Trump mischt in Israels Wahlkampf mit: „Danke, Amerika“
Kurz vor der Wahl in Israel besucht Benjamin Netanjahu die USA. Der angezählte Ministerpräsident bekommt Schützenhilfe aus Washington.
Netanjahu hatte für den Wahlkampf eine Art Nichtangriffspakt mit Otzma Jehudit vereinbart, die sich offen als Nachfolger der einst verbotenen Kach-Partei darstellt und mit der er eine Koalition ins Auge fast. Bei Aipac löste er damit Unmut aus.
In einer Stellungnahme kritisierten die Mitglieder die „verwerflichen“ Ziele der Partei. Einige US-Demokraten hatten aus Protest gegen die Allianz mit den Extremisten zum Boykott der Rede Netanjahus vor dem Aipac aufgerufen, darunter Bernie Sanders, der in den USA erneut für das Präsidentschaftsamt kandidieren will. Sanders kritisierte Aipac dafür, einem Politiker, der die Zweistaatenlösung ablehnt, eine Bühne zu geben. Netanjahu wird seinerseits versuchen, mit seinen diplomatischen Erfolgen zu punkten.
Zentraler Tagesordnungspunkt des Treffens von Trump und Netanjahu ist die offizielle Anerkennung der israelischen Souveränität über die Golanhöhen, die der US-Präsident vergangene Woche ankündigte. Damit kam er einer Bitte Netanjahus nach, der die Gunst der Stunde im Weißen Haus nicht ungenutzt vorüberziehen lassen wollte. Bislang hatten sich die US-Regierungen an den internationalen Konsens gehalten, nach dem die Golanhöhen als von Israel besetztes Gebiet gelten. „Danke, Präsident Trump. Danke, Amerika“, so kommentierte Netanjahu Trumps „historischen Schritt“.
Eyal Sisser, Nahost-Historiker
Das Arabische Menschenrechtszentrum auf den Golanhöhen Al-Marsad verurteilte hingegen Trumps Schritt, der „im Widerspruch zu Fakten, Logik und internationalem Recht“ stehe sowie „die Stabilität im Nahen Osten bedroht“. Knapp 20.000 Drusen und eine ähnliche Zahl jüdischer Israelis leben in dem Gebiet.
Israel hat den Golan 1981 annektiert. Die Drusen können die israelische Staatsbürgerschaft beantragen. Allerdings machen nur wenige von diesem Recht Gebrauch. Über Jahrzehnte fanden immer wieder Friedensverhandlungen statt. Selbst Netanjahu soll zeitweilig einen Abzug ernsthaft ins Auge gefasst haben. „Nach der US-Erklärung zu den Golanhöhen wird es keinen Abzug mehr geben“, glaubt Eyal Sisser, Professor für Nahost-Geschichte an der Universität Tel Aviv. Für Syriens Präsident Baschar al-Assad sei der Golan „ein für allemal verloren“.
Der von Trump gewählte Zeitpunkt könnte sich fatal auf seinen seit Langem angekündigten „Jahrhunderteplan“ für Frieden in Nahost auswirken, den er gleich im Anschluss an Israels Parlamentswahl im April kundtun will. Trumps Gesandte in der Region haben von Anfang an darauf gesetzt, die arabischen Nachbarstaaten mit ins Boot zu holen. Die Arabische Liga aber reagierte nun frustriert auf den unilateralen Vorstoß des US-Präsidenten. Ahmad Abu al-Gheit, Generaldirektor der Arabischen Liga, forderte Trump auf, „diese fehlerhafte Situation zu überdenken“. Eine Anerkennung der israelischen Souveränität auf den Golanhöhen werde „ernste Folgen für die Position der USA im arabisch-israelischen Konflikt“ haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind