piwik no script img

Umgang mit Frauen in der PolitikMehr als Elternbeirat

Patricia Hecht
Kommentar von Patricia Hecht

Ob sie denn wisse, was auf sie zukommt, wurde die neue SPD-Vorsitzende Esken von einem Journalisten gefragt. Das ist so herablassend wie typisch.

Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die neuen Vorsitzenden der SPD Foto: Mika Schmidt/imago images

M an könnte das Verhalten des Journalisten Christoph Schwennicke schlicht als das eines Mannes beschreiben, der sich nicht zu benehmen weiß. „Ich weiß gar nicht, ob Sie sich im Klaren darüber sind, was auf Sie zukommt“, kanzelt er am Sonntagabend bei „Anne Will“ die designierte SPD-Vorsitzende Saskia Esken ab. „Das höchste Amt, das Sie innehatten, war nicht in einer Partei, sondern das einer Vizevorsitzenden im Landeselternbeirat.“

Doch davon abgesehen, dass diese Behauptung auch noch falsch ist – die herablassende Verachtung, die Schwennicke der 58 Jahre alten Informatikerin und ausgewiesenen Digitalexpertin entgegenbringt, ist symptomatisch für einen Umgang mit Frauen in der Politik, den die Hauptstadtpresse seit Wochen gekonnt vorführt: Frauen, die sich auf Posten wagen, die gesellschaftlich nicht für sie vorgesehen sind, werden dafür bestraft.

Das zeigt sich schon darin, dass Esken wie ihre Konkurrentin Clara Geywitz im überwiegenden Teil der Berichterstattung zunächst lange durch Abwesenheit glänzten. Während Norbert Walter-Borjans medial zu Olaf Scholz’ Gegenspieler hochstilisiert und als „Wirtschaftstheoretiker“ beschrieben wurde, fragten die einen „Saskia wer?“, während die anderen die beiden Frauen schlicht ganz ignorierten.

Längst sollte nun durchgesickert sein, dass Esken auch Positionen vertritt. Bei “Anne Will“ zeigte sie zudem, dass sie Typen wie Schwennicke leicht und sachlich etwas entgegensetzt: „Wenn wir immer nur erlauben, dass Menschen Parteien führen, die die letzten 20 Jahre nichts anderes gemacht haben, dann werden wir nie etwas verändern.“ Sie benennt, was die SPD braucht, um zu überleben: einen Neuanfang. Die Chance, den herbeizuführen, sollten ihr auch Menschen gönnen, die wie Schwennicke Politik so gar nicht von innen kennen.

Für die Zukunft könnte Esken es mit einem Aphorismus halten, der Gandhi zugeschrieben wird, ein geschlechterübergreifend geeignetes Vorbild: Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Patricia Hecht
Redakteurin Inland
war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erschien mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Ich finde auch, daß sich Esken und Borjan super auf der Oppositionshinterbank machen werden. Man soll ihnen die Chance dazu geben. Die SPD Schwergewichte werden aber an der Macht kleben, und weiter Politik machen wollen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @80576 (Profil gelöscht):

      Ein erstaunlicher Auswurf.

      SPD-Schwergewichte? Wer könnte wohl damit gemeint sein? Martin Schulz? Sigmar Gabriel? Andrea Nahles?

      Wer klebt von denen an der Macht? Oder meinten Sie die Herren Müntefering, Oppermann und Gerhard Schröder?

  • Herr Schwennicke hat immer nur Journalismus gemacht - Filterblase pur.



    Dann lieber eine frische Quereinsteigerin in der Politik.



    Sowas hat der Politik gefehlt - sowas fehlt aber genauso im Journalismusbetrieb.

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Es sitzen weltweit jede Menge Männer auf politischen Posten, die sie nicht ausfüllen können, sondern Unvernunft-(Testosteron?)-gesteuert ihr Land an die Wand fahren. Auch Frauen können das (zum Beispiel unsere Angela), aber meist schleichender und mit weniger Poltern... Der wartende Abgrund ist leider der gleiche!

  • In ihrem eigenen Wahlkreis Calw lag sie nur 3% vor dem AfD Kandidaten bei den Erststimmen. Bei den Zweitstimmen fiel sie sogar hinter die AfD zurück.

    Mir ist nicht ganz klar, wie solche Politikerinnen Wählerstimmen generieren können sollen.



    Und das ist ja nunmal die einzig echte Währung in der Politik.

    de.wikipedia.org/w...tagswahlkreis_Calw

    • 8G
      84935 (Profil gelöscht)
      @Frank Erlangen:

      Das sagt mehr über die Calwer aus, als über Esken! Ich bin nicht weit entfernt... Stockkonservative Gegend und der Direktkandidat der CDU ein Unsympath, der trotzdem gewählt wird, weil man hier halt CDU wählt, wenn man nicht noch weiter nach rechts rückt. Anti-Windkraft, Anti-Nationalpark, Anti-Wolf waren die lokalen Top-Themen der letzten 15 Jahre! Und die grünen Kreuze sprießen in der ausgeräumten Landschaft...

