Ungewöhnlich große Luxusyachten: Ein Außenborder ist nicht genug
Motoryachten werden immer größer und immer teurer, doch die meiste Zeit liegen sie eh am Steg. Gekauft werden sie vor allem von älteren Herren.
Es gibt ja Szenekenner, die sagen, Motorboote seien „schwimmende Residenzen mit gelegentlich wahrgenommener Ablege-Option“. Da ist was dran, es erklärt auch ein bisschen, warum die Schiffe immer größer werden. Und da reden wir jetzt noch nicht von den Superyachten der Superreichen.
Denken Sie an all die vorzugsweise älteren Paare, die man hierzulande in den Häfen sieht, mit Kaffee und Buch in der Hand, auf einem Sitzkissen, die das Wochenende auf ihrem Schiff verbringen, das oft schon ein paar Jahrzehnte alt ist. Bei schönem Wetter sind sie oben an Deck, unten gibt es einen Salon mit Esstisch und kleiner Küche, im Vorschiff ein Doppelbett, dazwischen ein Klo, vielleicht sogar eine Nasszelle.
Sie haben dann eben keine Datscha am Stadtrand, wo sie jetzt Unkraut zupfen und womöglich sogar Gemüse anbauen müssten. Dafür schaukelt das Boot angenehm vor sich hin, man ist am Wasser, also glücklicher als zu Hause auf dem urbanen Sofa. Nachmittags fährt man vielleicht mal raus, für eine Stunde oder zwei, oder liegt mal irgendwo anders vor Anker und angelt.
Während der Pandemie boomte der Gebrauchtbootmarkt, da wurde alles verkauft, was noch schwamm, selbst Schiffe, die schon lange an Land standen. Man konnte ja nicht weg, raus wollte man aber trotzdem, heimatnaher Urlaub war wieder en vogue. Da half ein Boot. Und bis zu einer Leistung von 15 PS darf man Motorboote sogar ohne Führerschein fahren.
Länge läuft gut
Und jetzt? Mit dem Krieg in der Ukraine kam die Inflation, und die Liegeplätze sind auch knapp geworden. Kleinere Motorboote verkaufen sich nicht mehr so gut, vor allem solche, die weniger als 30 Fuß, also rund neun Meter, lang sind und damit per se noch als klein gelten.
Was mehr als 200.000 Euro kostet, läuft dagegen gut: „Motorboote über 40 Fuß, also zwölf Meter, liefern die beste Performance“, schreibt der Bundesverband Wassersportwirtschaft im neuesten Konjunkturreport. Wer soziale Abstiegsängste hat, länger darüber nachdenkt, was alles wie viel teurer geworden ist und was ihn die neue Wärmepumpe wohl kostet, kauft sich jetzt halt kein Boot mehr. Und die anderen leisten sich gleich was Größeres. „Menschen, die über ein höheres Barvermögen verfügen, gehen offensichtlich der Entwertung durch die Inflation aus dem Weg und investieren in ‚Schöne Dinge‘“, sagt der Branchenverband.
Der typische Motorbootbesitzer ist ein weißer Mann, 52 Jahre alt, verheiratet, Akademiker und Chef von irgendwas, also Geschäftsführer, leitender Angestellter oder Freiberufler. Dementsprechend hat er im Mittelwert auch ein frei verfügbares Monatseinkommen von 2.640 Euro und damit fast 500 Euro mehr als der Durchschnitt in der Tasche. Das jedenfalls ist das Ergebnis der jüngsten Ausgabe von Europas größter Marktstudie, für die fast 2.500 Leser:innen des Branchenmagazins Boote befragt wurden.
Rund zwei Drittel davon sind Eigner eines Bootes und ein Drittel hat für ein neues Schiff immerhin mehr als 100.000 Euro ausgegeben. Auch Gebrauchte dürfen deutlich mehr Geld kosten als früher: Wollten 2018 bei der gleichen Studie die Befragten noch etwa 70.000 Euro für ein gebrauchtes Motorboot ausgeben, so waren es 2022 schon über 90.000 Euro. Und auch hier zeigt sich: Länge läuft. Die Zahl derer, die ein Schiff von mehr als zehn Metern haben, nimmt in den letzten Jahren zu.
