Uli Hoeneß' Abschied: Auszug aus dem Schlaraffenland
Zum Abschied zeichnet Uli Hoeneß, der Noch-Präsident des FC Bayern München, ein leuchtendes Bild seines Vereins. Oliver Kahn wird Vorstandsmitglied.
So aufgeräumt hat man Uli Hoeneß lange nicht erlebt. Von einer tollen Aufsichtsratssitzung am Donnerstagabend erzählte er. Bis tief in die Nacht, bis um 23 Uhr, habe der Aufsichtsrat des FC Bayern München zusammengesessen, getrunken, gegessen und Zigarre geraucht.
Und für den scheidenden Präsidenten Hoeneß spiegelte dieser erlesene Kreis den formidablen Zustand seines Klubs wider. „Das ist ein Verein, der in sich ruht, der Spaß macht“, schwärmte er auf der Pressekonferenz am Freitag an der Säbener Straße, wo er noch einmal die Motive für seinen Rücktritt vom Präsidentenamt und vom Vorsitz des Aufsichtsrats darlegen sollte.
Wenn man Hoeneß über seinen Verein so referieren hörte, konnte man glauben, er berichte direkt aus dem Schlaraffenland. Das hatte damit zu tun, wie er erzählte, dass es ihm immer sehr wichtig gewesen sei, den FC Bayern in einem „Superzustand“ zu übergeben. Er berichtete also von den besten Umsatz- und Gewinnzahlen, die der Verein je in seiner Geschichte erwirtschaftet hat. Dazu attestierte er dem Klub einen sportlich sehr passablen Zustand.
Er habe nie verstanden, weshalb das Double im letzten Jahr so schlecht bewertet wurde, die Champions League könne man nun mal nicht so einfach gewinnen. Und für die Kritiker der Transferpolitik des Vereins hatte er eine interessante These parat: „Die größte Gefahr für den FC Bayern ist es, dass wir zu viele gute Spieler haben.“ Dann würden nämlich die Journalisten die unzufriedenen Bankspieler aufwiegeln.
So viel zur Bilanz der Vergangenheit. Um die Zukunft des FC Bayern, man ahnt es schon, muss sich auch niemand sorgen. Herbert Hainer, der den Aufsichtsrats-Chefposten von Hoeneß übernehmen soll, sei „absolut perfekt geschaffen“ für diese Position. Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich verfüge er über viel Erfahrung. Ein Mann, der jahrelang das Unternehmen Adidas erfolgreich geleitet habe, könne dieses Amt ebenso beim FC Bayern bekleiden. Dass der nur zwei Jahre jüngere Freund von Hoeneß nicht gerade für einen Generationswechsel im Klub steht, scheint Hoeneß für einen kleinkarierten Einwand zu halten. Er räumte zwar ein: „Leider Gottes ist er schon 65 Jahre“, ergänzte aber: „Mit 65 Jahren ist man aus der heutigen Genetik relativ jung.“
Und auch Oliver Kahn, der mit Beginn des kommenden Jahres zum Vorstand des FC Bayern gehört und 2022 die Nachfolge des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge antreten soll, ist in Hoeneß’ Augen bestens präpariert für seinen Job. Er habe ihn seit gut einem Jahr in seiner Tätigkeit als ZDF-Kommentator beobachtet. „Es war eine großartige Entwicklung zu sehen.“ Kahn hat einen Fünfjahresvertrag erhalten.
Uli Hoeneß trat dem vielfach verbreiteten Eindruck entgegen, er ziehe sich aus einer gewissen Verärgerung von seinen Ämtern zurück. Mit Rummenigge habe es keinen Zwist, sondern in Sachfragen unterschiedliche Auffassungen gegeben. Die Zusammenarbeit sei gut gewesen; ohne eine gewisse Streitkultur und Reibung könne man auch keinen Erfolg haben. Und die viel beklatschte Generalkritik des einfachen Vereinsmitglieds Johannes Bachmayer auf der letzten Jahreshauptversammlung war laut Hoeneß ebenfalls kein Grund für seinen Rückzug. Es sei ein Anstoß von mehreren gewesen, über seine Zukunft nachzudenken. Es wäre ein längerer Prozess gewesen.
Nach dem vielen Lob für den Klub und seine künftigen Führungsfiguren hatte Hoeneß auch ein wenig Lob für sich selbst übrig: „Ich wollte von niemandem auf der Welt aufgefordert werden, unten rechts meine Demission zu unterschreiben. Das ist mir meiner Ansicht nach großartig gelungen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe