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US-Präsident und Legitimität der US-WahlenTrump spricht weiter von Betrug

Der US-Präsident hört nicht auf, die Legitimität der Wahlen am 3. November in Zweifel zu ziehen. Kritik daran kommt auch aus Deutschland.

Sät immer weiter Zweifel am Wahlprozess: US-Präsident Donald Trump Foto: Evan Vucci/ap

Washington/Berlin dpa/rtr/taz | Nachdem US-Präsident Donald Trump am Mittwoch zum wiederholten Male in einer Pressekonferenz Zweifel daran gesät hatte, ob er den Ausgang der Präsidentschaftswahlen am 3. November auch bei einer Niederlage akzeptieren würde, bemüht sich das Weiße Haus um Klarstellung. „Der Präsident wird die Ergebnisse einer freien und fairen Wahl akzeptieren“, erklärte Präsidialamtssprecherin Kayleigh McEnany am Donnerstag auf Nachfrage von Journalisten.

Aber die Klärung hielt nicht lang: Nur Stunden später sagte Trump in Washington: „Wir müssen sicherstellen, dass die Wahl ehrlich ist. Aber ich weiß nicht, ob sie es sein kann“, sagte Trump am Donnerstag mit Blick auf per Post abgeschickte Stimmzettel. Trump behauptet bereits seit Wochen, dass millionenfach an US-Bürger verschickte Wahlunterlagen die Gefahr von Wahlfälschung drastisch erhöhten. Experten und Wahlverantwortliche bestreiten dies.

Trump sagte vor seinen Anhängern wiederholt, er sei überzeugt, die Abstimmung nur durch Wahlbetrug verlieren zu können. Am Mittwoch weigerte er sich auf die Frage eines Reporters hin, vorab eine friedliche Machtübergabe zuzusichern. „Wir müssen abwarten, was passiert“, sagte er stattdessen.

Und im Übrigen müsse er auch deshalb umgehend eine Nachfolgerin der verstorbenen obersten Richterin Ruth Bader Ginsburg ernennen, damit es im Supreme Court kein Patt von 4:4 Richterstimmen geben könne, wenn die Wahl letztlich dort entschieden würde.

Panne in Pennsylvania

„Die Demokraten manipulieren unsere Wahl 2020!“, legte Trump in der Nacht zum Freitag bei Twitter nach und verlinkte einen Bericht seines Haussenders Fox News. Darin geht es um eine Mitteilung des Justizministeriums des Bundesstaates Pennsylvania, wonach neun weggeworfene Stimmzettel entdeckt worden seien. Die Behörde hatte zunächst von neun Stimmzetteln für Trump gesprochen, stellte aber später klar, dass dies nur bei sieben davon sicher sei.

Die beiden anderen seien in den dazugehörigen Briefumschlägen gewesen, als das FBI sie sichergestellt habe. Es habe sich um Stimmzettel von Militärangehörigen gehandelt und einige könnten auch einzelnen Personen zugeordnet werden. Die Umschläge mit per Brief verschickten Stimmzetteln müssen in Pennsylvania eigentlich bis zum Wahltag verschlossen bleiben.

Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler öffneten Mitarbeiter der örtlichen Wahlbehörde die Umschläge mit den Stimmzetteln, weil sie den Umschlägen mit Anträgen für Briefwahlunterlagen sehr ähnlich sähen. Trump ergriff unterdessen die Gelegenheit, von Unregelmäßigkeiten zu sprechen. „Sie werfen sie weg, wenn da der Name Trump draufsteht, schätze ich mal“, sagte er.

Bei der Präsidentenwahl am 3. November wird angesichts der Coronapandemie ein deutlich höherer Anteil per Post abgeschickter Stimmzettel als üblich erwartet.

Trumps Äußerungen lösten Kritik sowohl bei den Demokraten als auch bei Republikanern aus. Der Senat, in dem die Republikaner die Mehrheit halten, verabschiedete am Donnerstag eine Resolution mit einem Bekenntnis zur friedlichen Machtübergabe.

