München verliert in der Bundesliga: Großes Schweigen

Nach der Niederlage gegen Hoffenheim ist der Fluchtreflex beim FC Bayern groß und die zuletzt prächtige Stimmung völlig verflogen.

Philippe Coutinho guckt niedergeschlagen

Sag zum Abpfiff leise Servus: Bayern München nach der Niederlage gegen Hoffenheim Foto: reuters/Gebert

MÜNCHEN taz | Thomas Müller war der Erste, der um die Ecke bog und damit den Wettbewerb der pfiffigsten Ausreden eröffnete. „Nothing to say“, nichts zu sagen, übte sich der Offensivspieler des FC Bayern im Englischen. Es folgten Serge Gnabry („heute nicht“), Präsident Uli Hoeneß („einen schönen Abend“) und Niklas Süle, der auf die Frage, ob er etwas sagen wolle, antwortete: „Eigentlich nicht.“ Den ersten Preis griff schließlich Manuel Neuer ab. Er habe gerade „eine Japan-Runde“ hinter sich, verkündete der Kapitän – und deshalb war wohl schon genug erzählt nach dem 1:2 gegen die TSG Hoffenheim, der ersten Saisonniederlage des Rekordmeisters.

Es war ein zähes Ringen am Samstag in der Münchner Arena, hinterher, aber vor allem auf dem Rasen. Dass der Double-Sieger erst so richtig nach Schlusspfiff Ideen entwickelte, mag einen ganz einfachen Grund haben: Die Bayern waren nach der famosen zweiten Halbzeit beim Champions-League-Finalisten der vergangenen Saison, Tottenham, unter der Woche noch zu beseelt von ihrer Leistung, um sich wieder seriös auf den Bundesliga-Alltag einzustellen. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass einer internationalen Gala ein müder Kick in der Meisterschaft folgte. „Ein bisschen müde“ seien die Spieler gewesen, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der als Einziger nicht teilnahm am Ausreden-Contest. „Wir haben viele einfache Fehler gemacht“, gab er zu. Wie die, die zu den beiden Gegentoren von Sargis Adamyan führten.

Der 26 Jahre alte Armenier, der vor der Saison vom Zweitligisten Jahn Regensburg zu den Kraichgauern gekommen war, feierte am Samstag gleich doppelte Premiere: Es war sein erstes Bundesliga-Spiel in der Start­elf und es waren seine ersten Treffer in der höchsten Spielklasse. Bei Bayern hatte nur Bestand, dass Robert Lewandowski auch in der zehnten Pflichtpartie der Saison getroffen hat, zum zwischenzeitlichen Ausgleich.

Schweigsamer Ausklang des Oktoberfests

Dass die Stimmung beim offiziellen Oktoberfestbesuch des FC Bayern am Sonntag nicht ausgelassen sein würde, nahm Salihamidzic gelassen. „Das sind wir ja schon gewohnt“, sagte er. Auch in den vergangenen beiden Jahren war der Team-Ausflug auf die Wiesn getrübt gewesen, 2017 nach einem 2:2 gegen Wolfsburg, in der vergangenen Saison nach einem 0:3 gegen Mönchengladbach. Für Neuer, der außer zu japanischen Journalisten tatsächlich auch noch den vereinseigenen Medienkanälen Auskunft erteilte, ist das Ergebnis „ein Warnhinweis für uns, dass man nichts geschenkt bekommt“.

Vielleicht wird es ja nicht so heftig im vergangenen Jahr, als die Trainerfrage gestellt wurde

Ein Ausrutscher also nach 20 Bundesliga-Spielen saisonübergreifend ohne Niederlage? Vielleicht. Allerdings könnte es auch der Auftakt zur auch nicht ungewöhnlichen bayerischen Herbstkrise sein. Trainer Niko Kovac jedenfalls hat mit einem Satz über Thomas Müller kurz vor Spielbeginn für Wirbel gesorgt. „Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit seine Minuten bekommen“, sagte er bei Sky. Eine unglückliche Bemerkung, die viel Raum für Spekulationen lässt. Dazu kam ein Foto, das eine vielsagende Szene vor der Partie eingefangen hat. Co-Trainer Hansi Flick war sichtlich bemüht, einen traurigen Javier Martinez zu trösten. Der Spanier hatte wohl auf einen Startelf-Einsatz gehofft, aber Kovac zog wieder Corentin Tolisso vor – dass dies der Grund für Flicks Seelsorge-Aktivitäten war, liegt nahe. Salihamidzic sagte auf Nachfrage, er wisse jedenfalls nicht, dass den Mittelfeldspieler irgendetwas anderes als seine Reservistenrolle belasten würde. Nach dem unglücklichen Auftritt von Tolisso ist der Ärger von Martinez wohl kaum kleiner geworden.

Diese Vorkommnisse sind kein Beweis, dass es mit der Harmonie im Team doch nicht so weit her ist wie zuletzt betont. Womöglich hätte im Falle eines Sieges Müller die Diskussion in seiner gewohnt pointierten Art beendet, und auch für Martinez hätte es wenig Argumente gegeben zu hadern. Nun aber könnte es intern ein leichtes Grummeln geben. Es muss ja nicht so heftig kommen wie im vergangenen Jahr, als der Trainer infrage gestellt worden war und die Bayern in der Tabelle am Höhepunkt des Tiefs neun Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund hatten. Nach der Länderspielpause in der Partie gegen den FC Augsburg beginnt der nächste Härtest: für Kovac und den Mannschaftsfrieden.

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