Trumps Handelskonflikt: China erhöht Vergeltungszölle – und umwirbt die EU
Auge um Auge: Im Handelsstreit mit den USA erhöht China seine Zölle auf US-Importe auf 125 Prozent. Präsident Xi Jingping geht auf die EU zu.

Die Zollkommission des chinesischen Staatsrates erklärte am Freitag, die US-Regierung wende sich mit ihrer Handelspolitik gegen „grundlegende wirtschaftliche Regeln und den gesunden Menschenverstand“. Ein Sprecher des Handelsministeriums in Peking sagte, die Verantwortung für den eskalierenden Handelskonflikt trügen allein die USA. Die Zölle seien „ein Zahlenspiel“, das sich zum „Witz“ entwickle.
Der Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt droht wegen der enorm hohen Zölle zu erliegen: Das Finanzministerium in Peking erklärte, weiter würden die Zölle nicht angehoben, „denn es besteht keine Marktakzeptanz mehr für US-Produkte, die nach China exportiert werden“. Das dürfte auch umgekehrt der Fall sein. Die neuen chinesischen Aufschläge von insgesamt 125 Prozent auf US-Waren sollen am Samstag in Kraft treten. China hatte erst am Mittwoch seine Zölle auf die USA von 34 Prozent auf 84 Prozent erhöht. Vorangegangen waren aber jeweils Zollerhöhungen auf chinesische Importe in die USA.
Präsident Xi Jinping traf am Freitag in Peking mit dem spanischen Regierungschef Pedro Sánchez zusammen – dabei betonte er die Vorteile einer Zusammenarbeit zwischen China und der EU. Ein gemeinsames Vorgehen gegen die Handelspolitik der USA würde die „eigenen legitimen Rechte und Interessen“ der EU schützen und „internationale Fairness und Gerechtigkeit gewährleisten“, so Xi.
EU-Kommissar reist nach Washington
Im Umgang mit der Trump-Regierung setzt die EU auf Diplomatie: Handelskommissar Maros Sefcovic reist in die USA und wird dort am Montag mit der US-Regierung über die Zollpolitik reden. Sefcovic werde „in gutem Glauben“ versuchen, Lösungen zu finden, „die für uns alle von Vorteil sind“, erklärte ein EU-Sprecher.
US-Präsident Trump hatte am Mittwoch überraschend seine zuvor seine gerade erst gültig gewordenen Zölle für fast alle Handelspartner auf zehn Prozent gesenkt, zunächst für 90 Tage. Er sprach von einer „Pause“. Die EU setzte daraufhin ihre Gegenaufschläge auf US-Produkte aus.
An den Aktienmärkten sorgte das am Donnerstag für Kurssprünge. Am Freitag lagen die europäischen Börsen zu Handelsbeginn noch im Plus – drehten nach der Ankündigung weiterer Zollerhöhungen aus Peking aber wieder ins Minus. Die Märkte fürchteten „eine ungeordnete wirtschaftliche Abkopplung zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt“, erläuterten Analysten der Deutschen Bank.
Zehntausende Arbeitsplätze in Deutschland in Gefahr
In Asien schloss der japanische Nikkei-Index im Minus, auch in Südkorea und Australien endete der Handel im roten Bereich. Analysten betonten, es bleibe abzuwarten, was Trump wirklich vorhabe: „Hat er seine Politik geändert oder nutzt er die Zölle immer noch als Verhandlungsinstrument?“
Der Handelskonflikt kann laut Ökonomen Zehntausende Arbeitsplätze auch in Deutschland kosten. Zu diesem Ergebnis kommen das IAB-Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (BA), das Bundesinstitut für Berufsbildung und die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung in einer Reuters am Freitag vorliegenden Studie. „Transformationskrise und jetzt auch noch Handelskrise, für die Industrie ist das ein Nackenschlag“, sagte Enzo Weber vom IAB zu Reuters. Europa müsse in die Vorwärtsverteidigung gehen. „Freihandel mit dem Rest der Welt“, schlug Weber vor. „Eine Halbierung der Zollsätze würde zwei Drittel der Exportverluste kompensieren.“
Die negativen Auswirkungen für Deutschland ergeben sich laut Weber über direkte Exportausfälle, eine Abschwächung der Weltwirtschaft und Folgewirkungen mit geringerer Investitions- und Konsumnachfrage. „In Deutschland würde ein Jahr nach Inkrafttreten der Zölle das Bruttoinlandsprodukt um 1,2 Prozent niedriger liegen“, heißt es in der Studie im Vergleich zu einer Wirtschaftsentwicklung ohne zusätzliche Zölle. Die Zahl der Erwerbstätigen wäre demnach um 90.000 geringer.
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