Raketenangriff im Nordirak: Erdoğans Eigentor
Der türkische Luftangriff auf einen Ferienort im nordirakischen Kurdengebiet kommt Erdoğan teuer zu stehen. Seine Truppen müssen abziehen.
Ministerpräsident Mustafa al-Kadimi: Iraks Regierung hat die Türkei zum Rückzug aufgefordert Foto: reuters
Es ist ein politisches Desaster für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Der offenbar versehentliche Beschuss einer Ferienanlage im kurdischen Nordirak nahe der türkischen Grenze mit 9 Toten und fast 30 Schwerverwundeten wird erhebliche politische Konsequenzen haben. Türkische grenzüberschreitende Militäraktionen in den Nordirak werden angesichts der berechtigten Empörung im Irak vorläufig – wenn überhaupt – nur erheblich reduziert stattfinden.
Entgegen ihrem bisherigen ambivalenten Verhalten hat die irakische Regierung die Türkei jetzt unmissverständlich zum militärischen Rückzug aufgefordert. Angesichts der Empörung im gesamten Irak wird es auch der vom Barsani-Clan geführten kurdischen Autonomieregierung im Nordirak schwerfallen, weiterhin mit der Türkei gegen die PKK zu kooperieren. Vorläufig wird sich die Türkei im Nordirak zurückhalten müssen.
Das allein ist für Erdoğans und den bevorstehenden Präsidentschaftswahlkampf ein schwerer Schlag. Dazu kommt, dass auch der seit Monaten propagierte Einmarsch in Nordsyrien wohl erst einmal auf Eis gelegt werden muss. Zwar tönte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu noch am Donnerstagmorgen, man lasse sich von niemandem vorschreiben, wie die Türkei den Terror bekämpfen wird.
Angesichts von Putins „Nein“ zu einem neuerlichen türkischen Angriff auf die Milizen der syrischen Kurden wird es Erdoğan jedoch schwerfallen, seinen Truppen den Marschbefehl zu geben. Schließlich kontrolliert die russische Luftwaffe den gesamten Luftraum in dem Gebiet. Ein Angriff ohne russische Zustimmung ist praktisch unmöglich.
Ein doppelter Rückschlag für den türkischen Alleinherrscher, der sich angesichts der Wirtschaftskrise gerade als „Terrorbekämpfer“ profilieren wollte. Dennoch ist es kaum vorstellbar, dass Erdoğan von seiner Konfrontationspolitik umschwenkt, um politische Lösungen mit den Kurden und der sonstigen Opposition im Land zu suchen. Wenn Erdoğan mit dem Rücken zur Wand steht, setzt er immer auf Angriff. Er wird neue Ziele finden.
Raketenangriff im Nordirak: Erdoğans Eigentor
Der türkische Luftangriff auf einen Ferienort im nordirakischen Kurdengebiet kommt Erdoğan teuer zu stehen. Seine Truppen müssen abziehen.
Ministerpräsident Mustafa al-Kadimi: Iraks Regierung hat die Türkei zum Rückzug aufgefordert Foto: reuters
Es ist ein politisches Desaster für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Der offenbar versehentliche Beschuss einer Ferienanlage im kurdischen Nordirak nahe der türkischen Grenze mit 9 Toten und fast 30 Schwerverwundeten wird erhebliche politische Konsequenzen haben. Türkische grenzüberschreitende Militäraktionen in den Nordirak werden angesichts der berechtigten Empörung im Irak vorläufig – wenn überhaupt – nur erheblich reduziert stattfinden.
Entgegen ihrem bisherigen ambivalenten Verhalten hat die irakische Regierung die Türkei jetzt unmissverständlich zum militärischen Rückzug aufgefordert. Angesichts der Empörung im gesamten Irak wird es auch der vom Barsani-Clan geführten kurdischen Autonomieregierung im Nordirak schwerfallen, weiterhin mit der Türkei gegen die PKK zu kooperieren. Vorläufig wird sich die Türkei im Nordirak zurückhalten müssen.
Das allein ist für Erdoğans und den bevorstehenden Präsidentschaftswahlkampf ein schwerer Schlag. Dazu kommt, dass auch der seit Monaten propagierte Einmarsch in Nordsyrien wohl erst einmal auf Eis gelegt werden muss. Zwar tönte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu noch am Donnerstagmorgen, man lasse sich von niemandem vorschreiben, wie die Türkei den Terror bekämpfen wird.
Angesichts von Putins „Nein“ zu einem neuerlichen türkischen Angriff auf die Milizen der syrischen Kurden wird es Erdoğan jedoch schwerfallen, seinen Truppen den Marschbefehl zu geben. Schließlich kontrolliert die russische Luftwaffe den gesamten Luftraum in dem Gebiet. Ein Angriff ohne russische Zustimmung ist praktisch unmöglich.
Ein doppelter Rückschlag für den türkischen Alleinherrscher, der sich angesichts der Wirtschaftskrise gerade als „Terrorbekämpfer“ profilieren wollte. Dennoch ist es kaum vorstellbar, dass Erdoğan von seiner Konfrontationspolitik umschwenkt, um politische Lösungen mit den Kurden und der sonstigen Opposition im Land zu suchen. Wenn Erdoğan mit dem Rücken zur Wand steht, setzt er immer auf Angriff. Er wird neue Ziele finden.
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Kommentar von
Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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