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Türkischer Angriff auf KurdenGrüne Jugend fordert klare Worte

Vor der Türkeireise von Annalena Baerbock gibt es aus der eigenen Partei Druck auf die Außenministerin.

Zum Schicksal der Kurden in Nordsyrien und Nordirak hat Annalena Baerbock sich bisher zurückgehalten Foto: Christian Mang/reuters

Heikle Reise für Annalena Baerbock (Grüne): Am Donnerstag fliegt die Bundesaußenministerin nach Athen, von dort am Freitag weiter in die Türkei. Die Reise stehe vor „dem Hintergrund des brutalen russischen Angriffskriegs in der Ukrai­ne“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch. Die Situation erfordere es, „dass wir in der Nato eng beisammen stehen“.

Im Moment ist es mit der Einigkeit nicht weit her: International hatte die türkische Regierung in den letzten Monaten zunächst versucht, ihren Einfluss durch die Androhung eines Vetos gegen den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands auszubauen. Erst am Dienstag kündigte sie dann an, wieder ein Gasbohrschiff ins Mittelmeer zu schicken. Vor zwei Jahren hatten entsprechende Gaserkundungen in umstrittenen Gewässern zu einem Streit mit Griechenland geführt. Auf Konfrontationskurs ist die türkische Regierung weiterhin auch in Richtung Südosten: Seit Monaten spricht Präsident Erdoğan von einem Einmarsch in die autonomen kurdischen Gebiete in Nordsyrien. Schon jetzt beschießt das türkische Militär die Region immer wieder. Einzelne Angriffe gab es zuletzt auch wieder auf kurdische Gebiete im Nordirak, bei denen Zi­vi­lis­t*in­nen getötet wurden.

Auf Annalena Baerbock gibt es nun Druck aus der eigenen Partei, vor allem die Aggressionen gegen die syrischen Kurden klar zu verurteilen. „Erdoğan hat schon viel zu lange machen können, was er will. Damit muss Schluss sein“, sagte Sarah-Lee Heinrich, Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, am Mittwoch der taz. „Die Ampel sollte nicht die fatalen Fehler der Außenpolitik der Vorgängerregierungen wiederholen. Wenn die Türkei keine Konsequenzen zu befürchten hat, weil sie Teil der Nato ist, wird sie ihre Eskalationen auf die Spitze treiben.“ Deshalb sei es wichtig, dass die Bundesregierung und ihre Partner die türkischen Angriffe „öffentlich und auf allen Ebenen“ als völkerrechtswidrig verurteilen. „Dafür muss sich die Regierung einsetzen. Die Menschen in Rojava brauchen unsere Solidarität“, sagte Heinrich.

In der autonomen Region Rojava würden jetzt Menschen angegriffen, die „Seite an Seite mit dem Westen gegen den IS gekämpft haben und zu Recht als Heldinnen und Helden gefeiert wurden“. Heute würden sie von den westlichen Regierungen im Stich gelassen. „Das hat nichts mit wertegeleiteter Außenpolitik zu tun“, sagte Heinrich.

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11 Kommentare

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  • Die Amerikaner haben in Afghanistan die Taliban nicht besiegen können, aber Sie wollen tatsächlichen uns Glauben machen, dass die IS, die den ganzen Irak und Syrien platt gemacht hat an der YPG gescheitert ist. Und diese Organisation die in der Türkei unzählige Anschläge und Leben auf dem Gewissen hat, sollen Helden sein. Das halte ich für sehr unseriös.

  • Das ist interessant, dass die durchaus populäre Außenministerin schon bald kritisiert werden könnte - von ihrer eigenen Partei.

    Leider ist die Solidarität mit Kurden nicht allzugroß, umso peinlicher, wenn die Bundesregierung da nichts anspricht, nichts macht, die Erdogan-Regierung weiter zivile Kurden angreifft und tötet.

    Außerdem hat bereits die irakische Regierung schon jetzt genug von dem 'Freund' im Norden des Landes.

    Die Türkei ist wieder mal im Kriegsmodus, der Präsident Erdogan nicht mehr populär, die Wirtschaft haut ihm ab, viele Türken verarmen, die Stimmung ist längst kritisch ... da muss ein Krieg her.

    Möglichst gegen die Kurden, das findet auch der Partner, die faschistische MHP ganz gut.

    Baerbock muss sich ganz gut überlegen, wie sie damit umgehen will.

    Das war immer so eine grüne Sache, eine gewisse Sympathie für die Kurden, nun könnte das getestet werden .... Wie weit steht die Partei zu einem eigentlich sehr wichtigen Punkt ihres Selbstverständnisses. Gerade mit so einem Politiker wie Erdogan ist es knifflig.

  • @PIRATENPUNK

    In diesem Fall tritt der Bündnisfall nicht ein, das ist klar geregelt.

    Warum, meinen Sie, gibt Griechenland fürs Militär vergleichsweise so viel aus? Warum kaufen sie bei den Deutschen teure U-Boote? Warum sind sie nach der Schäuble-Troika-Nummer so sauer?

    Zu Recht, meine ich.

    Auf der türkischen Seite? Nun, die haben nicht nur Richtung Nordsyrien und Nordirak ihre Grossmachtphantasien [1]. Ich hab's mir nicht aus den Fingern gesaugt.

    [1] monde-diplomatique...php?coID=%20100174

  • Bravo an Sarah-Lee Heinrich.

    Leider vermute ich ihre Worte wird Baerbock nicht daran hindern die Kurden zum wiedrholten Male an Erdogan zu verraten.

    Tatsächlich waren es die Kurden, die damals mit ihren Bodentruppen den IS stoppen könnte. Niemand anders wollte diese dreckige Arbeit machen.

    Zum Dank wurden die Kurden mehrfach verraten: von Trump, der NATO, der EU, der vorigen und jetzigen deutschen Regierung.

    Shame.

  • Ein Terrorregiem mit "Natomützchen" erdreistet sich wegen dem Beitritt von Schweden und Finnland und begründet das mit Unterstützung von Terrorvereinigungen. Danach müssen beide Staaten zu Kreuze kriechen damit sie aufgenommen werden, weil das "Natomützen-Terroregiem" es sich wünscht. Wenn aber der Natomutzen-Terrorregiem selbst Terror ausübt halten alle die Füße still und den Mund geschlossen.



    Hoffentlich hilft der Aufruf der Jugend das unsere Aussenministerin den Mund aufmacht und eine klare Ansage bringt. Und hoffentlich lässt sie sich als Frau wie Ursula demütigen mit einem Platz auf dem Sofa oder anderen Spässchen.



    Mal sehen ob Analena zu ihren Werten steht.

  • Wo sind die Waffenlieferungen für die Kurden?

  • Nun, da es nicht Russland ist, müssen die Kurden wohl ohne Rückendeckung aus dem Westen klar kommen.

  • Vermutlich ist mit so viel Unterstützung für die Kurden zu rechnen, wie derzeit Solidarität mit Assange - sprich keine. Das strategische Hauptziel ist definiert und alle, die in anderen Regionen leben oder Opfer anderer Aggressor:innen werden, ziehen da den Kürzeren.

  • Was machen wir erst, wenn die anfangen, Griechenland anzugreifen?

    • @tomás zerolo:

      Die Füße stillhalten. Erdogan hält dem deutschen Staat die Flüchtenden vom Hals und kriegt dafür freie Hand in der Region.

      Frage mich gerade, wie's eigentlich aussieht, wenn ein Nato Staat einen anderen angreift. So mit Bündnisfall und so.

  • RS
    Ria Sauter

    Dann sagt Frau A.B. wie schrecklich sie das findet und dann?



    Mich kotzt(sorry für das Wort) diese aufgesetzte Entrüstung so was von an.



    Lebt eigentlich Assange noch?