Ukraine-Russland-Konflikt: Krieg? Wir doch nicht

Die Verhandlungen zwischen Russland und dem Westen blieben ohne Ergebnis. Der Druck aus Moskau wächst – auch auf die Ukraine.

NATO Generalsekretär Stoltenberg steht mit zwei russischen Ministern auf einem Podium, zwischen ihnen die Fahren der NATO, hinter Stoltenberg die Fahne Russlands

Gemischte Gefühle beim Gipfel: NATO-Chef Stoltenberg mit Kreml-Ministern Foto: ap

BERLIN taz/dpa/afp/rtr | Nach einer Woche intensiver Verhandlungen auf verschiedenen Ebenen stehen die Zeichen im Ukrainekonflikt weiterhin schlecht. Russland lehnt weitere Gespräche mit dem Westen vorerst ab. Die USA werfen der Führung in Moskau vor, einen Einmarsch in die Ukraine bereits konkret vorzubereiten.

Kremlsprecher Dmitri Peskow wiederholte Ende vergangener Woche nach drei Verhandlungsrunden die Aufforderungen an die Nato, auf jede weitere Erweiterung des Bündnisses zu verzichten. Russland besteht darauf, dass weder die Ukraine noch Georgien Mitglieder des westlichen Militärbündnisses werden dürften. Das widerspricht dem Selbstverständnis der Nato, die ihre Tore für alle berechtigten Antragsteller offenhalten möchte.

Zwar herrsche zwischen den Parteien ein gewisses Verständnis, meinte Peskow. Dennoch nannte er die Treffen „beunruhigend“. „Wir können sagen, dass wir uns auf unterschiedlichen, völlig unterschiedlichen Wegen befinden.“ Das sei nicht gut und fördere Gefahren.

Er hoffe daher, dass in allernächster Zeit eine Entscheidung gefunden werde, „da sich die Verhandlungen weder einen Monat noch ein Jahr hinziehen“ sollten. Auf die konkreten Vorschläge aus Moskau erwarte man „konkrete Antworten“, und zwar in schriftlicher Form, sagte Peskow und wiederholte die Einschätzung des Kreml, dass sich an der russischen Grenze extremer Druck aufgebaut habe. Die US-Unterhändler hatten demgegenüber einen längeren Prozess von Gesprächen vorgeschlagen, in dessen Mittelpunkt Rüstungskontrolle und die Einschränkung von Militärmanövern stehen sollten.

Moskau weist dem Westen die Schuld zu

Internationale Politik hat zurzeit geringeres Gewicht in Russland als früher. Sie mobilisiert keine nationalistischen Wellen mehr. Der Kreml versucht die Auseinandersetzung mit dem Westen in eine Frage der „strategischen Stabilität“ umzudeuten, um die ältere Generation noch zu erreichen. Der russische Truppenaufmarsch wird als Reaktion auf nicht näher ausgeführte Bedrohungen aus dem Westen dargestellt.

Diese Verdrehungen der Schuldzuweisungen entsprechen dem üblichen Vorgehen Russlands. Moskau übernimmt keine Verantwortung für eigenes Verhalten, auch wenn es in flagranti ertappt wurde. Auch Cyberangriffe auf ukrainische staatliche Websites in den letzten Tagen wies Peskow zurück. Russland werde vorgeworfen, selbst am schlechten Wetter schuld zu sein, meinte der Sprecher.

In der Nacht zum Freitag war die Ukraine Ziel eines massiven Cyberangriffs geworden. Der ­ukrainische Geheimdienst SBU erklärte, insgesamt seien 70 Webseiten der Regierung angegriffen worden. In zehn Fällen sei es zu „unbefugten Eingriffen“ gekommen. Auf der Webseite des Außenministeriums waren vorübergehend die Worte „Habt Angst und rechnet mit dem Schlimmsten“ in ukrainischer, russischer und polnischer Sprache zu lesen. Ukrainische Sicherheitskräfte vermuten die Urheber im Umfeld belarussischer Geheimdienste und des russischen Auslandsgeheimdienstes.

Am Freitag erklärte dann die Sprecherin des Weißen Hauses in den USA, Jen Psaki, Russland sei dabei, sich einen Vorwand für eine Invasion der Ukraine zu schaffen. In prorussischen Separatistengebieten seien Agenten mit Spezialausbildung in urbaner Kriegführung eingeschleust worden, um Sabotageakte zu verüben, für die Moskau Kiew verantwortlich machen wolle. Neben einer „Operation unter falscher Flagge“ sei die Basis für eine Desinformationskampagne gelegt, in der die Ukraine als Aggressor dargestellt werde. Kremlsprecher Peskow nannte dies am Sonntag „Fake News“.

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