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Türkische Exil-Journalist*innenDie Solidarität ist vorbei

Viele türkische Journalist*innen mussten nach 2016 ihr Land verlassen. Von der anfänglichen Solidarität ist in Deutschland nichts mehr zu spüren.

Während einer Kundgebung für Pressefreiheit im Jahre 2017 Foto: Christian Mang

W ährend des Ausnahmezustands, der in der Türkei nach dem Putschversuch 2016 verhängt wurde und zwei Jahre andauerte, brachte die AKP-Regierung in Koalition mit der rechtsextremen MHP die Presse komplett unter ihre Kontrolle. Eine Zeitung nach der anderen wurde geschlossen, Hunderte Journalist*innen wurden verhaftet, Tausende Medienmitarbeiter*innen wurden arbeitslos.

Aufgrund dieser Entwicklungen war für manche Journalist*innen die einzige Lösung, das Land zu verlassen. Auch ich bin eine dieser Journalist*innen. Anfangs war es in Deutschland sehr populär, Solidarität mit oppositionellen Journalist*innen aus der Türkei zu zeigen, doch dieser Trend ist nun, drei Jahre später, vorbei. Der Rahmen der Solidarität war ohnehin abgesteckt.

Wie sieht es also aus bei den Medien, die außerhalb der Türkei auf Türkisch berichten? Wie ist die Lage bei WDR Cosmo und Artı TV?

Ich bin eine derer, die in dem WDR-Cosmo-Projekt „Türkei Unzensiert“ gearbeitet haben. Ein Format, in dem Exil-Journalist*innen regelmäßig in einer Videokolumne über die Türkei gesprochen haben. Vergangenes Jahr teilte uns die Geschäftsführung mündlich mit, dass das Projekt im September 2019 aus finanziellen Gründen beendet wird. Auf meine Mails mit der Nachfrage, was aus mir werden soll, habe ich bis heute keine Antwort bekommen. Doch die Antwort von Cosmo scheint klar zu sein: Es gibt kein Geld, das Projekt ist zu Ende, jede*r muss sich was Neues suchen.

Neues Format, neue Leute

Einigermaßen erstaunlich ist, dass „Türkei Unzensiert“ als neues Format nun wieder erscheint. Als wöchentliche Magazinsendung – auf Deutsch und auf Türkisch mit der erfahrenen und renommierten Journalistin Banu Güven. Wenn es also genug Geld gibt, um das Projekt fortzuführen, warum wurden dann ungefähr zehn Journalist*innen vor die Tür gesetzt? Wenn Solidarität so wichtig ist, warum gibt es dann keine Arbeit für eine Exil-Journalistin, die wegen ihrer trans Identität in der Journalismusbranche jahrelang marginalisiert wurde und nun Asyl bekommen hat?

Währenddessen hat neulich ein Journalist, der bei dem oppositionellen linken Kölner Exil-Sender Artı TV arbeitet, auf Twitter mitgeteilt, dass er nicht versichert ist und einen Hungerlohn bekommt. Die offizielle Erklärung auf der Seite des Senders war erschreckend. Die Geschäftsführer bezeichneten den Kampf des Journalisten für seine Rechte als „Angriffs- und Diffamierungskampagne“. Dabei war es vielmehr eine Enthüllung der seit Langem andauernden Ausbeutung in oppositionellen linken Medien. Doch das Erschreckende war, dass dieses System wohl nach Europa übertragen worden ist.

Ich glaube, es macht überhaupt keinen Unterschied, ob man in der Türkei oder in Deutschland arbeitet. In diesem Sektor, der auf einer männlichen Identität aufbaut, wird es immer Journalist*innen geben, die verlieren.

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2 Kommentare

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  • Der fehlende lange Atem der Solidarität ist das eine. Hier müssen Medienschaffende eine Balance finden zwischen ihrer Ethik und der Aktualität der Berichterstattung.

    Das andere sind Ansprüche von Medienschaffenden, über die unhintergehbare Wahrheit der eigenen Körperlichkeit weiter gehört und alimentiert zu werden. Das kann man richtig finden, muss es aber nicht.

  • Es ist leider Standard geworden, dass erst einmal lauthals Solidarität geäußert wird, gar einige Unterstützungsprojekte gestartet werden, nach einiger Zeit aber Gleichgültigkeit einzieht. Hier waren es "immerhin" drei Jahre. Das betrifft nicht nur die Türkei, sondern auch andere Länder und Personen. Zur "politic as usual" der politischen Klasse (siehe Khassogi etc.) kommt die die Eventarisierung von Solidaritätsgesten, die aber weder in eine politische Haltung geschweige denn in kontinuierliches Handeln zu einem Thema münden. Die nächste Aufregung und das nächste "Je suis..." steht doch schon vor der Tür.