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Umfrage zur SozialpolitikAuch Konservative sind gegen Spekulanten

Links der Mitte kommen Forderungen nach sozialem Ausgleich am besten an. Aber auch unter Unions-Wähler*innen gibt es für einige Maßnahmen Mehrheiten.

„Miete runter – Drache hoch“: Demonstration gegen Verdrängung, Berlin, 23. 11. 2024 Foto: Florian Boillot

Berlin taz | Eine Mehrheit der Deutschen möchte, dass das Gesundheits- und das Bildungssystem durch mehr Investitionen gestärkt werden. Außerdem ist mehr als die Hälfte dafür, Spekulationen mit Wohnraum oder im Gesundheitswesen zu erschweren. Das hat eine repräsentative Umfrage ergeben, die das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag des grünen Europa-Abgeordneten Rasmus Andresen durchgeführt hat und deren Ergebnisse der taz exklusiv vorliegen.

Unter acht vorgeschlagenen Maßnahmen zum sozialen Ausgleich sollten die Befragten auswählen, welche sie „am meisten begrüßen würden“. Sie konnten mehrere Optionen auswählen, aber auch mit „keine davon“ antworten. Neben den drei genannten Top-Antworten gab es auch verhältnismäßig große Zustimmung zur gesetzlichen Deckelung von Energiepreisen und Managergehältern.

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Geringer fällt die Zustimmung zu einem Mindestlohn von 15 Euro in diesem Jahr beziehungsweise 16 Euro im nächsten Jahr aus. Am seltensten wurden mehr gemeinsame europäische Investitionen als Präferenz genannt. Weniger als 10 Prozent der Befragten stimmten für keinen der Vorschläge.

Zu manchen der Maßnahmen gibt es auch über das Mitte-Links-Lager hinaus große Zustimmung. So ist eine Mehrheit der An­hän­ge­r*in­nen von CDU/CSU für Energiepreisdeckel (52,4 Prozent) sowie für Investitionen in Gesundheit und Bildung (54,7 Prozent). Knapp die Hälfte von ihnen will zudem Spekulationen mit Wohnraum und im Gesundheitswesen erschweren.

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Unter Wäh­le­r*in­nen von SPD, Grünen und Linken ist die Zustimmung zu allen vorgeschlagenen Maßnahmen groß. Am deutlichsten sprechen sie sich dafür aus, gegen die Spekulation mit Wohnraum vorzugehen (75,1 bis 78,7 Prozent).

Umstrittene Deckelungen

Auseinander gehen die Einschätzungen zur Deckelung von Managergehältern: Bei den Linken-Wähler*innen sind 67,2 Prozent dafür, bei den Grünen-Wähler*innen bloß 45,9 Prozent. Größte Ausnahme ist der Deckel für Energiepreise: Nur 38,7 Prozent der Grünen-Anhänger*innen nannte ihn als Präferenz, aber 57,3 der SPD-Anhänger*innen und sogar 61,9 der Linken-Wähler*innen.

Auf der anderen Seite ist bemerkenswert, dass unter AfD-Anhänger*innen alle vorgeschlagenen Maßnahmen verhältnismäßig unbeliebt sind. Keiner der Vorschläge kam bei ihnen auf mehr als 50 Prozent. Nur jeweils ein Drittel nannte beispielsweise Maßnahmen gegen hohe Managergehälter oder gegen Immobilienspekulationen als Präferenz.

Nicht mal für Investitionen in Gesundheit und Bildung sprach sich mehr als die Hälfte der AfD-Wähler*innen aus. Dieser Wert liegt noch unter dem der FDP-Anhänger*innen (53,1 Prozent). Die in weiten Teilen neoliberale Programmatik der AfD in der Wirtschafts- und Sozialpolitik trifft also die Wünsche ihrer Anhängerschaft.

„Die soziale Spaltung hat sich in Deutschland in den letzten Jahren verschärft. Deshalb wundert es mich nicht, dass immer mehr Bun­des­bür­ge­r*in­nen wollen, dass der Staat handelt“, sagte der Abgeordnete Andresen im Gespräch mit der taz über das Gesamtergebnis. Die EU und die nächste deutsche Bundesregierung dürften das nicht ignorieren.