    • @Frank Erlangen:

      Damit hat sie den Eignungstest als SPD Chefin mit Bravour bestanden.

      • @FancyBeard:

        Würde ich auch behaupten.

        Vor der AFD zu liegen, davon träumen viele SPD-Kandidaten leider nur noch.

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Guter Kommentar!

    Der Eindruck war sowieso alle gegen zwei!

    Frau Esken und Herr Borjan haben fachlich, rhetorisch und intelektuell gut gekonntert.



    Was für die Halsschlagader(Puls) war Frau Münch, diese Mimik na,ja....



    Frau Will ist in ihrer Dar und Fragestellung immer noch auf Georg Schramm Linie.....!

    • @05158 (Profil gelöscht):

      Waaaas?

      “Das - Will ich jetzt aber nicht gehört haben - JA!!“ - um getzt mal meine Oma - Hera die Göttermutter - auch mal zu Wort kommen zu lassen. Gellewelle.

      unterm—— zur guten Krebsbutter -



      Diese - während Tochter auf Schwarzmarktreise Balin war - dem Essen - gut zu riechen - beigefügt hatte.



      Ein andermal. Newahr. Die sind

      • @Lowandorder:

        &Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - fragtsich

        “ Glückauf!







        Was meint RINGELNATZ1 da?



        Das! will ich mal erklärt bekommen.



        Vllt.: www.youtube.com/watch?v=nMq78mofX1E



        www.youtube.com/watch?v=Cqlyy7XMv1k - “

        kurz - Der Hut liegt im Ring…

        • 0G
          05158 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Ergänzung1:



          ...das war mit Linie(sprachlich) gemeint:

          www.youtube.com/watch?v=9sEWTn9fAsY

          • @05158 (Profil gelöscht):

            Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - Männeken

            “ Emotionale Pissrinne". Jetzt hammer`s. Dann wäre ja "im Sinne von Georg Schramm" der Chefredakteur des "Cicero"so ne Art "Schwennicke(n) Piss".

            kurz - Hat voll Riss! (W. Brösel) ohne Ende … 🥳

        • 0G
          05158 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          ...." das merke doch alle das hier was schief läuft..."

          ...."vieles lässt sich ändern, nur nicht die Menschen..."

          Doch!

          ...es is ä Simple...

          Ich arbeite noch mit meiner Dialekttrainerin an den Feinheiten....



          (übrigens die Krebsbutter;) macht mich so richtig fertig)

          ..." Der Hut steht als Kopfbedeckung dem geistigen Zentrum des Menschen nahe. Deshalb sind vielerlei Werte und Glaubensvorstellungen damit verknüpft, die sich redensartlich niedergeschlagen haben. .."

          roger, over and out!

          • @05158 (Profil gelöscht):

            Ok Ok - weil Sie‘s sind:

            Die Flußkrebse fing ollen Worrrrrster - * ein balkendeutscher Preußischer Oberförster Wurster in der Peißnitz(?) & Saale. Die Reußen machte ollen Krumpe - der sich zur Verzweiflung der grassierenden Diebe auf mittelalterliche Schlösser verstand - dem die Peletschonis zum Dank durchs Glasdachoberlicht in die Werkstatt schissen. (Rütsch war - wie passend ein begnadeter Kleptomane - oft brachte seine Mutter trotz Filzung durch unsere kripogestählte alte Dame - exFürsorgerin - ne Schere ein Messer etc zurück).



            Die über die Kochkünste ihrer Mutter -die ihr bei TBC den Arsch gerettet hatte - nur Spott übrig hatte. 'Aber in der Not…'



            &



            Hut? Aber Hallo. “Kiek dir ditte an.



            Die Olle uffjetakelt wie ne Frejatte…un dett Bams barfuß!“ In ihren diversen Hutschachteln fuhren wir Boot - die Panamaklatschhüte der 20er auf.



            Kunststück - war ihr Großvater doch Privatgelehrter & Hut&Putzmacher - klar betucht (frauman gingen im 19. Jahrhundert nicht ohne Hut).



            Mein Lieblingshut aber einer ala “Oh wie schön ist Panama“ Bär - schwarzer Samt mit schmalem grauen Band.



            &



            Uns Ollen kenn ich nicht ohne Hut.



            “Kiek di an - denn Ollen. Niijen Hout un all wedder verwohnt!“ (mein großes Bruderherz - über dessen Umgang mit mir (s.o.) * anmerkte: "Errr geht robbbbiggg mettt emmm ummm!“



            (Gefühlte 300 rrrr's!)



            &



            kurz - Uns beiden ist im vorgerückten Alter die Liebe für Hüte geblieben.