Was die Bootstypen angeht, so wird es schnell ein bisschen unübersichtlich. Angefangen hat ja vieles mit den „Runabouts“ in den fünfziger und sechziger Jahren, offene Sportboote aus Mahagoni mit einem tief blubbernden Innenborder, mit viel Chrom, Panoramascheibe und Cabrioverdeck, mit weißen Ledersesseln, einer Liegefläche und schlank auslaufendem Heck. Stammten sie von der italienischen Riva-Werft, waren sie der Liebling des Jetsets jener Zeit – Sean Connery, Brigitte Bardot und Sophia Loren besaßen so ein Boot.
Heute gibt es beispielsweise „Bowrider“ ohne Kajüte, dafür mit einer Liegefläche vorne. Bleibt man im Klischee, kann der Eigner damit am Wochenende also erst die Freundin und die Kumpels, später auch die Kinder ausfahren. Es gibt aber auch Boote mit Schlupfkabine ohne Stehhöhe und zwei Schlafplätzen im Vorschiff („Cuddy Cabin“), es gibt Yachten, die eine Art Aussichtsplattform mit zweiten Steuerstand haben („Flybridge“), es gibt komfortbefreite, laute Rennboote als Porsche-Ersatz, die „Powerboats“ heißen, und „Weekender“, bei denen Schlafkojen, Toilette oder Bad, Kocher, Spüle und Kühlschrank zum Standard gehören. Und so weiter.
Schlauchboote sind beliebt, Megayachten auch
Steigender Beliebtheit erfreuen sich gerade RIBs, also „Rigid Inflatable Boats“, Schlauchboote mit Feststoffrumpf, die früher eher Arbeitsboote und Stiefkinder waren, jedoch mit ihrem Außenborder übers Wasser hüpfen können.
Megayachten fangen heutzutage erst so ab 60 Metern an und sind sehr luxuriös ausgestattet. Sie brauchen aber auch allerlei professionelles Personal, das bisweilen eher ausgebeutet wird. Unter einer Million Euro pro Meter geht hier in der Anschaffung gar nichts. Von den zehn größten Megayachten der Welt – sie sind mindestens 146 Meter lang – wurden übrigens sechs bei der Lürssen-Werft gebaut, am Rande des ursozialdemokratischen Bremen.
Schlendert man über die Boot in Düsseldorf, die weltgrößte Bootmesse, so sieht man zwei große – gegenläufige – Trends, besonders, was die Motoren angeht: Inzwischen bietet fast jeder große Hersteller auch Elektromodelle an, allerlei Werften wollen in ein paar Jahren nur noch Elektroboote bauen. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation hat das Ziel ausgegeben, die Treibhausgasemissionen des Seeverkehrs bis 2050 um 50 Prozent zu reduzieren, verglichen mit 2008. Hinzu kommt, dass Motorboote auf den meisten Binnenseen verboten sind – für Elektroboote gelten bisweilen andere Regeln.
Trotz aller betonten Nachhaltigkeit gibt es aber auch immer mehr immer größere Schiffe mit immer stärkeren Motoren: Zwölf Zylinder in einem Außenborder sind heute kein Problem mehr und 600 PS auch nicht. Der Hersteller Mercury hat vor einer Weile einen vorgestellt. Warum? Der Markt, Sie wissen schon: „Die Boote werden immer größer und die Leistungserwartungen steigen“, sagt der Hersteller und dass die Nachfrage „sehr stark“ sei. Was so ein Motor an Sprit verbraucht? Dazu schweigt der Hersteller diskret.
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Der Verbrauch wird auf Booten meist in Stunden und nicht in Kilometern oder Seemeilen gemessen. Und für eine Stunde Fahrt rechnet man, grob gesagt, pro PS mit einem Verbrauch von 0,21 Litern bei einem Diesel und 0,29 Litern bei einem Benziner. Das wären bei 600 PS und Vollgas über 170 Liter in der Stunde. Ein 20 Tonnen schweres, 13 Meter langes Fahrtenboot kann man bei einem gemütlichen Reisetempo von etwa zehn Stundenkilometern aber mit etwa acht Litern die Stunde bewegen.
Über haben muss man das Geld allerdings schon. Im Allgemeinen muss man damit rechnen, dass die laufenden Kosten eines Bootes bei zehn Prozent des Neupreises liegen, also: pro Jahr. Man kann aber schon sparen. Wenn man sein Unterwasserschiff selbst schleift und streicht.
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