piwik no script img

Ukraine-Krieg, Trump und seltene ErdenDonald Trump will Rohstoffe für Beistand gegen Russland

US-Präsident Trump knüpft seine Unterstützung für die Ukraine an die Lieferung von seltenen Erden. Die Idee hat mehrere Haken.

Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 chemischen Elementen, die in modernen Technologien verwendet werden Foto: David Becker/reuters

Kyjiw taz | US-Präsident Donald Trump fordert, dass die Ukraine in Zukunft die von den USA geleistete Hilfe mit Rohstoffen bezahlen soll. Laut Berichten des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Senders Suspilne und westlicher Nachrichtenagenturen interessiert sich die neue US-Regierung insbesondere für die sogenannten seltenen Erden, die in der Ukraine lagern.

Sie haben großartige seltene Erden

Donald Trump, US-Präsident

Trump möchte den Zugang der USA zu diesen strategischen Ressourcen sichern. „Ich möchte Sicherheit bei den seltenen Erden haben“, erklärte der Republikaner in Washington. „Wir investieren Hunderte Milliarden Dollar. Sie haben großartige seltene Erden.“

Dabei handelt es sich um eine Gruppe von 17 chemischen Elementen, die aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften in vielen modernen Technologien verwendet werden, zum Beispiel für Computerchips. Neu ist die Idee, westliche Hilfe mit Rohstoffen zu bezahlen, nicht.

Bereits im Oktober 2024 hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seinem „Siegesplan“ einen ähnlichen Gedanken geäußert. Damals erklärte er, dass die Ukraine über Rohstoffe wie Uran, Titan, Lithium und Grafit verfüge, deren Gesamtwert sich auf Billionen von US-Dollar belaufe. Der ukrainische Präsident hob hervor, dass es nicht hinnehmbar sei, wenn ausgerechnet Russland die Kontrolle über diese Ressourcen behalte.

Beryllium, Zirkonium und Tantal

Die Ukraine besitzt erhebliche Vorkommen an seltenen Erden und anderen Rohstoffen, darunter Beryllium, Zirkonium und Tantal sowie ein großes Vorkommen an Phosphaten und seltenen Metallen. Laut Schätzungen von 2023 beträgt der Gesamtwert der Bodenschätze des Landes bis zu 15 Billionen US-Dollar.

Laut Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko verfügt die Ukraine über die größten Lithium- und Titanvorkommen in Europa sowie über bedeutende Vorkommen anderer Rohstoffe. Lithium ist ein entscheidender Bestandteil für die Herstellung verschiedener Produkte, von Smartphones bis zu Kampfjets.

Auch in Deutschland wurde das Potenzial bereits erkannt: Zwar bedecke die Ukraine nur 0,4 Prozent der Erdoberfläche, verfüge aber über rund 5 Prozent der weltweiten Mineralressourcen, zitiert der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einer Ausarbeitung von 2023 die Vorsitzende des ukrai­nischen Geologenverbandes, Hanna Liventseva. Bei mehreren Rohstoffen rangiere das Land unter den ersten 10 der Welt.

Viele Ressourcen in besetzten Gebieten

Doch die Idee „Rohstoffe gegen US-amerikanische Hilfen“ hat einen Haken. Ein sehr großer Teil der begehrten Güter befindet sich in von Russland besetzten Regionen, den Gebieten Donezk und Luhansk. Russland, so der Sender Suspilne unter Berufung auf die kanadische Firma Secdev, hat ukrainische Gebiete erobert, in denen Energieressourcen, seltene Metalle und Mineralien im Wert von mindestens 12,4 Billionen US-Dollar liegen.

Trotzdem verfüge das Land noch etwa über 20 erkundete Felder mit strategisch wichtigen Rohstoffen wie Lithium, Grafit, Titan und Uran. Durchaus möglich, dass diese Rohstoffe weit unter ihrem Marktwert an die USA verkauft werden.

Die Ukraine hat auch weitere Rohstoffe: Das belagerte Land verfüge möglicherweise nach Russland über die zweitgrößten Erdgasvorkommen in Europa – 1,1 Billionen Kubikmeter nachgewiesene Reserven und bis zu 5,4 Billionen Kubikmeter, wenn wahrscheinliche Vorkommen einbezogen würden, so der wissenschaftliche Dienst. Die Ukraine sei auch eine potenzielle Supermacht bei der Produktion von Industriemetallen.

Sie verfüge über kommerziell relevante Vorkommen von 117 der 120 meistgenutzten Industrieminerale in mehr als 8.700 untersuchten Lagerstätten. Der Gesamtwert der Vorkommen – einschließlich Titan, Eisen, Neon, Nickel, Lithium und anderer wichtiger Ressourcen – könne zwischen 3 und 11,5 Billionen US-Dollar liegen, so der wissenschaftliche Dienst.

International traf der Vorstoß Trumps nur auf wenig Gegenliebe. Weitere Verteidigungshilfen für die Ukraine an Zugriffsrechte auf deren Rohstoffe zu koppeln „wäre sehr egoistisch, sehr selbstbezogen“, sagte der Bundeskanzler nach einem EU-Gipfel in Brüssel. „Es geht darum, dass die Ukraine ihren Wiederaufbau finanzieren kann“, so Scholz. Dafür solle man die Ressourcen des Landes nach dem Krieg nutzen. Andere Staatschefs äußerten sich ähnlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Nun, das Problem ist auch: Der Vormarsch der Russen dürfte diese Ressourcen auch in Zukunft immer weiter schmälern. Sollte der gesamte Donbas und ggf. noch Charkiw und Dnipro an die Russen fallen, dann hätten die Russen den größten Raubzug der Geschichte geschafft, was Ressourcen betrifft (außer vielleicht den Irakkrieg). Und die Ukraine wäre ruiniert.

  • Hm ok. Nicht Nett, aber er könnte weit schlimmere Bedingungen stellen.



    Und über einen Teil kann man ja verhandeln, er hat nicht gesagt das er alles will.



    Für mich klingt das ein bisschen so, als hätten die geguckt was der Ukraine jetzt nicht so sehr weh tun würde, aber womit er trotzdem seinen Anhängern was bieten kann, was er halt wieder für tolle Deals geschafft hat und so...

    • @Rikard Dobos:

      "Russland, so der Sender Suspilne unter Berufung auf die kanadische Firma Secdev, hat ukrainische Gebiete erobert, in denen Energieressourcen, seltene Metalle und Mineralien im Wert von mindestens 12,4 Billionen US-Dollar liegen."

      Wie man sieht, steht so und so nur ein kleiner Teil für Verhandlungen mit Trump zur Verfügung.