Überschwemmungen in Australien: Flutkatastrophe durch Klimakrise
Die Überschwemmungen in Australien halten an. Die Grundursache für die Krise geht laut Experten in der Dramatik der Situation unter.
Nur in Ausnahmefällen kommen Experten zu Wort, die auf den erwiesenen Zusammenhang zwischen den extremen Niederschlägen und globaler Erwärmung hinweisen. Zwar sind Starkregen und Fluten seit Jahrtausenden Attribute der australischen Natur und Umwelt – ebenso wie Waldbrände. Wie die Intensität der Buschfeuer nähmen aber auch Stärke, Häufigkeit und Zerstörungskraft extremer Regenfälle zu, sagen Wissenschaftler.
„Weltweit steigt mit dem Klimawandel das Risiko von extremen Regenfällen und Überschwemmungen“, fasst Will Steffen von der australischen Nationaluniversität zusammen. Der Professor ist einer der führenden Klimatologen Australiens. „Die globale Durchschnittstemperatur ist bereits um etwa 1,1 Grad Celsius gestiegen. Für jeden Temperaturanstieg von einem Grad kann die Atmosphäre etwa sieben Prozent mehr Wasser aufnehmen“, so Steffen.
Die zusätzliche Wärme und Feuchtigkeit in der Atmosphäre bedeute „mehr Energie für Wettersysteme“, die schließlich intensive Regenfälle erzeugten. Das Wetter im gegenwärtigen australischen Sommer und Herbst werde zwar auch von einem La-Niña-Klimaereignis beeinflusst, das für weite Teile Australiens tendenziell mehr Regen bringe. Aber es sei wichtig, daran zu erinnern: „Alles, was wir heute erleben, geschieht im Zusammenhang mit einer raschen Erwärmung des Planeten.“
Die Überflutungen der letzten Tage folgen den verheerenden Waldbränden, die zwischen Oktober 2019 und Februar 2020 an der Ostküste Australiens und im Süden des Kontinents tausende von Quadratkilometern Land in Schutt und Asche gelegt hatten. 34 Menschen starben in den Bränden, hunderte weitere an den Folgen von Verbrennung und Rauchvergiftung. Der Schaden an Gebäuden und Infrastruktur ging in die dutzenden von Milliarden Dollar. Obwohl Wissenschaftler auch damals Klimawandel als eskalierenden Faktor identifiziert hatten, ging die konservative Regierung von Premierminister Scott Morrison bisher kaum auf Warnungen vor einer weiteren Verschärfung der Situation ein. Im Gegenteil: sie hält am im globalen Vergleich bescheidenen Ziel Australiens zur Reduzierung klimaschädigender Emissionen fest.
Die Denkfabrik Climate Council warnt in einem Bericht, dass Australien unter den Industrieländern schon heute besonders von den Folgen der Klimaerhitzung betroffen sei – eine Situation, die sich in den kommenden Jahren nur noch verschlimmern werde. „Australier haben ein fünfmal höheres Risiko, durch eine klimabedingte Katastrophe aus ihren Wohngebieten vertrieben zu werden, als jemand, der in Europa lebt“, so die Forscher des Climate Council'. Im Pazifik sei dieses Risiko sogar 100-mal höher, meinte die Gruppe führender Klimawissenschaftler.
„Klimaflüchtlinge“ erwartet
Australien sei von vielen Ländern umgeben, die als Folge des steigenden Meeresspiegels akut von den Auswirkungen des Klimas betroffen seien. Experten warnen seit Jahren vor einem kommenden Strom von „Klimaflüchtlingen“ aus pazifischen Inselstaaten, die gezwungen würden, ihre im Meer versinkende Heimat zu verlassen. „Regierungen wie die australische, die es versäumt haben, die Emissionen in den letzten zehn Jahren substanziell zu reduzieren, haben die Australier und die Menschheit weltweit zu einer weitaus gefährlicheren Zukunft verurteilt, als wenn sie auf die wiederholten Warnungen der Wissenschaftler reagiert hätten“, so das Climate Council.
Als Folge dieser Untätigkeit reichten „langsame, maßvolle Schritte nicht aus, um eine Katastrophe zu vermeiden“, schreibt das Institut. Es seien jetzt „nur wirklich transformative Maßnahmen erforderlich“. Konkret bedeute dies mindestens eine Halbierung der globalen Emissionen im kommenden Jahrzehnt und das Erreichen von Netto-Null-Emissionen weltweit bis spätestens 2040.
Die australische Regierung dagegen will am Status Quo festhalten. Canberra stellt zwar in Aussicht, mit neuen Technologien wie Wasserstoffkraft und der Endlagerung von klimaschädigendem Kohlendioxid im Boden den Klimawandel bekämpfen zu wollen. Gleichzeitig hält die Regierung am Ausbau der für Australien lukrativen Kohle- und Gasexportindustrie fest. Australien ist einer der größten Produzenten dieser Brennstoffe. Kohle und Gas werden für einen wesentlichen Teil der globalen Klimaemissionen verantwortlich gemacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“