US-Notenbank erhöht Zinsen drastisch: Fed löst neue Krisen aus
Die US-Notenbank geht mit drastischen Zinsschritten gegen die Inflation vor. Für die eigene Volkswirtschaft macht's Sinn, Leidtragende sind andere.
Denn anders als in Europa sind die Preistreiber der hohen Inflation in den USA von zuletzt 8,3 Prozent nicht so sehr die hohen Energiekosten. Die USA sind nicht zuletzt aufgrund des umstrittenen Frackings bei der Energierversorgung weitgehend autark und damit weit weniger von russischen Gaslieferungen abhängig als Europäer:innen.
Hinzu kommt: Die US-Wirtschaft brummt. Sie ist in weiten Teilen überhitzt, der Arbeitsmarkt „extrem eng“, wie Fed-Chef Jerome Powell den Zinsschritt begründet. Die sogenannte Kerninflation ohne Lebensmittel und Energie liegt in den USA deutlich über 6 Prozent, in Europa ist sie nur halb so hoch. Es sind also vor allem die Löhne, die in den USA steigen. In Europa tun sie das bislang nicht.
Mit ihrem dritten kräftigen Zinsschritt versucht die Fed den hohen Preisanstieg im eigenen Land in Griff zu bekommen, sorgt damit allerdings für finanzielle Verwerfungen in vielen anderen Ländern der Welt. Denn die hohen Zinssätze treiben den Dollar in die Höhe. Viele Länder sind aber in der US-Währung verschuldet. Für sie werden nicht nur wichtige, in Dollar gehandelte Rohstoffe wie Erdöl deutlich teurer, sondern auch ihre Kreditbedienung. Vor allem einkommensschwache Länder mussten während der Pandemie viele zusätzliche Kredite in US-Dollar aufnehmen. Die höheren Zinsen der Fed verteuern diese Kredite nun.
Schwellenländern droht neue Schuldenkrise
Hinzu kommt, dass die Inflation derzeit in den meisten Ländern auf der Welt hoch ist. Sie bringt insbesondere Länder in Zentralasien, Lateinamerika und südlich der Sahara in Afrika in noch viel größere Nöte als die Menschen in wohlhabenden Ländern. Die steigenden Zinssätze der Fed verschlimmern ihre Lage noch.
Doch auch an und für sich finanziell solide Schwellenländer könnte die Fed-Entscheidung in Bredouille bringen. Denn steigen in den USA die Zinssätze, werden Anlagen dort attraktiver. Dafür fließt jedoch Kapital aus Entwicklungs- und Schwellenländern ab. Welche verheerenden Auswirkungen drastische Zinserhöhungen der Fed haben können, zeigte sich in den 1980er Jahren. Der damalige Fed-Chef Paul Volcker erhöhte im Kampf gegen die Inflation seinerzeit drastisch die Zinsen. Länder wie Mexiko, Brasilien und Argentinien rutschten in eine schwere Schuldenkrise, von der sie sich jahrelang nicht erholten. Von einem verlorenen Jahrzehnt war in Folge des „Volcker-Schocks“ die Rede.
Deutschland profitiert – und verliert
Ökonom:innen befürchten, dass sich solche Schuldenkrisen nun wiederholten könnten. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa, betonte, es sei zwar richtig, dass die Zentralbanken mit Zinserhöhungen die hohe Inflation zu bekämpfen versuchten, sie warnte zugleich vor zu drastischen Schritten. Die globalen Finanzbedingungen könnten sich stärker als bisher angenommen verschärfen.
Auch Deutschland als Exportnation dürfte die Auswirkungen zu spüren bekommen. Einerseits profitiert die deutsche Wirtschaft von einem hohen Dollar zwar. Das macht Importe aus Deutschland für die USA günstig. Zugleich beliefert Deutschland auch viele Schwellen- und Entwicklungsländer mit Waren. Sollte sich ihre Lage verschlechtern, wird das auch die deutsche Exportwirtschaft treffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“