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Umstrittenes SteinkohlekrafterkVattenfall will Moorburg stilllegen

Der Betreiber bietet Abschaltung im nächsten Jahr an. Denn wegen Umweltauflagen und höherer CO2-Preise ist das Kraftwerk nicht wirtschaftlich.

Sind jetzt nicht mehr die einzigen, die Moorburg stilllegen wollen: KlimaaktivistInnen auf der Elbe Foto: Georg Wendt/dpa

Hamburg dpa/taz | Der Betreiber Vattenfall will das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg im nächsten Jahr stilllegen. Dazu habe sich Vattenfall an einer Auktion der Bundesnetzagentur zur Stilllegung von Kraftwerkskapazitäten beteiligt, teilte das Unternehmen am Freitag, 4. September, mit. In einer ersten Runde hat die Bundesnetzagentur 4.000 Megawatt Kraftwerkskapazität in Norddeutschland ausgeschrieben, die gegen eine Entschädigung stillgelegt werden sollen. Die Agentur will Anfang Dezember das Ergebnis der Ausschreibung bekannt geben.

„Es ist eine schwere Entscheidung, weil es ein junges, hocheffizientes Kraftwerk ist“, sagte Vattenfall-Chef Magnus Hall der Süddeutschen Zeitung. Auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei das nicht leicht. „Wenn man aber andererseits Geld damit verliert, muss man etwas tun.“

Das Kraftwerk besteht aus zwei Blöcken mit einer Leistung von jeweils gut 800 Megawatt und ist offiziell seit 2015 in Betrieb. Es ist eines der modernsten und effizientesten Kohlekraftwerke in Deutschland und sollte eigentlich bis 2038 am Netz bleiben. Das Kraftwerk kann bis zu elf Terawattstunden Strom pro Jahr erzeugen und stößt bei voller Last jährlich rund acht Millionen Tonnen CO2 aus. Im vergangenen Jahr waren es 4,7 Millionen Tonnen.

Ob Moorburg bei der Auktion der Bundesnetzagentur den Zuschlag erhält, ist offen. Die Agentur muss nicht nur die Höhe der Entschädigung berücksichtigen. Hier würde derjenige Bewerber den Zuschlag erhalten, der die geringste Summe fordert. Wichtig ist auch der CO2-Ausstoß. Da hat Moorburg als modernes Kraftwerk eher bessere Werte je erzeugter Stromeinheit als ältere Mitbewerber. Zudem spielt die Versorgungssicherheit eine Rolle.

Moorburg ist seit vielen Jahren ein Zankapfel in der Hamburger Politik. Das Kraftwerk wurde Mitte der Nuller-Jahre geplant und fiel auf Wunsch des damaligen CDU-Senats unter Ole von Beust doppelt so groß aus wie zunächst vorgesehen. Den Grünen gelang es später in Senatsverantwortung aus rechtlichen Gründen nicht, den Bau zu stoppen, wie sie es zuvor angekündigt hatten. In Betrieb genommen wurde Moorburg offiziell 2015.

Erfolgreiche BUND-Klage gegen Kühlwasser-Nutzung

Die geplante Nutzung als kombiniertes Strom- und Wärmekraftwerk für die Hamburger Fernwärmeversorgung kam allerdings nicht zustande, so dass Moorburg heute vorwiegend Strom produziert. Zudem darf das Kraftwerk als Folge einer Klage des BUND zur Kühlung nur geringe Mengen Wasser aus der Elbe verwenden; diese Entscheidung wurde in dieser Woche vor Gericht noch einmal bestätigt.

Beides wirkt sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit aus und dürfte damit für die Bewerbung um eine frühe Stilllegung eine wichtige Rolle gepielt haben. Zudem hat der gestiegenen Preis für CO2-Zertifikate die Wettbewerbsfähigkeit von Kohlekraftwerken in letzter Zeit deutlich verschlechtert.

Der BUND begrüßte die Entscheidung in einer Stellungnahme. „Die Abschaltung von Norddeutschlands größtem Klimakiller ist überfällig“, erklärte Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Zwei Tage nachdem Vattenfall erneut eine herbe Schlappe vor Gericht erlitten habe, kommen die Entscheidung kaum überraschend, so Braasch. „Sie zeigt, dass das Kraftwerk nur unter Inkaufnahme enormer Umweltschäden wirtschaftlich zu betreiben ist.“ Auch die SchülerInnen-Bewegung Fridays for Future äußerte sich zufrieden. „Die dreckigsten Energieträger stehen vor ihrem Ende“, kommentierte FFF die Entscheidung auf Twitter.

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3 Kommentare

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  • Ja, lieber neue effiziente Kraftwerke abschalten, als alte. Siehe auch artikel über CO2-Emissionen bei Stromproduktion. Eine Frage ist auch, warum das mit der Fernwärmeauskopplung nicht geklappt hat. Waren da auch wieder überzeugte Antis am werke?

  • Das ist wieder mal typisch: Diejenigen, die am lautesten „Marktwirtschaft“ und „Deregulierung“ schreien sind die Ersten, die die Hand aufhalten wenn‘s Steuerknete abzugreifen gilt.



    Wenn der Betrieb Geld verbrennt ist, sollen sie den Betrieb doch einstellen. Ohne Entschädigung.