„Bemerkenswert ist auch, dass diese Maßnahmen nicht nur von Menschen befürwortet werden, die dem linken politischen Spektrum zuzuordnen sind“, sagte Andresen weiter. Er verwies auf die teilweise hohen Werte unter An­hän­ge­r*in­nen von CDU und CSU. „Das ist auch eine Nachricht an Friedrich Merz. Beim Sozialen muss er nachlegen!“, sagte Andresen.

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8 Kommentare

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  • Konservative Wähler wollen erhalten. Das trifft sich nicht mit Spekulation. Schwierig ist die Frag nach Managergehälten. Das müsste Top-Manager-Gehälter sein. Die Mittelschicht befindet sich in Teilen im Management und wählt eher konservativ?



    Auffällig ist natürlich, wie stark die Umverteilung ausgeprägt ist. Mir ist manchmal nicht klar, wie das finanziert werden soll? Dazu gibt es idR auch keine Angaben!



    Man muss halt bedenken, dass die Privatisierung von Krankenhäusern, öffentlichen Aufgaben (soziale Wohnbauten, Altersheime etc.) durch/mit der SPD vorangetrieben wurde.



    Klar ist es schön/wünschenwert, wenn diese Leistungen ohne Gewinnstreben erbracht würden. Das jetzt aber wieder zurück zu drehen, ist kaum machbar! Investitionsvolumen?



    Und auf immer weniger "Gutverdiener" kommen immer mehr "Geringverdiener / Rentner", die mitversorgt werden wollen. Gerne zum Nulltarif.

    Geholt wird das immer in der Mittelschicht. Noch keine Partei hat es anders gemacht. Und wenn eine ganz linke Regierung dran wäre, gäbe es die Sehr-Gut-Verdiener ja auch nicht mehr?

    15/16 EUR Std-Lohn: Gerne, aber Inflation steigt u. Wettbewerbsfkt. sinkt. Dann 17 EUR Inflationsausgleich ( u.Bürgergeld, Renten)

  • Ich erinnere mich an die Aussage einer ehemaligen Arbeitskollegin, deren Nichte in der Partei "Die Linke" aktiv war/ist: "Naja, was die erzählt hat ja Hand und Fuß, nur ist sie in der falschen Partei..." So oder so ähnlich erkläre ich mir das.

  • Ist es Ignoranz, Unwissen oder Heuchelei? Wie der Artikel zeigt, viele Menschen, auch Konservative wollen, dass mehr für die Menschen getan wird anstelle für Konzerne und Reiche und wer führt in den Umfragen? Zwei Parteien, die das Gegenteil machen.

    • @Ciro:

      Es gibt in Deutschland eine satte Mehrheit für mehr Umverteilung und besonders für mehr Gleichheit. Eigentlich sollte eine zumindest sozialdemokratische Mehrheit also ein Kinderspiel sein. Leider hat sich aber das linke Lager in Deutschland beschlossen das Migrationsthema äußerst einseitig zu bespielen. Hätten wir hier eine Sozialdemokratie nach dänischer Prägung mit mehr Umverteilung und Sozialstaat aber weniger Zuwanderung, hätten wir wahrscheinlich fast absolute Mehrheiten für die SPD.

      • @Šarru-kīnu:

        Die Zahlen von Flüchtlingen waren unter der Ampel rückläufig. Konservative. Marktradikale und Rechte vermitteln der Bevölkerung mit ihrer verlogenen Hetze das Gegenteil und heizen das Rassistische Klima an. Mit Arbeitslosen läuft das gleiche Spiel. Se suchen die Schuldigen auf der falschen Seite.

        • @Andreas J:

          Es geht der Bevölkerung schon lange nicht mehr nur darum, dass nur etwas weniger mehr neue Geflüchtete zusätzlich hinzukommen. Die Zahlen sind auch 2024 nur deshalb gesunken, weil 2023 ein ziemliches Rekordjahr war. Für sich allein betrachtet ist 2024 trotzdem noch das fünfthöchste Jahr aller Zeiten. Solche Erfolgsmeldungen kauft inzwischen wirklich niemand mehr ab.

        • @Andreas J:

          Das ist keine Frage der Zahlen

          Man stellt die Systemfrage.

          Die wird bei jedem mörderischen Vorfall virulent.

          • @rero:

            Dieses Jahr gab es schon einige Femizide. Wo wird da die Systemfrage gestellt?