Umstrittene Energieabgabe: Die Gasumlage kippt
Die Bundesregierung will in Kürze eine Lösung präsentieren, um die hohen Gaskosten zu senken. Um die Finanzierung wird noch gerungen.
taz | Die umstrittene Gasumlage steht vor dem Aus. Stattdessen können Kund:innen auf eine Preisbremse hoffen. Ob die Umlage vor der Einführung am kommenden Samstag abgeschafft wird, konnte die Bundesregierung am Montag nicht beantworten. „Es wird unter Hochdruck an einer Gesamtlösung gearbeitet“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner.
Unklar ist, was mit der geplanten Mehrwertsteuersenkung auf Gas geschieht und wie die Preisbremse aussehen wird. Diese Fragen seien Teil der Gesamtlösung, so Büchner. Wann die steht, ist offen. „Ich hoffe, in wenigen Tagen“, sagte er.
Die Gasumlage soll nach jetzigem Stand am 1. Oktober eingeführt werden. Millionen von Gaskund:innen haben schon entsprechende Mitteilungen von ihren Versorgern bekommen. Privathaushalte und Unternehmen sollen 2,4 Cent pro Kilowattstunde Gas zusätzlich zahlen. Mit den eingenommenen 34 Milliarden Euro sollten die Energiekonzerne Uniper, VNG und die Gazprom-Germania-Nachfolgerin Sefe gerettet werden. Sie sind in Not geraten, weil sie zu enormen Preisen Ersatz für ausbleibende russische Lieferungen kaufen müssen, um Verträge zu erfüllen.
Weil die Unternehmen bereits oder bald in staatlicher Hand sind, hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rechtliche Bedenken gegen die Umlage, die als Sondersteuer gewertet werden könnte. Das sieht Bundesfinanzminister Christian Lindern (FDP) zwar anders.
Doch auch er will die Umlage mit Hinweis auf die hohe Kostenbelastung für Kund:innen stoppen. Außerdem will er eine Preisbremse einführen. Hintergrund dürften die immer lauter werdenden Stimmen aus der Industrie sein, die nach staatlichen Maßnahmen zur Preisbegrenzung rufen. Auch die SPD will die Umlage nicht mehr. Eine Strompreisbremse hat die Regierung bereits beschlossen, aber noch nicht auf den Weg gebracht. Sie wartet Entscheidungen dazu auf EU-Ebene ab.
Gaspreise sollen sinken
Ohne Gasumlage muss das Geld für die Rettung anders aufgebracht werden. Die Regierungsparteien ringen heftig um die Finanzierung. Die Grünen wollen Mittel aus dem Bundeshaushalt bereitstellen. Das würde bedeuten, dass die Schuldenbremse gelockert werden müsste. Das will Lindner bislang nicht. Er könnte darauf bestehen, Mittel aus dem Klimafonds zu nehmen, den die Ampel auflegen will – was die Grünen strikt ablehnen. Die SPD plädiert für die Einrichtung eines Sondervermögens. Die Grünen würden das wohl mittragen. Das Sondervermögen hätte den Vorteil, dass das erforderliche Geld noch in diesem Jahr aufgenommen werden könnte, sagte SPD-Chefin Saskia Esken. Wegen der Coronakrise ist die Schuldenbremse in diesem Jahr noch ausgesetzt.
In der Bundesregierung herrsche Einigkeit darüber, dass die Gaspreise sinken müssten, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. In rund einem Dutzend europäischer Länder gibt es bereits staatliche Preisdeckel. Dabei bekommen Kund:innen für einen bestimmten Verbrauch einen subventionierten Preis. Überschreiten sie dieses Budget, wird der hohe Marktpreis fällig.
Ob Kund:innen die Gasumlage zunächst zahlen müssen, ist offen. Sie tritt zwar am 1. Oktober in Kraft, Habeck hat aber vor Kurzem die Fälligkeit auf den 31. Oktober geschoben.
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