Hitze in Indien: Vor dem Monsun

Die Regenzeit lässt im Westen Indiens dieses Jahr etwas auf sich warten. Das lässt die Menschen schwitzen und von kühleren Zeiten träumen.

Eine Frau hält einen Schal vors Gesicht

Wenn der Regen verspätet oder es besonders heiß ist, fehlt es in einigen Regionen Indiens an Wasser Foto: Idrees Mohammes/efe/epa

MUMBAI taz | Die blauen Planen sind wieder da. In den Straßen von Mumbai im Westen Indiens sind sie mit Bambusstangen über Kioske, Geschäfte und informelle Siedlungen gespannt. Die erste Welle der Dachreparaturen hat bereits begonnen. Die Äste vieler Bäume wurden in den vergangenen Tagen und Wochen von der Stadtverwaltung gestutzt, Abflussrinnen von Zweigen und Plastik befreit.

Jetzt fehlt nur noch der Regen. Während es in Teilen Nordindiens schon Abkühlung durch Schauer gab, ist es an der Westküste weiter heiß. Gefühlt noch heißer als es das Thermometer zeigt, denn die Luftfeuchtigkeit drückt. Ein unerträglicher Sommer, meinen viele. Dagegen hilft, was sich in den Kühlschränken vieler Kioske befindet: gewürzte Buttermilch, Limonade und „ORS“-Tetrapacks mit Salz, Zucker und Mineralien – die sogenannte Rehydratationstherapie.

Andere Kreislaufverstärker mit Traubenzucker seien ausverkauft, sagt der Mann in der kleinen Apotheke in Mumbais Vorort Bandra. Über ihm rattert ein Ventilator, eine Klimaanlage hat er nicht. Doch er nimmt es gelassen, mittags schließt er den Laden, ruht sich aus. Die neue Apotheke mit der Klimaanlage in der Straße hat kürzlich wieder geschlossen. Es braucht Ausdauer, um in Mumbai zu überleben.

Die laute Metropole kommt in diesen Tagen aber etwas zur Ruhe. So sind gerade weniger Straßenverkäufer zu sehen. Im heißen Frühsommer sind Schulferien, die Urlaubszeit hat begonnen, manche Mumbaier sind schon in ihre Heimatdörfer gefahren, um noch vor der Regenzeit die Felder zu bestellen. Und wieder andere meiden die besonders aufgeheizten Tage. In der prallen Sonne ist es einfach nicht auszuhalten. So manches beginnt und endet in der Zeit vor dem Regen früher. Mittags wird es dann selbst in lärmenden Großstädten wie Mumbai in manchen Straßen stiller.

An die Hitze gewöhnt

„In den letzten Tagen vor dem Monsun ist es schrecklich heiß“, sagt Bauunternehmer Pavan. „Aber ich mag die Zeit, um Besorgungen in der Stadt zu machen, denn es sind weniger Leute unterwegs, es gibt weniger Staus.“ An die Hitze hat er sich gewöhnt, weil er oft auf der Baustelle ist. Doch nicht alle nehmen es so gelassen. Vielen schlägt die Schwüle aufs Gemüt. Doch um den 12. Juni soll es endlich so weit sein, dann soll der Monsun Mumbai erreichen.

Wenn der Regen verspätet oder es besonders heiß ist, fehlt es in einigen Regionen an Wasser, wie gerade schon im 80 Kilometer entfernten Shahapur. Aus diesem Distrikt bezieht die Metropole Mumbai unter anderem ihr Trinkwasser. „Das obere Vaitarna-Reservoir in Shahapur ist ausgetrocknet und verfügt nur noch über eine Speicherkapazität von 12 Prozent“, ist als Warnung in der Zeitung zu lesen. Glücklicherweise erhält Mumbai noch Wasser aus anderen Stauseen und Dämmen. Dennoch droht nun eine Wasserrationierung. Davor warnt die Stadtverwaltung. Sie hat die Landesregierung bereits um die Freigabe von Wasserreserven gebeten, um die Lage bis zum Eintreffen des Monsuns zu überbrücken.

Wasser per Tankwagen

Nun kommt es darauf an, wann sich die Seen wieder mit Regenwasser füllen werden. Sonst muss zusätzliches Wasser per Tankwagen bestellt werden, doch leisten kann sich das nicht jeder. Umso größer wird die Sehnsucht nach dem Regen.

Für Swara neigen sich die Ferien langsam dem Ende zu. Mit Beginn des Monsuns geht es für die Elfjährige wieder zurück ins Klassenzimmer. Es war eine lange Sommerpause, die sie mit ihrem Cousin fast überbrückt hat. Gerade gehen sie selten zum Spielen nach draußen, weil es tagsüber noch zu heiß ist. Für Swara hilft da nur eines: Mehr Eis essen. Doch freut sie sich schon auf den Regen, dann kann sie wieder in den Pfützen Papierboote schwimmen lassen und ihre Freunde in der Schule treffen. Auch die Landwirte sehnen den üppigen Niederschlag herbei, damit in den kommenden Monaten alles wieder grün wird und blüht und sich auch die Stauseen füllen.

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Natalie Mayroth schreibt seit 2015 für die taz. Seit 2017 berichtet sie aus Indien und Südasien. Sie kam damals mit einem JournalistInnen-Stipendium nach Indien. In München absolvierte sie 2014 ihren Magister in Europäischer Ethnologie, Soziologie und Iranistik. Natalie Mayroth ist deutsch-iranischer Herkunft.

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