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US-Wahl 2024Bernie und Taylor sind entscheidend

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Die Uni-Proteste sind für US-Präsident Joe Biden nicht gefährlich. Will er die Wahlen gewinnen, braucht er Influencer – und die Börse, an der für viele die Altersvorsorge hängt.

Im Wahlkampf: US-Präsident Biden mit Senator Bernie Sanders im April Foto: Mark Schiefelbein/ap

D ie Vorzeichen sind, nun ja, nicht gut. Vor der Wahl im November ist US-Präsident Joe Biden gleich mehrfach eingeklemmt: zwischen Israel-Ultras und Palästinaprotesten, zwischen Partei-Establishment und jungen Progressiven, zwischen Donald Trump und einem irrlichternden Kennedy-Sproß. In Umfragen liegt Biden zurück, wenn auch knapp. Und dann feiert er am 20. November noch seinen 82. Geburtstag. Wie düster also sind die Aussichten für die amerikanische Demokratie?

Joe Biden kämpft gegen ein gerontokratisches Image. Der Albtraum wäre ein Sturz von der Treppe zur Air Force One

Sie sind jedenfalls besser als die derzeitige Stimmung. Joe Biden kann diese Wahl gewinnen. Es müssen nur ein paar Dinge zusammenkommen. Insbesondere braucht er die Zentralbank und zwei In­fluen­cer:in­nen, einen alten und eine junge. Die Uniproteste dagegen sind, was die Wahl betrifft, überbewertet. Selbstverständlich sollte Biden für einen Wahlsieg nicht mehr allzu oft stolpern oder Staatsoberhäupter verwechseln (nein, in Paris regiert nicht mehr François Mitterrand).

Seit der Sonderermittler Robert Hur über Biden in einem Bericht das vernichtende Urteil vom „sympathischen, wohlmeinenden älteren Herrn mit schlechtem Gedächtnis“ fällte, kämpft Biden gegen ein gerontokratisches Image. Der Albtraum wäre ein Sturz von der Treppe zur Air Force One. Was ihm hilft, ist dagegen der Streit über Abtreibungen, der aus europäischer Perspektive so 1980er wirkt, aber in den USA Teil des großen Kulturkampfes geworden ist. Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen mobilisiert das demokratische Milieu.

Über die Rolle, die Robert Kennedy Junior bei der Wahl spielen könnte, sind sich die Ex­per­t:in­nen nicht einig. Manche warnen, RKJ, immerhin ein Kennedy, könne aus Bidens Milieu junge Wäh­le­r:in­nen und Latinos gewinnen. Andere sehen hier Trumps Kandidatur unter Druck. Im Duell führt Trump leicht vor Biden. Werden aber alle unabhängigen Kan­di­da­t:in­nen inklusive Kennedy abgefragt, hatte Biden letztens einen leichten Vorsprung. All das zählt jedoch wenig, solange die Börse nicht stimmt.

Eine junge Frau – und ein alter weißer Mann als Erfolgsrezept

Ein Großteil der US-Ame­ri­ka­ner:in­nen setzt für die Altersvorsorge auf die steuerbefreiten, aktienbasierten Pensionspläne, 401(k) genannt. Läuft die Börse gut, sehen US-Ame­ri­ka­ner:in­nen der Zukunft mit mehr Sicherheit entgegen. Diese wird in der Regel dem amtierenden Präsidenten angerechnet. Wenn nun die US-Zentralbank Fed vor der Wahl die Zinsen doch noch einmal senken sollte und die Börsen damit anzögen, könnte das das Vertrauen in Biden entscheidend stützen.

Der Dow-Jones steht mit rund 38.300 Punkten nur wenig unter seinem historischen Höchststand. Was Joe Biden dann noch fehlt, sind glaubwürdige Bot­schaf­ter:in­nen. Der alte Präsident wird sich auf eine ganze Armee von jungen ­Social-Media-Influencer:innen stützen. Er wird sich mit jungen De­mo­krat:in­nen umgeben, mit Frauen und People of Colour. Die vielleicht wertvollsten Aktivposten Joe Bidens aber sind eine junge Frau – und ein alter weißer Mann aus Vermont.

Der unabhängige US-Senator Bernie Sanders, ein langjähriger Wegbegleiter im Senat, verkörpert nicht nur alles, was junge Progressive (an den Küsten) wertschätzen: Entschiedenheit im Kampf gegen die Klimakrise, einen Hauch von Sozialismus und Kritik an Bidens Israelpolitik. Sanders ist glaubwürdig in seiner Nähe zur Arbeiterschaft, seinem Einsatz für Gerechtigkeit und mutige Sozialstaatsgedanken (im Kernland). 2016 war Sanders als parteiinterner Gegenkandidat zu Hillary Clinton angetreten.

Michigan, Wisconsin und Nevada

Das „Bernie“-Milieu hatte sich dann von Elite-Clinton abgewandt. Trump gewann die Wahl. Und Bernie Sanders hat seine Lektion gelernt. Nun reist er als Botschafter für Biden durchs Land, lobt die sozialen Errungenschaften des Präsidenten und kritisiert dessen unzureichend progressives Profil. Klar, eine Waffenruhe in Gaza und ein Ende des Sterbens würde die kochende Stimmung unter US-Linken und Bür­ge­r:in­nen mit arabischem Migrationshintergrund beruhigen.

Speziell Michigan mit seiner großen arabischen ­Community gilt als Problem, dem die De­mo­krat:in­nen bereits große Aufmerksamkeit schenken. Weniger relevant ist für Biden, ob in L. A. oder New York Unigelände besetzt werden. Die Wahlen werden in den Swing States gewonnen, in Michigan, Wisconsin oder Nevada – nicht an den Küsten.

Der X-Faktor könnte eine zweite Influencerin werden: Taylor Swift, weltgrößter Popstar, das neue Album auf Platz eins, ihr Freund gewinnt den Super Bowl. Mehr Glanz geht kaum. Swift hat sich schon einmal pro Biden positioniert. Tut sie’s noch mal, sieht Old Joe plötzlich aus, als sei er nicht 81, sondern ein paar Jahre jünger. Vielleicht wären es die entscheidenden Jahre.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Da sieht man die Auswirkungen wenn die Altersvorsorge von der Wirtschaft abhängt. Das führt zu einer zu großen Machtverlagerung zu Gunsten des Kapitals das sich für Gemeinwohl nicht interessiert.

    • @Andreas J:

      Und eine staatliche Altersvorsorge die den Menschen zwar viel Geld abnimmt aber dafür nur eine Rente auszahlt die kaum das pure Überleben sichert ist besser?



      Ich bin 56, Werkzeugmacher und Elektriker mit Aussicht auf 2350€ Rente in 11 Jahren.



      Hätte ich meine Beiträge in einen DAX gebundenen Fonds eingezahlt und auch nur 50% Arbeitgeberanteil bekommen wäre ich schon in Rente mit ca 3500€ monatlich.

      • @HelRam:

        Na ja, jeder Aktienbesitzer hält sich seinen Sklaven. Aber "hätte" und "wäre" sind Konjunktive. Leben Sie glücklich und zufrieden mit Ihrer ehrlich erworbenen Rente.



        Glauben Sie einem älteren Herrn: Es wird auch Ihnen später schwerfallen, das viele Geld auszugeben.

      • @HelRam:

        na ja, die Finanzkriese 2008 hat in den USA den Pensionskassen zwei Billionen Verlust gebracht. Riester war ein totaler Flop. Die Klimakriese und ihre sozialen globalen Folgen wird in Zukunft auch Unruhe in die Märkte bringen. Mann macht die Altersvorsorge von einem System abhängig das nicht auf das Gemeinwohl achtet, sondern nur auf Gewinnmaximierung. Da beißt sich die Katze schnell in den Schwanz. Lohnerhöhungen oder höhere Steuersätze für Unternehmen sind dann gegen das eigene Interesse. Bei Kriesen sind dann nicht nur Arbeitsplätze gefährdet sondern auch die Altersvorsorge. Das erhöht den Druck auf den Staat Geld in das System zu pumpen. Das die Wirtschaft diesen Trumpf zu lasten der Steuerzahler ausspielen würde, ist so sicher wie das Ahmen in der Kirche.

  • Einfach Sander mit ins Boot als Arbeits- und Sozialminister nehmen, Taylor Swift wird Vizepräsidentin oder Ministerin für Kunst, Musik und Kultur.