Tschechiens Politstar Dominik Freri: Vorwurf der Vergewaltigung
Der junge, aufstrebende Politiker Freri soll mehrere Frauen beleidigt und sexuell missbraucht haben. Immer mehr Betroffene berichten.
Ein nordböhmischer Patriot mit afrikanischen Wurzeln, gesamteuropäischem Ausblick und einer Vorliebe für mährische Weinfeste, etablierte sich Feri schon früh als moderner Hoffnungsträger und Star sozialer Netzwerke. Sein sorgsam gepflegtes Image als pfeiferauchender Dandy in Tweed und sein unübersehbarer Afro sind seine Markenzeichen.
Dank seiner Reichweite hatte Feri schon bei den Wahlen 2017 Unvorstellbares geschafft: Für die TOP 09, eine Partei, die nicht richtig weiß, ob sie konservativ, liberal oder progressiv ist, hatte er vom hintersten Listenplatz aus dank Präferenzstimmen ein Mandat im Abgeordnetenhaus errungen. Schon drei Jahre zuvor war Feri im Kurort Teplice mit knapp 18 Jahren zum jüngsten Kommunalpolitiker des Landes geworden.
Kaum in der großen Politik in Prag angekommen, nahm ihn sofort kein anderer als „der Fürst“ unter seine Fittiche: Karl Schwarzenberg, graue Eminenz der TOP 09 und Hüter dessen, was die Tschechen das „Erbe Václav Havels“ nennen, ohne es allerdings zu definieren, machte den damals 21-jährigen Nachwuchspolitiker zu seinem Berater, gleichzeitig wurde er zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden seiner Partei gewählt.
Vorwurf der Vergewaltigung
Auch in diesem Wahlkampf sollte Feri die Stimmen junger Wähler abgreifen. Vergangene Woche stellte er seine Kampagne „Mam hlas“ (Ich habe eine Stimme) vor, mit der er über Podcasts und soziale Netzwerke Jungwähler an die Wahlurnen bringen sollte. „Wir gehören zum Westen“, so der Slogan, mit dem die TOP 09 zusammen in einer Wahlkoalition mit der konservativen Bürgerpartei ODS und den Christdemokraten die Regierung von Andrej Babis zum Teufel jagen wollen.
Feris Höhenflug kam nun zu einem abrupten Absturz. Gleich zwei Medien, die Tageszeitung Denik N und das linke Webportal Alarm, hatten berichtet, wie Feri mit Frauen umgeht. Insgesamt acht junge Frauen, Abiturientinnen, vor denen er Seminare über politische Partizipation gehalten hatte, und Studentinnen an der Jurafakultät, soll er demnach beleidigt und sexuell missbraucht haben. In zwei Fällen steht ein klarer Vergewaltigungsvorwurf im Raum, bewiesen ist bislang noch nichts.
Die Lügen und Manipulationen werde er gerichtlich ausfechten, erklärte Feri, und trat von allen gegenwärtigen und zukünftigen Ämtern zurück. Inzwischen melden sich immer mehr junge Frauen und auch ehemalige Kommilitonen, die bezeugen, dass Feris Sexualverhalten ein offenes Geheimnis an der Jurafakultät war.
Mentor Schwarzenberg hat sich derweil schon eingeschaltet: Es sei doch völlig normal, dass man mit 25 auf junge Frauen stehe, wehrte der die Anschuldigungen ab. Man gehört also zum Westen. Fragt sich nur, in welchem Jahrhundert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“