Twitters Pläne zur Verifizierung: Seriosität zu verkaufen
Elon Musk will und muss mit Twitter Geld verdienen. Die bisherige Regel, Geld gegen Daten, ist damit erstmals aufgekündigt. Das verheißt nichts Gutes.
S ie sind eine Art Auszeichnung auf Twitter: die kleinen blau hinterlegten Häkchen neben einem Namen, die einen verifizierten Account kennzeichnen. Eine Auszeichnung im Sinne von: Der:diejenige hat es geschafft, wird als wichtig genug eingeschätzt und hat genügend Follower:innen gesammelt, um von der Plattform überprüft und für echt befunden zu werden. Kein Wunder also, dass nun ziemlich viel Kopfschütteln herrscht auf Twitter. Denn Insiderberichten zufolge will der neue Eigentümer Elon Musk mit den Häkchen Geld verdienen. Die Preise, die kursieren, liegen bei rund 5 und rund 20 US-Dollar. Monatlich.
Offiziell bestätigt ist noch nichts. Doch so eine Entscheidung wäre nur konsequent: Die Übernahme von Twitter war teuer – 44 Milliarden US-Dollar hat auch ein Multimilliardär nicht zu Hause auf der Kommode liegen. Es muss also irgendwie wieder Geld reinkommen. Einen Service zu Geld zu machen, auf den viele mutmaßlich nicht verzichten wollen, liegt da nahe.
Welche Auswirkungen eine kostenpflichtige Verifikation hätte, ist aber keineswegs ausgemacht. Wie hoch ist der Preis? Könnten sich denn alle Zahlungswilligen einen Haken kaufen? Oder nur die, die gleichzeitig wichtig genug sind? Gut möglich, dass die meisten die Kosten einfach hinnehmen würden – schließlich ist der Haken vor allem für Prominente und Unternehmen, Politiker:innen und Multiplikator:innen interessant. Möglich aber auch, dass es für Normalnutzer:innen schwieriger wird, die Seriosität von Accounts einzuschätzen, wenn deren Inhaber:innen aus finanziellen Gründen auf die Verifikation verzichten.
Kostenpflichtige Häkchen wären aber noch aus einem anderen Grund ein Experiment. Bislang lautet der Deal zwischen Plattformen und Nutzer:innen in der Regel: Service gegen persönliche Daten. Der würde damit nicht aufgekündigt, aber auf absurde Art und Weise weiter verschlechtert. Mal schauen, wie viele Anstupser es braucht, damit sich eine nennenswerte Zahl von Nutzer:innen nach Alternativen zu Twitter umsieht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich