Umweltprotest gegen Siemens: Aktivistin stiehlt Kaeser die Show
Bei einer Veranstaltung stürmt eine junge Frau die Bühne. Sie hält eine kurze Rede und singt. Der Siemens-Chef demonstriert Gelassenheit.
dpa | Vor einem Auftritt von Siemens-Chef Joe Kaeser bei einem Wirtschaftsempfang ist eine junge Klimaaktivistin auf die Bühne gestürmt. Sie strich sich am Montagabend in Berlin grüne Farbe auf die Wange und hielt eine kurze Rede. Eine andere Welt sei möglich, eine Welt von Solidarität und Verantwortung, sagte sie auf Englisch beim Jahresempfang des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft in Berlin. Kaeser ließ sie zunächst gewähren, ein Sicherheitsmitarbeiter brachte sie dann nach wenigen Minuten unter Applaus von Zuhörern von der Bühne. Die Aktivistin sang beim Weggang das Lied „I Will Survive“.
Kaeser erklärte anschließend, er hätte der jungen Frau gern angeboten, mit an Lösungen gegen den Klimawandel zu arbeiten. Seine Tür sei offen. Besorgnis sei das eine, Lösungen das andere. „Wir müssen die jungen Menschen an den Tisch bringen. Es ist ihr Leben, es ist ihre Generation, und es ist ihre Zukunft. Aber alleine durch Protestieren am Freitag wird sich das nicht ändern“, sagte Kaeser mit Blick auf die Bewegung Fridays for Future.
Der Siemens-Chef fügte hinzu, es wäre gut gewesen, wenn die junge Frau dageblieben wäre und vielleicht noch 50 oder 100 andere mitgebracht hätte: „Weil das, meine Damen und Herren, hier der Platz ist, wo Menschen jeden Tag frühmorgens aufstehen und einen Job zu erledigen haben“, sagte Kaeser vor rund 3.000 Zuhörern. „Die stellen sich eben nicht hin und sagen, was alles schlecht ist, sie haben eine ganz klare Meinung darüber, was zu tun ist.“
„Derartige Störungen lassen sich nicht verhindern“
Ein Sprecher des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft sagte mit Blick auf die Aktivistin: „Derartige Störungen lassen sich nicht verhindern. Unserem Verband ist an einem offenen Unternehmerdialog gelegen, deshalb haben wir die Aktivistin auf der Bühne in angemessenem zeitlichen Rahmen reden lassen.“
Kaeser steht bei Klimaschützern in der Kritik. Hintergrund ist ein geplantes Bergbauprojekt des indischen Industriekonzerns Adani in Australien. Umwelt- und Klimaschützer – darunter die Fridays-for-Future-Bewegung – protestieren vehement gegen eine Siemens-Zulieferung für das riesige Kohlebergwerk.
Kaeser hatte der Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer vor zwei Wochen einen Sitz in einem Aufsichtsgremium des künftigen Unternehmens Siemens Energy angeboten – was Neubauer ablehnte, weil sie Siemens dann nicht mehr unabhängig kommentieren könne.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert