Überall Streit: Zwei kläffende Milliardäre

Während sich die Regierung im Haushalt einigt, streitet sich Söder mit dem Gendersternchen. Und Zuckerberg mit Musk.

Markus Söder unter einem Kruzifix

Söder und sein Genderverbot: bald in allen bayrischen Klassenzimmern?

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Überangebot an Themen in dieser Rubrik.

Und was wird besser in dieser?

Keine Gewöhnung.

Rechtzeitig vor Weihnachten wurde der Haushaltsstreit beendet. Steht die Ampel auf Grün, Gelb oder Rot?

Immer doof, wenn die Eltern eine Taschengelderhöhung einkassieren, die man vorher gar nicht gefordert hatte. Das tut doppelt weh: Die Streichung beim Agrardiesel verteuert Lebensmittel, der steilere CO2-Pfad jagt Energiepreise hoch, ein E-Auto oder eine Wärmepumpe werden für viele unbezahlbar. Und Klimageld zum Trost gibt's auch nicht. Das ist schon ziemlich gelb, also FDP. Sie versäumt die historische Chance, sich neu zu positionieren: Klimaschutz und Spaß dabei. Als die 60er-Jahre-Liberalen sich der Ostpolitik von Willy Brandt anschlossen, schalteten sie sich für eine ganze Epoche frei: Geld verdienen mit einem Zukunftsthema. Nun schalten sie sich für eine Epoche frei, die populär sein mag. Und in der Vergangenheit liegt.

In Bayern und Hessen soll ein Genderverbot an Schulen und anderen Institutionen kommen. Was folgt daraus?

Es wird keine Sintflut, wenn Söder in den Staudamm pisst. Der Neusprech wird sich rundschleifen wie Flusskiesel, und viele werden sich noch dran abarbeiten, dass die Sprechenden eh quatschen, wie ihnen das Maul gewachsen ist. Das kann man entspannt abwarten. Und vielleicht ein bisschen mit den Varianten spielen und Spaß haben. Sprache kommt einem Körperteil schon sehr nahe, jeder fremde Zu- wird schnell als Übergriff empfunden. Deswegen taugt es so prima zum Emotionalisieren. Wenn die Obrigkeit sich da überhaupt einmischen will, sollte es mit einem dezenten Hinweis auf das Diskriminierungsverbot getan sein: Niemand soll wegen Genderns – oder wegen Nichtgenderns – benachteiligt werden. Fertig.

WHO-Chef Ghebreyesus schätzte schon im April, dass eine von zehn Corona-Infektionen zu Long-Covid führt. Auch vor Long-Flu, den Langzeitfolgen einer Infektion mit Grippeviren, wird gewarnt. Wie sollen wir mit diesen Erkenntnissen umgehen?

Vor ein, zwei Jahren wurde die Version vom „sozialen Ende der Pandemie“ noch brüsk zurückgewiesen. Die verheerende „Spanische Grippe“ endete Anfang der 1920er schlicht mit Gewöhnung an eine neue, oft tödliche Bedrohung. Geheilt war da nichts. Angesichts Corona dominierte die Forderung nach Impfung, Heilung, Medikamenten – undenkbar, sich mit der Krankheit schlicht abzufinden. Aber: Machbar. Das passiert gerade. Corona grassiert, und der Vergleich mit der Influenza und ihren Folgen erzeugt nicht noch mehr Alarm, sondern noch mehr Gewöhnung.

Diese Woche hat der Bundestag das E-Rezept und die elektronische Pa­ti­en­t:in­nen­ak­te verabschiedet. Macht uns das gesünder oder nur durchsichtiger?

Ziehen Sie sich doch bitte schon mal aus: Beim E-Rezept hatten Datenschützer moniert, ein gekonnter Hacker-Angriff auf Apotheken böte Zugriff auf alle Rezepte der PatientInnen. Auch bei der elektronischen Patienten-Akte ist der letzte Poller die ärztliche Schweigepflicht. Künftig wissen alle Helfenden eines Patienten alles. Nutzer können den Gebrauch ihrer Daten für Wissenschaft und Forschung ausschließen, Pharmakonzerne würden töten für diese Daten. Man schickt die Digi-Produkte jetzt mal so los, und, wenn's nicht besser wird, kommen Sie nächste Woche nochmal vorbei.

Bei der UN-Versammlung stimmten 153 Staaten für einen „sofortigen humanitären Waffenstillstand“ in Gaza, Deutschland enthielt sich. Gut so?

Deutschlands Solidarität zu Israel grenzt und überschreitet die Solidarität mit sich selbst. Das ist schwer zu ertragen – aber nichts gegen das, was Juden wegen Deutschland auszuhalten hatten. Die Enthaltung ist die maximal mögliche Distanzierung; Israel wünscht, dass wir wie die USA gegen die Resolution stimmen. Die große Mehrheit der Länder – wie auch Frankreich und Österreich – stimmte dafür. Da kann man nur schlecht aussehen. Und was ist schlecht aussehen schon.

Statt im Kolosseum wird im Netz gekämpft: Musks Twitter bekam die Woche Konkurrenz von Zuckerbergs Threads. Wer gewinnt?

Ob der eine Oligarch dem anderen eins auswischt, ist die Frage, die an der Oligarchenherrschaft festhält. Die ganze brandgefährliche Schnatterwirtschaft gehört reguliert. Zuckerberg verschleppte die Einführung von „Threads“ in Europa, weil er personenbezogene Daten auch über die hier geltenden Digitalgesetze hinaus verwenden wollte. Das ist ein Gewinn für gesellschaftliche Kontrolle, und der ist gut.

Und was machen die Borussen?

Man konnte sich Sorgen machen über den Job von Trainer Edin Terzic. Nun fordert Lothar Matthäus seinen Rücktritt. Da kann er bleiben.

Fragen: Lara Ritter

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.