Umsturzpläne von Reichsbürgern: Mehr Sicherheit für den Bundestag
Kanzler Scholz ist besorgt über Verbindungen zwischen AfD und Reichsbürgern. Sicherheitsvorkehrungen im Bundestag sollen verschärft werden.
Die wichtigste Konsequenz aus der Razzia sei, „dass alle wissen, dass wir einen wehrhaften Staat haben und eine wehrhafte Demokratie sind“, sagte Scholz nach einem Treffen mit der Regierungschefinnen und -chefs der Länder. Die deutschen Sicherheitsbehörden seien in der Lage, Rechtsverletzungen dieser Art „zu durchkreuzen“.
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der im Frühjahr selbst ins Visier von Entführungsplänen von Reichsbürgern und Querdenkern geraten war, betonte die Wehrhaftigkeit der Demokratie. „Ich finde es wichtig, dass der Staat reagiert“, sagte er in der RTL/ntv-Sendung „Nachtjournal spezial“. „Demokratie ist wehrhaft. Wir lassen uns das nicht bieten.“
Am Mittwoch waren Polizei und Generalbundesanwalt bundesweit gegen ein mutmaßliches Terror-Netzwerk aus Reichsbürgern vorgegangen, die einen gewaltsamen Umsturz geplant haben sollen. 25 Menschen wurden dabei festgenommen. Unter ihnen war auch die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann.
Sicherheitsvorkehrungen im Bundestag anpassen
Es gebe bei dem Reichsbürger-Netzwerk „offenbar eine Verbindung zur AfD-Fraktion“, sagte Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir werden für den Bundestag genau prüfen, welche Sicherheitsvorkehrungen wir anpassen müssen und das Thema in allen entscheidenden Gremien behandeln.“
Der SPD-Innenexperte Sebastian Hartmann forderte, dass dringend Malsack-Winkemanns Kontakte in den Bundestag überprüft werden müssten. „Ich gehe davon aus, dass sie auf Hilfe von innen hoffte bei ihren Umsturzplänen“, sagte er der Funke-Gruppe. Der Bundestag solle auch sein Sicherheitskonzept „insgesamt“ überprüfen, forderte Hartmann. Unter anderem müssten „die Sicherheitsüberprüfungen der Mitarbeitenden und Zugangsberechtigten“ überarbeitet werden.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) wollte sich auf Funke-Anfrage nicht konkret zu möglichen Verschärfungen der Sicherheitsvorkehrungen äußern. „Die Bundestagspolizei stand und steht im ständigen Austausch mit der Berliner Polizei und anderen Sicherheitsbehörden“, sagte sie. „Möglicher Änderungsbedarf bei der Sicherheit des Bundestages wird fortlaufend intern evaluiert und dann gegebenenfalls unverzüglich umgesetzt.“
Die Unionsfraktion im Bundestag will ihrerseits aufklären, ob und wie im Zusammenhang mit der Razzia Ermittlungsinterna unerlaubt weitergegeben und veröffentlicht wurden. Zu den Ermittlungen gegen die Reichsbürger-Gruppe habe die Fraktion eine Sondersitzung des Rechtsausschusses für Montag beantragt, berichtete das Internetportal t-online. Darin sollten sich Bundesregierung und Generalbundesanwalt äußern. „Durchgestochene Ermittlungsinterna gefährden die Ermittlungen und schaden dem Rechtsstaat“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings (CDU).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland