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Umfragehoch für die Berliner SPDDer Auftrag lautet Rot-Rot-Grün

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Eine Mehrheit ist für Rot-rot-grün. Zugleich kommt die SPD mit einer konservativen Kandidatin auf Rekordwerte. Grund ist auch die Schwäche der Grünen.

Bunte Stadt und die Frau, die sie regieren will: SPD-Spitzenkandidatin Giffey auf Wahlkampftour Foto: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

E s ist schon bemerkenswert: Da fährt die Spitzenkandidatin der SPD, Franziska Giffey, ein Rekordergebnis nach dem anderen in den letzten Umfragen vor der Abgeordnetenhauswahl ein, in der jüngsten Civey-Statistik liegen die GenossInnen jetzt bei 25 Prozent und sind mit Abstand stärkste Kraft. Und auch Giffey selbst steigt weiter in der WählerInnen-Gunst, allen (längst vergessenen) Affären um Plagiate zum Trotz. Die Positionen der Spitzenkandidatin, vor allem in der Klima- und Verkehrspolitik, sind dabei deutlich konservativer als das, was die SPD bisher im rot-rot-grünen Senat umgesetzt hat.

Und dennoch, der Auftrag der WählerInnen lautet weiterhin, und zwar trotz der Begeisterung für Giffey: Rot-rot-grün. Zumindest wäre es die Koalition, die mit 56 Prozent die deutlichste Mehrheit der Stadbevölkerung hinter sich hätte.

Natürlich schließt Giffey bisher eine Neuauflage von Rot-rot-grün in Berlin nicht aus. Warum sollte sie auch – wo sie Grüne und Linke doch einfach noch ein wenig weiter betteln lassen kann, sie möge sich endlich zu ihnen bekennen. Giffey ist die starke Frau dieses Wahlkampfs, und sie hat andere Optionen. Dass die rechts von einem Links-Bündnis liegen, hat sie bereits klar gemacht: Ja zum U-Bahnausbau, Nein zum Enteignen-Volksentscheid, Ja zur autofreundlichen Innenstadt. Wer CDU wolle, solle doch bitte das Original wählen, bemühte sich deren Spitzenkandidat Kai Wegner bereits um Abgrenzung.

Der Wahltrend für Berlin

Die SPD liegt zwei Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl in Berlin am 26. September laut einer repräsentativen Umfrage in der Gunst der Wählerinnen und Wähler vorne. 25 Prozent würden demnach die Sozialdemokraten wählen, wie die Meinungsforscher von Civey für den Tagesspiegel ermittelt haben. Damit ist die Partei mit Spitzenkandidatin Franziska Giffey im Vergleich zu einer repräsentativen Umfrage aus dem August um fünf Prozentpunkte nach oben geklettert.

Die Grünen verloren laut Civey fünf Prozentpunkte im Vergleich zur August-Umfrage. Sie liegen aktuell bei 15 Prozent und damit auf dem vierten Platz nach der Linken und der CDU, die jeweils auf 16 Prozent kommen. Die AfD erreicht demnach neun Prozent, die FDP sieben Prozent. Rot-rot-grün hätte mit 56 Prozent eine deutliche Mehrheit. Auch Koalitionen aus SPD, Grüne und FDP sowie aus SPD, CDU und FDP wären möglich. (dpa, taz)

Viel wird gerade darüber diskutiert, ob die Berliner SPD eigentlich zu ihrer Spitzenkandidatin passe – Grüne und Linke verweisen, in ihrem zunehmend verzweifelt wirkenden Werben um Rot-rot-grün, auf die progressiven Kräfte in der Partei. Mit denen werde man schon reden können, nach der Wahl. Wie viel diese Kräfte noch mitreden dürfen (oder überhaupt wollen), wenn Giffey der SPD das Rote Rathaus holt, wird man aber erst noch sehen. Nun gut, die Hoffnung stirbt zuletzt.

Tatsache ist, dass Berlin deutlich konservativer regiert werden könnte, als eine Mehrheit, die für eine Neuauflage von Rot-rot-grün ist, das möchte. Das zeigt nicht zuletzt auch die bisherige (knappe) Umfragen-Mehrheit für den Enteignen-Volksentscheid.

Dass nur 30 Prozent der Befragten mit der bisherigen Arbeit der Koalition zufrieden sind, muss übrigens kein Widerspruch sein zu den 56 Prozent, die für ein links-grünes Bündnis sind. Man kann durchaus Kritikpunkte haben an der bisherigen Arbeit des Senats: zu zögerlich beim Klimaschutz, zu wenig Radwege gebaut. Und doch kann man davon überzeugt sein, dass es dieses Bündnis braucht.

Für 33 Prozent sind übrigens die Mieten das wahlentscheidende Thema. Und ausgerechnet da schaffen es die Grünen nicht, sich klar zu positionieren. Dass man dann irgendwann in der Bittsteller-Position ist, muss nicht wundern.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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2 Kommentare

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  • Vielleicht ist der Grund dafür auch., dass gewisse grüne bzw. linke Konzepte für gewisse alltägliche Probleme gescheitert sind? Dass die Mehrheit der Berliner zB die Vermüllung von Parks eben nicht cool und "berlintypisch" findet und die steuerfinanzierte Entsendung von "Parkläufern", die Erwachsenen erklären sollen, wofür Mülltonnen gut sind, eben nicht als optimale Lösung? Es sind genau solche Alltagsprobleme, die in Berlin seit Jahren völlig am Empfinden der großen Mehrheit und vor allem auch bewährten Lösungen vorbei nur verwaltet anstatt gelöst werden, die die Menschen umtreiben. Berlin ist gewissermaßen eine Stadt, in der eine letztlich kleine ultralibertäre Minderheit den Rest immer reaktionärer macht. Ich persönlich war zB auch immer gegen Videoüberwachung. Mittlerweile denke ich, dass sie wohl kaum schlimmer sein kann als 80 erwartbare Polizeieinsätze binnen weniger Monate im James-Simon-Park.

  • Wenn nur 30 Prozent der Wähler mit der Arbeit des bisherigen Senats zufrieden sind und die SPD an Zustimmung gewinnt, seitdem sich Frau Giffey auch inhaltlich gegen Pläne von r2g stellt, und Grüne und Linek gleochzeitig verlieren, warum lautet der Auftrag dann r2g?

    Für mich deutet das darauf hin, dass es offenbar immer mehr traditionelle Wähler des linken Parteienspektrums gibt, die nicht noch eine r2g senat wollen, sondern lieber rot-schwarz oder rot scharz gelb.