Deutsche Außenpolitiker besorgt über US-Demokratie

Auch deutsche Außenpolitiker reagierten mit Sorge. Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Wieder einmal schürt Präsident Trump mit seinen Aussagen die Spaltung im Land und lässt für die Tage nach der Wahl das Schlimmste befürchten.“ Am Ende entschieden in den USA aber die Gerichte, sollte es Beschwerden über das Wahlergebnis geben.

Die Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, Sevim Dağdelen, sieht im Ernstfall auch Berlin in der Pflicht: „Wer wie die Bundesregierung bei anderen Ländern weltweit auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit drängt, darf bei den USA keine Ausnahme machen.“

Nach Meinung der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Gabriela Heinrich muss Trump damit aufhören, „die Axt an die Wurzel der amerikanischen Erfolgsgeschichte, die mit Freiheit und Demokratie verbunden ist, zu legen“.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Johann Wadephul räumte ein, dass Trumps Ankündigung eine Geringschätzung der Demokratie zeige. Dennoch habe er Vertrauen in die Gesetze der USA, sagte Wadephul dem RND. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Verfassungsgefüge der Vereinigten Staaten mit seinem System von Checks und Balances funktioniert.“

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16 Kommentare

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  • Typisch Narzisst: eine Wahlniederlage wäre die größte Kränkung, also bereitet er alles so vor, dass es für sein Ego glimpflich abläuft. Entweder Wahlsieg um jeden Preis (Supreme Court rechtzeitig besetzen) oder ein Abgang mit Pauken und Trompeten bzw. begleitet von Protest und Gewalt seiner bis an die Zähne bewaffneten Anhänger. God save America...

  • Ein weiteres Detail: Trump redet die ganze Zeit schon davon dass der Wahlsieger wohl eine Entscheidung des Supreme Court werden wird. Was im Normalfall nicht so ist. Das ist einer der Gründe warum er unbedingt den freigewordenen Platz schnellstmöglich besetzen will. Der SCOTUS wäre dann mit deutlicher Mehrheit von republikanischen Präsidenten besetzt worden.

  • „Trump spricht weiter von Betrug“

    Er muss es ja schließlich wissen (;-))

  • Er sagte übrigens auch dass, wenn man eine friedliche Übergabe wollte, man die Wahlurnen loswerden solle, die wären nämlich furchtbar, und ohne diese gäbe es dann keine Übergabe sondern Kontinuität. Das war sogar der nächste Satz. Interessant dass der unerwähnt blieb. Ich finde das doch einen reichlich interessanten Einblick in das was Trump plant und vorbereitet

  • Wir wissen das die Wahl gefälscht werden wird... von Trump und den Republikanern

    Das ganze passiert vor aller Augen, mit Ansage und er wird damit durchkommen. Merkel wird ihm abermals gratulieren... Ist ja nicht Belarus

  • 0G
    02881 (Profil gelöscht)

    Wie wärs mit einer Delegation von internationalen Wahlbeobachtern für die US-Wahl? Da das Land anscheinend in einer Regierungskrise steckt und selbst kein verläßliches Wahlprocedere garantieren kann halte ich das für sinnvoll. Herr Maas, könnten Sie initiativ werden?

    • @02881 (Profil gelöscht):

      Die Frage habe ich mir auch gestellt, und mein Schluss war dass a) Trump das wohl als Kriegserklärung sehen würde, was der Sicherheit dieser Blauhelmsoldaten nicht zuträglich wäre, und b) schlicht niemand das Kontingent hat ein derart riesiges Land irgendwie brauchbar abzudecken. c) wäre es zweifelhaft dass sich die UN zu einem Mandat durchringen könnte

  • Noch gruseliger stelle ich mir vor, dass möglicherweise das Ganze eine intrigante Inszenierung ist - von seiten der Republikaner oder treuer Trump-Fans...

    Absolut unvorstellbar? Empörend? In dieser seit Jahren andauernden albtraumhaften Polit-Show erscheint mir alles vorstellbar...

  • Warum schafft Trump nicht einfach sein ganz eigenes Ermächtigungsgesetz?

  • Das übliche Schema: Chaos stiften, Niveau runterziehen ...und sich dann als Könner und Kenner einer angeblichen Lösung präsentieren. Die blöderweise stets schlechter ist als der Zustand vorher: Handelskonflikt China, Verhältnis zu Russland oder Nordkorea und auch dem Rest der Welt, Wirtschaft, Nato, ....Das was er besser in den Griff bekommt sind die eher illegalen Sachen: Stormy Daniels bestechen, Finanzunterlagen blockieren, Vetternwirtschaft organisieren, Gegner diffamieren ... ein interessanter Mensch wenn man so will.

  • Ich glaube die Wahl wird total toll. Trump verliert und gibt die macht anstandslos ab. Kriegt noch nen schönen Strauß lächelt und geht weg. Wird klasse, freu mich drauf.

  • Dieser psychotische Brandstifter bereitet schon den Bürgerkrieg vor. Für den Fall, dass er die Wahlen verliert.

    Das kann ja heiter werden.

    • @tomás zerolo:

      Man sollte den Bürgerkrieg aber auch nicht herbeischreiben, auch wenn die Lager massiv polarisiert und bewaffnet sind. Dennoch dürfte fehlt es an Vernetzung und Kommandostrukturen fehlen die eine effektive und koordinierte Kriegsführung erlauben würden. Und dafür dass das Militär sich eskalierend auf eine Seite schlägt oder gar spaltet gibt es ebenfalls wenig Anzeichen. Auch dürften die, die den Wahlausgang mit Gewalt entscheiden wollen sich kaum der Illusion hingeben, die jeweils andere Seite vertreiben oder vernichten zu können.



      Von daher scheint mir eine Ausweitung der ja bereits jetzt stattfindenden Schießereien zu lokalen Scharmützeln nach der Wahl denkbar, die Eskalation in einen Bürgerkrieg, eher unwahrscheinlich.

      • @Ingo Bernable:

        Ich denke, einen Bürgerkrieg wird es nicht geben - es gibt keine Armee, die diesen führen könnte, es gibt allenfalls Milizen. Es könnte allerdings Aufstände geben, das wäre aber Sache der Polizei und eventuell der Nationalgarde.



        Viel wahrscheinlicher ist, dass in der Wahlnacht Trump laut den Wählerbefragungen (exit polls) und den ersten Auszählungen erst einen Vorsprung hat, dann mit zunehmender Auszählung der Briefwähler der Vorsprung immer mehr schmilzt. Dann wird er zum Obersten Gericht laufen und die Einstellung der Briefwahlzählung beantragen. Wenn die Richter dem stattgeben, ist er "gewählt".



        Ganz neu ist das nicht, so geschehen bei der Wahl 2000, als die Neuauszählung in Florida vom Obersten Gericht einfach gestoppt wurde und Al Gore das akzeptiert hatte.



        Man kann nur auf die Integrität der Richer hoffen.

        • @EF:

          "Bürgerkrieg wird es nicht geben - es gibt keine Armee"



          Warum heißt das nochmal Bürgerkrieg? Und nicht Krieg?



          Ich halte es leider für ein denkbares Szenario, dass hunderte von lokalen Trumpfanmilizen mit Kriegswaffen hohldrehen wenn Trump verliert. Nicht wirklich wahrscheinlich. Aber die Waffen gibt es, die Milizen gibt es und es gibt Trump und seine Fans.



          Natürlich wäre das ein Fall für Polizei, Nationalgarde und Militär. Aber Trump ist auch Commander-in-chief. Das Militär müsste sich ihm also ggf. widersetzen.

          • @LeSti:

            der Trumpfanmilizionarismus ist ein problem dass die neue administration lösen muss-indem sie die rechten milizen auflöst und entwaffnet .versäumt sie dies so wird es im laufe der zeit grösser gefährlicher und unberechenbarer werden-vor allem dann wenn die soziale ungleichheit unsicherheit und ungerechtigkeit in den usa weiter zunimmt-und genau damit ist zu rechnen wenn es keinen bruch mit dem neoliberalismus gibt.