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Ugandas „Ghetto Präsident“Mundtot durch Polizeigewalt

Ugandas Oppositionspolitiker Robert Kyagulanyi wurde verhaftet und misshandelt. Als Rapper Bobi Wine gilt er als Hoffnungsträger.

Robert Kyagulanyi (Bobi Wine) nach seiner erfolgreichen Wahl ins ugandische Parlament Foto: ap

Goma taz | Sein Gesicht ist angeschwollen, seine Rippen geprellt oder gar gebrochen, die Niere geschädigt, er kann nicht laufen – so beschreibt es die Frau von Ugandas berühmten Oppositionspolitiker Robert Kyagulanyi, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Bobi Wine.

Der 35-jährige Rapstar war 2017 bei einer Nachwahl überraschend als der jüngste Abgeordnete ins Parlament gewählt worden. Seitdem mischt er Ugandas Politik gewaltig auf. Nicht nur in seinen Raptexten, sondern auch in seinen politischen Ansprachen wendet er sich direkt an Präsident Yoweri Museveni. In seiner Kritik gegen den 73-Jährigen, der das Land seit 32 Jahren unangefochten regiert, nimmt er kein Blatt vor den Mund. Das hat ihn jetzt fast das Leben gekostet.

Vergangene Woche waren im Bezirk Arua Anhänger von Bobi Wine mit dem Sicherheits­personal von Museveni aneinandergeraten. Sie sangen: „Bobi ist unser Präsident“. Es kam zum Gerangel, gegen das Präsidentenfahrzeug sollen Steine geflogen sein. Musevenis Leibwächter stürmten das Hotel, in dem Wine übernachtete, draußen fielen Schüsse, Wines Fahrer wurde dabei tödlich getroffen. Wine selbst wurde festgenommen, zunächst an einen unbekannten Ort verschleppt und übel zugerichtet. Inzwischen ist er wegen illegalen Waffenbesitzes und Landesverrats angeklagt – und sitzt jetzt im Militärgefängnis in Kampala.

Ugandas berühmtester Musiker war gerade drei Jahre alt, als sich der damalige Rebellenchef Museveni mit der Waffe in der Hand mit seiner Guerillaarmee an die Macht kämpfte. „Ich habe mein Leben lang nie einen anderen Präsidenten gesehen“, hatte Wine im Interview mit der taz kurz nach seiner Wahl zum Abgeordneten erklärt. Er steht symbolisch für knapp drei Viertel der Bevölkerung Ugandas: Sie sind jünger als 35 und haben vom Regime Museveni die Nase gestrichen voll.

Parlamentarischer Hoffnungsträger

„Ghetto Präsident“ wird Wine von seinen Anhängern genannt. Im Parlament vertritt er den armen Vorstadt-Slum Kamwokya, einen jener Vororte, wo die Jugendlichen arbeits- und chancenlos herumhängen. Für viele der Jüngeren ist Wine ein Hoffnungsträger. Sein Song „Freedom“ (Freiheit) lief 2017 in allen Bars und im Radio rauf und runter – bis er verboten wurde. Als das Parlament kürzlich über eine Verfassungsänderung abstimmen sollte, die vorsah, die Altersgrenze von 75 Jahren für Präsidentschaftskandidaten abzuschaffen, kam es zu Rangeleien, Wine wieder mittendrin, mehrere Abgeordnete wurden schwer verletzt.

Zuletzt führte Wine die Proteste gegen eine neue Steuer auf soziale Mediendienste im Internet an. Wine versteckte sich und twitterte: „Wenn die Polizei mich sucht – ich bin im Parlament, kommt und holt mich.“ Jetzt haben Musevenis Spezialeinheiten ihn gefunden. Gegen seine Festnahme gingen in den vergangenen Tagen Menschen in zahlreichen Stadtteilen Kampalas auf die Straße, die Polizei setzte Tränengas ein. Und Präsident Museveni trat nach: „Jeder, der solche Massen mobilisiert, ist verantwortlich für ihr schlechtes Verhalten.“

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5 Kommentare

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  • Vielleicht sollte man Ihre Frage auch andersherum stellen: Wen kümmtert in Uganda die deutsche Politik?

    Ich befürchte, niemanden.

    • @rero:

      Ich denke schon, dass es ein wenig Eindruck machen könnte, wenn deutsche oder europäische Politiker wenigsten mal nachhaken würden, wie es um gewisse Oppositionelle im Lande so steht.

  • Ein Wort unserer Politikerkaste zu solchen Vorgängen wäre auch nicht schlecht. Ob die das überhaupt mitkriegen? Aber Uganda ist ja kein wichtiger Handelspartner und noch nicht mal eine erklerkliche Anzahl von Flüchtlingen schafft es von da nach hier. Was also kümmert es die deutsche Politik?

    • @Artur Möff:

      Eigentlich hat Uganda selber sehr viele Flüchtlinge im Land, wesentlich mehr als Deutschland, auch wenn ich weiß was sie mit ihrem Kommentar meinen.

      • @wirklich?:

        Was soll das jetzt? Mir geht es darum dass die Politik auf Verstöße gegen Demokratie und Menschenrechte reagiert und die Opposition stärkt. Nicht nur in Uganda, sondern auch in anderen afrikanischen Ländern. Das wäre nämlich ein echtes Zeichen der Hoffnung für die jungen Leute. Solange die nämlich keine Möglichkeit sehen irgendwas ändern zu können, sehen sie ihr Heil im westlichen Ausland.