandel käme es alle 100 Jahre zu einem solchen Ereignis und mit der Erwärmung um 1,2 Grad findet es nun alle fünf Jahre statt. Sollte sich das Klima um weitere 0,8 Grad erwärmen und 2 Grad über dem Niveau von 1850 liegen, dann werden Hitzewellen wie dieses Jahr gar zur Normalität. „Mindestens alle zwei Jahre“ müssten die Menschen in Indien und Bangladesch dann mit Extremhitze im April rechnen.

Friederike Otto, eine der Co-Autorinnen der Studie, sagte daher: „Wir sehen wieder und wieder, dass der Klimawandel die Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen dramatisch erhöht.“

Hitzeschutzpläne nötig

Aus diesem Grund fordern Otto und ihre Kollegen, dass die Länder Aktionspläne für Extremhitze entwickeln. Dies gelte „insbesondere an Orten, an denen hohe Luftfeuchtigkeit die Auswirkungen von Hitzewellen verstärkt“, so Otto. In Gegenden, in denen es bereits solche Pläne gibt, wie etwa in der indischen Stadt Ahmedabad, hätte die Zahl der hitzebedingten Todesfälle reduziert werden können.

Dafür ist meist ein ganzes Bündel an Maßnahmen erforderlich: von öffentlichen Kühlräumen über die Schließung von Schulen bis zur Aufstellung von Brunnen mit Trinkwasser. Dabei müsse insbesondere auf marginalisierte Bevölkerungsgruppen geachtet werden. Denn diese sind der Hitze oft besonders stark ausgesetzt und haben weniger Möglichkeiten, selbst Schutzmaßnahmen zu ergreifen, obwohl sie meist kaum zur Klimaerwärmung beigetragen haben – eine Ungerechtigkeit, die sich bei nahezu allen Folgen der Klimakrise beobachten lässt.

Supercomputer helfen bei Einschätzung

Dass mittlerweile nur wenige Tage nach einem Extremwetterereignis bereits Studien vorliegen, die beziffern, welchen Einfluss der Klimawandel hatte, gilt als eine der wichtigsten Errungenschaften der Klimawissenschaften in den letzten Jahren. Möglich machen das Supercomputer. Diese berechnen erst, wie wahrscheinlich ein Ereignis bei den aktuellen Temperaturen ist. Dazu simulieren sie viele tausendmal das Wetter mit jeweils leicht modifizierten Ausgangsbedingungen. Anschließend führen sie die gleichen Berechnungen durch für eine Welt, die sich nicht um 1,2 Grad erwärmt hat. So lässt sich der Einfluss des Klimawandels auf die Häufigkeit und Intensität von Extremwettereignissen von anderen Faktoren isolieren. Und im Fall Thailands zeigt sich dann eben, dass ohne die Treibhausgasemissionen der letzten 150 Jahre die diesjährige Hitzewelle „nahezu unmöglich“ gewesen wäre.

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13 Kommentare

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  • Evtl war ja der bisher recht unerklärliche Untergang der ganzen Hindu-budhistischen Kultur zb in Angkor Watt auch durch eine Hitzewelle begründet. Ausgrabungen zeigen Veränderungen in den aufwendigen Bewässerungsanlagen vor dem Zerfall.

  • Und Deutschland streitet sich um Trauzeugen oder Klimakleber. Das ist allerdings bedeutend wichtiger als der Klimawandel. Letzterer ist eh nur eine grüne Spinnerei, die die Freiheit des Profitmachens behindert. Nur weiter so liebe Landsleute!

    • @Perkele:

      Ja, oder Diskussionen um Tierproduktkonsum, Autos, Tempolimit ... "ICH will aber" - wie das zeternde Kleinkind vor dem Süßigkeitenregal. Während "wir" die "Fahrtrichtung" der Erde unverändert auf Heißzeit stellen und täglich zig Spezies ausrotten.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Die Attributionsforschung bringt die wissenschaftliche Einordnung der Katastrophe nun nahezu zeitgleich auf die Displays.



    Wie stand es um die Würdigung jener Errungenschaften, durch deren Anwendung vor Jahrzehnten die Prognosen für das, was heute geschieht, schon auf Papier erschienen?



    Z' schpaet gscheit isch net so gescheit wia vorhär scho.

  • …und die Klimaaktivisten gehen in den Knast, bei Applaus eines nicht geringen Teils des TAZ-Forenpublikums hier.

    • @guzman:

      Ja, schon ein bisschen irre. Wobei ich ein bisschen Hoffnung habe, dass einige bloß zum provozieren hier Kommentare reinschreiben, herumtrollen. Aber groß ist meine Hoffnung nicht. Die wenigsten ziehen Konsequenten aus dem, was sie sich an Wissen aneignen. Leider.

  • Die „gefühlte Temperatur“ ist 54 Grad.

    Wie ist denn die tatsächliche Temperatur?

    • @Alexander Schmidt:

      Wir leben abwechselnd in Thailand und Deutschland - den gesamten April durch hatten wir im Raum Khao Lak/Phuket 35-38 Grad, an einigen wenigen Tagen ging es auch auf 39 und 40 hoch.



      Soweit, so normal für April.



      Die Luftfeuchtigkeit war dieses Jahr tatsächlich belastend, der April ist zwar immer der heißeste Monat im Jahr, aber im Normalfall eben noch recht trocken - dieses Jahr hatten wir sehr oft enorme Quellbewölkung die über den Tag zunahm und sich abends sehr oft in heftigen Gewittern entlud.



      Einhergehend war es auch stets windig und von daher realistisch gesehen erträglicher als so manche "tropische" Nacht in Berlin wenn die Luft steht...



      Im Hinterland, wo allerdings der Wind fehlte, mag das anders gewesen sein 🤷‍♂️



      Im normalen Alltag waren allerdings keine Änderungen auszumachen - Verkehr, Arbeit, Leben gingen ganz normal ihren Gang - was das Leben deutlich mehr belastete waren in Nordthailand die Reisbauern, die durch das Abfackeln ihrer Felder wochenlang die Luft unerträglich machten - die Auswirkungen davon waren über hunderte Kilometer bis Bangkok deutlich sicht- und messbar.

      • @Farang:

        Ja, warum nicht? Lasst uns Alle einfach so weiter machen und kräftig Treibhausgase in die Luft blasen. Um die Welt jetten, Tierprodukte essen, neue Autos ... Das bisschen Klimawandel. /Sarkasmus

        • @Uranus:

          Leider ist Dein "Sarkasmus" genau das, was wir seit Jahrzehnten tun. Aufwachen aus dem Traum von ewigem Wirtschaftswachstum und technischer Machbarkeit ist unbequem aber unvermeidlich. Da helfen keine herbeigezogenen Argumente.

    • @Alexander Schmidt:

      Laut verlinktem Artikel rund 45 Grad, die durch hohe Luftfeuchtigkeit als heißer empfunden werden, weil der Schweiß nicht verdunsten kann.



      Wie Dampfsauna und Trockensauna.

      • @Herma Huhn:

        Wobei man anmerken muß, daß selbst Temperaturen über 35 Grad bei einer Luftfeuchte von nahezu 100% über längere Zeit schon tödlich sein können, denn letzten Endes ist der menschliche Körper eine Wärmekraftmaschine, die aufgrund der Stoffwechselprozesse immer ein gewisses Maß an Kühlung braucht.

    • @Alexander Schmidt:

      "Wie ist denn die tatsächliche Temperatur?"



      Das war auch mein erster Gedanke.