US-Wahlkampf und Russland: Trump verklagt „New York Times“
Trumps Kampagnen-Team geht juristisch gegen die Zeitung vor. Der Grund: ein Meinungsbeitrag zu Russlands Rolle im letzten US-Wahlkampf.
Der Text war wenige Tage vor der Veröffentlichung des Berichts von FBI-Sonderermittler Robert Mueller über die russische Einmischung im US-Wahlkampf und eine mögliche Abstimmung zwischen Russland und Trumps Wahlkampfteam erschienen.
Im Kern läuft die These des Kommentars darauf hinaus, es sei anhand der verschiedenen Treffen zwischen Wahlkampfmitarbeiter*innen und russischen Kontakten offensichtlich, dass es ein gegenseitiges Verständnis zwischen Trump und Russland gegeben habe – hilf mir, die Wahl zu gewinnen, und ich lockere die Sanktionen –, und zwar unabhängig davon, ob es konkrete Absprachen im Einzelfall gegeben habe oder nicht.
Die Anwälte von Trumps Kampagne argumentieren jetzt, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei längst bekannt gewesen – und die Times selbst habe darüber berichtet –, dass es entsprechende Absprachen nie gegeben habe. Die Zeitung habe also wider besseres Wissen die Unwahrheit veröffentlicht mit dem bösartigen Ziel, Trumps Wahlkampf zu schaden.
„New York Times“ pocht auf Meinungsfreiheit
Das sei auch nicht weiter verwunderlich, denn die Times stehe Trump feindselig gegenüber und sei ohnehin voreingenommen, was man auch daran sehe, dass sie in den letzten sechs Jahrzehnten noch nie einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten unterstützt habe.
Wie in Trumps Auftritten während der Mueller-Ermittlungen wiederholt die Klageschrift ein ums andere Mal die wichtigsten Stichworte: „Kein Quidproquo“ und „keinen Deal“ habe es gegeben, und wer etwas anderes behaupte, handele verleumderisch.
Tatsächlich hatte der Mueller-Report zwar mannigfaltige Beweise für eine russische Einmischung in den Wahlkampf 2016, nicht aber für entsprechende Absprachen mit der Trump-Kampagne gefunden.
Eine Sprecherin der New York Times warf Trumps Wahlkampfteam vor, „vor die Gerichte zu ziehen, um zu versuchen, einen Kommentator für eine Meinung zu bestrafen, die es nicht akzeptabel findet“. Das Gesetz schütze das Recht auf Meinungsfreiheit von US-Bürgern glücklicherweise jedoch, fügte die Sprecherin hinzu.
Auch der derzeitige Spitzenreiter bei den Vorwahlen der Demokraten um die Präsidentschaftskanidatur, Bernie Sanders, kritisierte die Klage. Trump habe die Medien schon in der Vergangenheit als „Feinde des Volkes“ bezeichnet. Indem er versuche, das „Recht auf eine freie Presse“ auszuhebeln, bediene sich der US-Präsident am Vorbild „seiner Diktatoren-Freunde weltweit“, erklärte Sanders.
Warum das Trump-Team jetzt mit der Klage daherkommt, fast ein Jahr nach Veröffentlichung des Textes und nach Abschluss der Russland-Ermittlungen und überstandenem Amtsenthebungsverfahren, blieb zunächst unklar. Zu vermuten ist, dass Trump, der sich seit seinem „Freispruch“ durch die republikanische Mehrheit im Senat auf einem Rachefeldzug gegen seine Gegner befindet, es einfach auch der verhassten New York Times einmal zeigen möchte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht