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Umbau auf Wasserstofftechnologie stocktStahl bleibt erst mal grau

Der Stahlkonzern Arcelor stellt den „grünen“ Umbau des Bremer Stahlwerks infrage. Zugleich bringt eine CDU-Klage die öffentliche Förderung in Gefahr.

Wann hier CO₂-neutraler Stahl produziert wird, wird immer unsicherer: Stahlwerk Bremen Foto: Ingo Wagner/dpa

Bremen taz | Zwei große Container sollten Hoffnung verbreiten am Bremer Stahlwerk: Am 8. Oktober wurden darin zwei Einheiten eines Elektrolyseurs angeliefert, mit dem aus Wasser mittels „grünem“ Strom „grüner“ Wasserstoff gewonnen werden soll – eine Grundlage für die CO2-neutrale Stahlproduktion. „Der nächste Meilenstein“, feierte das Unternehmen die Anlieferung.

Nicht einmal zwei Monate später ist man auf dem Wasserstoffweg gefühlt ein paar Meilen zurückgeworfen. Es gibt, wieder einmal, schlechte Nachrichten für den Umbau des Bremer Werks zur klimaneutralen Stahlproduktion – und damit für die Zukunft des Werks selbst.

Eine echte Zusage für den Umbau des Werks hatte es von der Konzernspitze noch nie gegeben seit Bekanntgabe der Förderung. Nun legte ein Artikel aus einer belgischen Zeitung nahe, dass die belgische Konzernspitze nur an drei europäischen Werken in die Transformation investieren wolle; Bremen wurde dabei nicht genannt.

Der Konzern hat bereits reagiert und zum Teil entwarnt: Die Meldung sei falsch, es gebe noch keine Entscheidung für einzelne Standorte; die falle erst Anfang 2025. Nicht dementiert hat man, dass womöglich nicht alle Betriebe mit Förderzusage auch zeitnah umgerüstet werden sollen.

Mitten in die Standortfrage platzt in Bremen eine erneute Debatte um den Haushalt

Das sorgt für gewisse Nervosität in Bremen. Betriebsrat und IG Metall haben eine außerordentliche Betriebsversammlung für Dienstag geplant, der Vorstand soll dort eine Erklärung abgeben. Mit einer klaren Zu- oder Absage rechnet dort niemand. „Aber wir wollen für die Beschäftigten zumindest den Stand der Debatte abfragen“, so Ute Buggeln, Geschäftsführerin der IG Metall Bremen.

Mitten in die Standortfrage platzt in Bremen eine erneute Debatte um den aktuellen Haushalt. Die finanzielle Förderung des Landes für die Transformation des Stahlwerks (und ein paar andere Wasserstoffprojekte) wird dort nur über Kredite finanziert – trotz Schuldenbremse, es geht um 450 Millionen Euro. Nun steht infrage, ob das verfassungskonform war: Die CDU-Fraktion hat am Montag entschieden, Klage gegen den Haushalt einzureichen.

Dabei hatte die Oppositionspartei dem „Sondervermögen“ ausdrücklich zugestimmt – auch um das Stahlwerk zu retten. Empört zeigte sich die CDU dann aber, dass Rot-Grün-Rot über das „Sondervermögen“ hinaus noch andere Ausgaben im Haushalt über Schulden finanzierte.

Nur gegen diese anderen Punkte, sagt Jens Eckhoff, finanzpolitischer Sprecher der CDU, sei die Klageschrift gerichtet. Wenn der Haushalt 2024 vor Gericht verhandelt wird, könnte es dennoch sein, dass dort auch die Förderung des Stahlwerks verfassungswidrig auffällt. „Ich gehe mal davon aus, dass das Gericht viel um die Ohren hat und sich auf unsere Klagepunkte konzentriert“, sagt Eckhoff, gibt aber zu: „Ein Restrisiko bleibt.“

Wirklich entscheidend sei das aber nicht: Schließlich sei, Haushalt hin, Haushalt her, die Förderzusage bereits rechtsverbindlich gegeben worden. Im Zweifel „müsste das Geld eben an anderen Stellen eingespart werden“. Auch sei bereits sichergestellt, dass die Förderung jederzeit abgerufen werden kann, wenn der Konzern sich entscheidet: Die Millionen liegen bereits auf einem Treuhandkonto.

Viel Kritik an Klage der CDU

Buggeln kritisiert die Klage der CDU dennoch. „Einen guten Eindruck macht es auf den Konzern sicher nicht, wenn die CDU jetzt klagt“, sagt sie. Auch die Regierungsfraktionen kritisieren den Zeitpunkt kurz vor der Standortentscheidung.

„Eine laufende Klage könnte man auch überschreiben mit einer Botschaft an die Konzernleitung: ‚Hier bitte nicht‘“, so Sophia Leonidakis, Fraktionsvorsitzende der Linken. Und Philipp Bruck, finanzpolitischer Sprecher der Grünen, meint: „Dass die CDU beim Stahlwerk keinen Schaden anrichtet, nur weil sie es in der Klage nicht explizit erwähnt, glauben vermutlich nur ihre Abgeordneten selbst.“

Ob die Klage relevant wird, hängt noch an einer viel grundsätzlicheren Entscheidung von Arcelor Mittal: Im Raum steht die Überlegung, die Stahlproduktion in ganz Europa anders umzurüsten, als bisher geplant. Laut Branchenberichten würde der Konzern dann – vorerst an einzelnen Standorten – zwar von Hochöfen auf Elektrolichtbogenöfen, nicht aber auf Direkt­reduktionsanlagen (DRI) umstellen.

Arcelor forder Handelsschutz

Elektrolichtbogenöfen werden mit Strom betrieben und sparen Treibhausgase im Vergleich zur jetzigen Methode. Aber nur Direktreduktionsanlagen ermöglichen unter Einsatz von Wasserstoff eine CO₂-freie Stahlproduktion.

Sollte der Konzern bald bestätigen, dass DRI keine Option mehr sind, würden alle zugesagten Förderungen von EU, Bund und Ländern unwirksam.

Arcelor begründet seine Skepsis gegenüber der Wasserstoffumstellung mit fehlenden politischen Rahmenbedingungen – und nutzt die öffentlichen Überlegungen so auch als Druckmittel. Konkret fordert der Konzern unter anderem verlässliche Wasserstoffpreise und Handelsschutzmechanismen gegen billigen Stahl von außerhalb der EU. Thyssen Krupp hatte kürzlich mit ähnlichen Forderungen seine Umstellung auf „grünen Stahl“ in Zweifel gezogen.

Bei der IG Metall ruft man den Konzern dazu auf, Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig bietet die Gewerkschaft aber auch Argumentationshilfe gegenüber der Politik. „Wir brauchen einen Industriestrompreis“, stellt Buggeln klar. „China und USA fördern ihre Industrie massiv. Da mit Marktliberalismus mithalten zu wollen, ist einfach verrückt.“

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