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Trumps HandelskonfliktChina erhöht Vergeltungszölle – und umwirbt die EU

Auge um Auge: Im Handelsstreit mit den USA erhöht China seine Zölle auf US-Importe auf 125 Prozent. Präsident Xi Jingping geht auf die EU zu.

China umgarnt Europa: Der chinesische Präsident Xi Jinping (r) und der spanische Premierminister Pedro Sanchez Foto: Andres Martinez Casares/pool epa via ap/dpa

Peking afp | Wie du mir, so ich dir: Im Handelsstreit mit den USA erhöht China seine Zölle auf US-Importe auf 125 Prozent. Zuvor hatten die USA die Abgaben auf den Import chinesischer Waren auf 145 Prozent angehoben. Derweil umwirbt die chinesische Führung die EU: China und Europa müssten sich „gemeinsam gegen einseitige Schikanen wehren“, sagte Präsident Xi Jinping.

Die Zollkommission des chinesischen Staatsrates erklärte am Freitag, die US-Regierung wende sich mit ihrer Handelspolitik gegen „grundlegende wirtschaftliche Regeln und den gesunden Menschenverstand“. Ein Sprecher des Handelsministeriums in Peking sagte, die Verantwortung für den eskalierenden Handelskonflikt trügen allein die USA. Die Zölle seien „ein Zahlenspiel“, das sich zum „Witz“ entwickle.

Der Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt droht wegen der enorm hohen Zölle zu erliegen: Das Finanzministerium in Peking erklärte, weiter würden die Zölle nicht angehoben, „denn es besteht keine Marktakzeptanz mehr für US-Produkte, die nach China exportiert werden“. Das dürfte auch umgekehrt der Fall sein. Die neuen chinesischen Aufschläge von insgesamt 125 Prozent auf US-Waren sollen am Samstag in Kraft treten. China hatte erst am Mittwoch seine Zölle auf die USA von 34 Prozent auf 84 Prozent erhöht. Vorangegangen waren aber jeweils Zollerhöhungen auf chinesische Importe in die USA.

Präsident Xi Jinping traf am Freitag in Peking mit dem spanischen Regierungschef Pedro Sánchez zusammen – dabei betonte er die Vorteile einer Zusammenarbeit zwischen China und der EU. Ein gemeinsames Vorgehen gegen die Handelspolitik der USA würde die „eigenen legitimen Rechte und Interessen“ der EU schützen und „internationale Fairness und Gerechtigkeit gewährleisten“, so Xi.

EU-Kommissar reist nach Washington

Im Umgang mit der Trump-Regierung setzt die EU auf Diplomatie: Handelskommissar Maros Sefcovic reist in die USA und wird dort am Montag mit der US-Regierung über die Zollpolitik reden. Sefcovic werde „in gutem Glauben“ versuchen, Lösungen zu finden, „die für uns alle von Vorteil sind“, erklärte ein EU-Sprecher.

US-Präsident Trump hatte am Mittwoch überraschend seine zuvor seine gerade erst gültig gewordenen Zölle für fast alle Handelspartner auf zehn Prozent gesenkt, zunächst für 90 Tage. Er sprach von einer „Pause“. Die EU setzte daraufhin ihre Gegenaufschläge auf US-Produkte aus.

An den Aktienmärkten sorgte das am Donnerstag für Kurssprünge. Am Freitag lagen die europäischen Börsen zu Handelsbeginn noch im Plus – drehten nach der Ankündigung weiterer Zollerhöhungen aus Peking aber wieder ins Minus. Die Märkte fürchteten „eine ungeordnete wirtschaftliche Abkopplung zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt“, erläuterten Analysten der Deutschen Bank.

Zehntausende Arbeitsplätze in Deutschland in Gefahr

In Asien schloss der japanische Nikkei-Index im Minus, auch in Südkorea und Australien endete der Handel im roten Bereich. Analysten betonten, es bleibe abzuwarten, was Trump wirklich vorhabe: „Hat er seine Politik geändert oder nutzt er die Zölle immer noch als Verhandlungsinstrument?“

Der Handelskonflikt kann laut Ökonomen Zehntausende Arbeitsplätze auch in Deutschland kosten. Zu diesem Ergebnis kommen das IAB-Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (BA), das Bundesinstitut für Berufsbildung und die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung in einer Reuters am Freitag vorliegenden Studie. „Transformationskrise und jetzt auch noch Handelskrise, für die Industrie ist das ein Nackenschlag“, sagte Enzo Weber vom IAB zu Reuters. Europa müsse in die Vorwärtsverteidigung gehen. „Freihandel mit dem Rest der Welt“, schlug Weber vor. „Eine Halbierung der Zollsätze würde zwei Drittel der Exportverluste kompensieren.“

Die negativen Auswirkungen für Deutschland ergeben sich laut Weber über direkte Exportausfälle, eine Abschwächung der Weltwirtschaft und Folgewirkungen mit geringerer Investitions- und Konsumnachfrage. „In Deutschland würde ein Jahr nach Inkrafttreten der Zölle das Bruttoinlandsprodukt um 1,2 Prozent niedriger liegen“, heißt es in der Studie im Vergleich zu einer Wirtschaftsentwicklung ohne zusätzliche Zölle. Die Zahl der Erwerbstätigen wäre demnach um 90.000 geringer.

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10 Kommentare

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  • Ist halt etwas heuchlerisch mit der EU die ökonomische Zusammenarbeit zu suchen und gleichzeitig die EU militärisch zu bedrohen, indem China Russland im Krieg gegen die Ukraine und den Westen mit Waffen, Geld und Soldaten zu unterstützt.

  • Der Vorschlag von Xi ist richtig, nur halt bei ihm aus dem falschen Mund. Eu sollte die Zölle mit Kanada, Mexiko etc. etwas senken. Es wäre ein Zeichen nach USA und würde sicher den Handel beleben. Mit China bekäme die EU nur eine noch größere Schwämme und Arbeitsplatzverluste. Auch Trumps Drohung, er würde mit EU über die Zölle ergebnisoffen reden wenn wir weit mehr Öl und Gas von den USA beziehen, könnte die EU kontern wenn wir statt dessen die Materialien aus Venezuela beziehen. Was weit aus günstiger ist. Politisch sind sich die beiden Staaten mitlerweile sehr nahe gekommen. Es zeige den USA dann auch, dass die EU nicht notwendiger Weise jede Sanktion der USA mitträgt, macht die USA umgekehrt ja auch nicht. Statt mehr Umsatz für seine Freunde brächte Trumps Politik dann weit weniger Umsatz im US-Ölgeschäft. Die atlantiküberspannende "Freundschaft" ist zerbrochen. Wir Europäer müssen das nur irgendwann wahrhaben; hoffentlich nicht zu spät.

  • „Hat er seine Politik geändert oder nutzt er die Zölle immer noch als Verhandlungsinstrument?“

    Trumps Stammgäste in Mar al Lago profitieren von Zoll-rauf/runter-Insider-Geschäften. Da reichen alle Steuerparadiese nicht, um für die so erzielten Gewinne der Trump-Oligarchen genügend Tresorraum bereitzustellen. Die US-Politik wird dem organisierten Wirtschaftsverbrechen untergeordnet.

  • Chinesische Waren würden auch mit einem 200-prozentigen Aufschlag in den USA noch preislich konkurrenzfähig sein, sofern man sie nicht über den stationären Einzelhandel beziehen wollte. Dummerweise funktioniert das aber allenfalls bei Industriegütern. Aber die Leute, die "Amerika" nach Trumps Meinung (tatsächlich aber: seinesgleichen dort) reich machen sollen, nämlich ein Großteil seiner Wähler, benötigen zuvörderst Lebensmittel. Daß deren Preise durch die Decke gehen, interessiert Trump nicht. Ebensowenig, daß er denen die Altersversorgung atomisiert. Sie hätten das vorher wissen müssen. Da hat es sie nicht interessiert.

  • Auf China sollte die EU nicht eingehen. Enge Kooperation bedeutet in Fachchinesisch "keine Zölle".

    In China herrscht seit längerer Zeit schon Überproduktion bei gleichzeitig stets zurückgehender Binnennachfrage. Das Land steht der Deflation näher als der Inflation wie sie in diesem Handelskrieg Europa drohen würde.

    Keine oder auch nur sehr niedrige Zölle hätten zur Folge, dass China den europäischen Markt mit seinen Produkten zu Dumpingpreisen überschwemmen würde, auf Kosten der einheimischen Produzenten in der Union.

  • Die EU sollte ganz offen in die Gespräche gehen.

    Ich denke es ist ein guter Moment mit China im Rahmen der Gespräche auch über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu diskutieren.

    Die EU könnte hier eine große Rolle spielen und mit China gemeinsam eine Lösung erarbeiten, anscheinend möchte China ja mit Europa zusammenarbeiten.

    • @Gnutellabrot Merz:

      China möchte Waren, die es nun nicht mehr in die USA verkaufen kann, anderweitig loswerden. Und billige Rohstoffe einkaufen. Mehr ist da auch jetzt nicht zu erwarten.

  • Eine engere Zusammenarbeit zwischen EU und China in einigen wirtschaftlichen Bereichen, um den volkswirtschaftlichen Schaden zu reduzieren bietet sich in diesen unsicheren Zeiten an,. Da wäre nur eine "kleine" Sache die es zu klären gilt. Eine Fortführung des russischen Angriffskrieg in der Ukraine und der hybride Krieg gegen ganz Europa wäre ohne chinesische Duldung und teilweise aktive Förderung unmöglich.

    Xi verbittet sich bekanntlich jede Einmischung Europas in die inneren Angelegenheiten Chinas, bspw. den Menschenrechtsverbrechen gegen die Uiguren. Konsequenterweise muss die EU und ganz Europa von ihm dasselbe fordern: Ein Ende des Angriffskriegs gegen Europa, ein Ende der Sabotage von Infrastruktur und Cyberangriffen UND ein Ende der Unterstützung von Parteien, Vereinen etc. die die Souveränität und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union untergraben. Wie Trump und Putin versucht er systematisch die Union zu schwächen, denn einzelne Länder lassen sich leichter gängeln, manipulieren und ausnutzen.

    Er will Zusammenarbeit und Respekt vor der Souveränität Chinas? Gut, um seine Aufrichtigkeit zu beweisen soll er den ersten Schritt machen.

  • Was Weber nicht erwähnt, ist dass die neue Regierung keinerlei Ideen hat, um die Binnennachfrage und die Neuausrichtung der betroffenen Industrien zu fördern. Statt aus der Zeit gefallenen und unnötige Milliarden an die Gastronomie zu verscherbeln, könnte man den betroffenen Branchen Hilfen zur Umstrukturierung geben, wenn sie dafür garantieren keine Arbeitsplätze abzubauen oder aus Deutschland auszusiedeln. Ähnliche Programme wurden nämlich bereits in Spanien angekündigt und im Parlament debattiert während wir über die Senkung der MwSt für Gastronomie frohlocken.

    • @Doktor No:

      Zitat: "Was Weber nicht erwähnt ..."

      Das "IAB-Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (BA)" ist strukturell gesehen anscheinend nicht in einer Position, in der es die Bundesregierung zu kritisieren hätte?