            Vom Out-door-Leder über Borsalino - Homburg bis Panama & Gärtnerhut etc



            … - ooch wieder klar - wa. 😎

            • 0G
              05158 (Profil gelöscht)
              @Lowandorder:

              Habe mittelschweren Rotz an der Backe(Nase).



              Diese literarischen Höhepunkte.."



              dem die Peletschonis zum Dank durchs Glasdachoberlicht in die Werkstatt schissen...."



              fördern eineindeutig den Genesungsprozeß!;)

              Das Wort Hut kommt genau einmal !vor:

              ..."Die Frau mit der Reiherfeder

              Ich weiß nicht genau,



              Warum ich so oft an die bleiche Frau



              Mit der weißen Reiherfeder denke,



              Mich immer in den Gedanken versenke:



              Wie könnte es werden, wie würde es sein,



              Wäre sie dein. – –



              Ich weiß es nicht und frage vergebens.



              Sie ist auf dem bunten Wege des Lebens



              Irgendwo still an mir vorüber gegangen,



              Die schöne Frau mit den bleichen Wangen.



              Sie hat mich mit kalten Blicken gemessen;



              Wir haben kein einziges Wort getauscht,



              Doch sie hat mich mit fremdem Zauber berauscht,



              Dass ich sie nimmer werde vergessen.



              Etwas wie sehnende, nagende Glut



              Will mir das pochende Herz zerreißen;



              Denk ich der bleichen Frau mit der weißen,



              Wehenden Reiherfeder am Hut.

              HGD

  • 0G
    06313 (Profil gelöscht)

    Also ich habe die Sendung gesehen und die Frage Schwennickes nicht als frauenverachtend empfunden. Darf die fachliche Kompetenz nicht infrage gestellt werden, sobald es sich um eine Frau handelt? Ich fand die Frage durchaus legitim und auch angebracht. Auch Borjans Kompetenzen wurden in der Sendung unter die Lupe genommen. Also, Frau Hecht, etwas mehr Objektivität und Sachlichkeit wäre hier angebracht.

    • @06313 (Profil gelöscht):

      Und wie will Herr Schwennicke beurteilen, was auf sie zukommt? Meines Wissens hat er bisher noch nicht mal einer Kleinstpartei vorgestanden. Aber seine Kompetenz wird natürlich nicht in Frage gestellt.

    • @06313 (Profil gelöscht):

      Welche fachliche Kompetenz benötigt mensch denn, um einer Partei ein neues Narrativ zu geben? Bestimmt nicht die einer Parteifunktionärin...

      • @rosa :

        Es geht nicht um welche Kompetenz der Kandidatin, es geht um die Wahrnehmung der Autorin. Wird jetzt ein Schuh drauß?

  • 7G
    75064 (Profil gelöscht)

    "Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du."



    Das wäre in der Tat eine 21 Jahre (Beginn der Kanzlerschaft eines gewissen Gerhard Fritz Kurt Schröder) währende traurige Geschichte der SPD mit Happy-End.



    Das Wetzen der Messer aus dem Seeheimerlager ist jedoch schon deutlich zu hören und fast die gesamte Deutsche Presselandschaft malt das apokalyptische Szenario an die Wand (ganz kurz sogar die TAZ); ich befürchte daher, dass das mit dem Gewinnen nicht funktionieren wird.

  • Guter Kommentar. Darüber habe ich mich gefreut. Zumal er diese unsägliche Frauen verachtende mediale Positionierung gegen Esken wirklich auf den Punkt bringt.

    • @Rolf B.:

      An welcher Stelle? Frau Esken hat sich prima geschlagen. Sie ist ja schliesslich nicht erst seit gestern auf dem politischen Parkett - was die Autorin leider auch zu übersehen scheint. Frau Esken ist aus der sog. 2.Reihe mit entsprechend mehr Vernetzung zur Basis und ich behaupte auch mal zur Realität ausgestattet, als jemand aus der noch bis neulich bestehenden Parteiführung. Zu viel Berlin, zu viel GroKo, zu viel Machterhalt um jeden(!) Preis. Das wird sichmit der Dame und dem Herrn doch bitteschön ändern.

    • @Rolf B.:

      sorry, Frauen verachtend ist das nicht; denn der Satz: "GroKo ist Mist" macht nur Sinn, wenn man nicht damit rechnet gewählt zu werden.

  • Wenn irgendein männlicher Hinterbänkler ohne jegliche Regierungserfahrung oder Erfahrung in der Debattenöffentlichkeit zu stehen die Parteiführung übernehmen würde, würde zu Recht die gleiche Frage gestellt werden.

  • Habe weder von dieser Esken, noch von diesem Walter-Borjans jemals etwas gehört oder gelesen. Weshalb die E. jetzt besser als der Typ sein muss, bleibt ein Geheimnis.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Hampelstielz:

      Ob Frau Esken und Herr Walter-Borjans je von Ihnen gehört haben?

      P.s. Geheimnisse lassen sich auch lüften. Sofern zuvor die eigene Kuppel ausreichend belüftet wurde.