piwik no script img

Trump an der BörseIn die Stratosphäre

Martin Seng
Kommentar von Martin Seng

Donald Trumps Social-Plattform Truth Social startet fulminant an der Börse und macht Trump zum Tech-Milliardär. Doch dahinter steckt nur heiße Luft.

Auf in höhere Sphären: Trump beobachtet einen Raketenstart von SpaceX, das Produkt eines weiteren Papiermilliardärs, Elon Musk Foto: Alex Brandon/ap

E igentlich sollte es niemanden mehr überraschen, wie treu die Anhängerschaft von Donald J. Trump ist. Und doch schaffen die Trump-Fans es immer wieder, ihrem Idol den Karren aus dem Dreck zu ziehen.

Zuletzt haben sie Trump wohl vor dem kompletten Bankrott gerettet. Vergangenen Dienstag, am 26. März, ging Trump mit seiner Social-Media-Plattform Truth Social an die Börse. Hinter dem Twitter-Abklatsch steht das Unternehmen Trump Media & Technology Group, an dem Trump 60 Prozent der Anteile hält.

Der Börsengang war einer der erfolgreichsten der letzten Jahre: Truth Social ist aktuell acht bis zehn Milliarden US-Dollar wert, das ist mehr als der Spielwarengigant Hasbro. Und Trump damit ein Tech-Milliardär. Etwa 5 Milliarden Dollar sind seine Anteile wert. Das entspricht einer Verdreifachung seines angeblichen Vermögens.

Radikale Echokammer

Dabei ist Truth Social ein Verlustgeschäft. Trump gründete die App Anfang 2022, nachdem soziale Medien wie X und Meta ihn gesperrt hatten. Bei Truth Social bildete sich schnell eine eigene, radikale Echokammer von und für seine Anhänger:innen. Trotzdem schreibt die App rote Zahlen und lebt einzig und allein von der Persönlichkeit Trumps.

Das heißt: Der Börsenhype um Truth Social ist offensichtlich eine Blase. Und es ist auch offensichtlich, was diese Blase nährt: die Frage, ob Trump zum zweiten Mal Präsident wird. Die Antwort entscheidet, wie sich die Aktie entwickelt. Trump und Joe Biden liefern sich in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen und das scheint für die Spe­ku­lan­t:in­nen und Pri­vat­an­le­ge­r:in­nen ausreichend zu sein, um auf den MAGA-Zug aufzuspringen.

Ohnehin ist der 77-Jährige ein Meister der Selbstvermarktung. Im Februar verkaufte er goldene Sneaker mit Amerika-Flagge für saftige 400 US-Dollar. Sein Fahndungsfoto vom August 2023 ließ er prompt auf T-Shirts drucken und auch die rote MAGA-Kappe ist seit Jahren ein Verkaufsschlager. Trump ist ein Merchandiseprodukt und so auch seine Aktie.

An der Börse wird sie unter den drei Initialen des 45. Präsidenten der USA gehandelt: DJT. Am Wochenende lag die Aktie schon bei lukrativen 62 US-Dollar, angefangen hat sie bei 49,95 US-Dollar. Am ersten Tag kletterte der Preis zwischenzeitlich schon auf 67 US-Dollar. Gerade in der heißen Phase des Präsidentschaftswahlkampfs kann man hier mit viel Fluktuation rechnen – und viel heißer Luft.

Geld für den Wahlkampf

Im Fachjargon spricht man auch von „Meme-Aktien“. Das beschreibt Wertpapiere, die im Internet einen Hype generieren, ganz egal, wie das Unternehmen dahinter wirtschaftet. Zu den bekanntesten Beispielen zählen der rasante Anstieg der GameStop-Aktie Anfang 2021 oder der Börsengang des Netzwerks Reddit. Und jetzt auch Truth Social.

Der aufgeblasene Börsengang hilft dem angeschlagenen Image des ehemaligen New Yorker Immobilienspekulanten. Zuletzt musste Trump eingestehen, dass er in seinen Gerichtsverfahren eine Kaution von 464 Millionen US-Dollar nicht zahlen konnte, bevor das Gericht die Summe auf 175 Millionen US-Dollar reduzierte und ihm mehr Zeit für die Zahlung einräumte (eine Nachsicht, die amerikanische Gerichte mit Schwarzen oder armen Angeklagten selten zeigen).

Eine Kaution nicht zahlen zu könnten, passt natürlich gar nicht zum vermeintlichen Selfmade-Milliardär. Eine Finanzspritze durch die Truth-Social-Aktien käme da gerade recht. Aber noch existieren die Tech-Milliarden des Ex-Präsidenten nur auf Papier. Verkaufen darf er seine Aktien erst nach sechs Monaten. Niemand weiß, wie sich der Kurs bis dahin entwickelt.

Doch die Milliarden, in die Trump seine Aktien womöglich umsetzen kann, wird er völlig legal in seinen Wahlkampf einbringen können. Mit dem Börsengang von Truth Social haben sich also die Vorzeichen im Rennen um die US-Präsidentschaft komplett verändert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Martin Seng
Autor
Hat Politik- und Literaturwissenschaft in der ältesten Stadt Deutschlands studiert. Journalistische Zwischenstationen bei Der Spiegel, dem WDR, SWR und weiteren. Schreibt für diejenigen, die es interesseiert, darunter die Frankfurter Allgemeine Zeitung & Sonntagszeitung, Die Zeit und natürlich die tolle taz. Beschäftigt sich mit Politik und Propaganda in den Medien und im Sport, das Neuland namens Internet und Extremismus. Liebt Hemingway und Arendt, bewundert Tarr und Miura, kritisiert Musk und Peterson. Wurde mal von Maximilian Krah verbal diffamiert. Schreibt (wie vermutlich alle Journalist:innen) an einem Buch.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Schade, dass sich wahrscheinlich keine Bank finden wird, die hier ein Derivat auf fallende Kurse auflegt. Ob Hebelzertifikat oder Optionsschein wär mir fast schon egal, bei der Wette wäre ich mir ziemlich sicher Geld verdienen zu können.

    • @dol-fan:

      Wenn Trump die Wahl gewinnt, mag es das Gegenteil sein...

  • "Ohnehin ist der 77-Jährige ein Meister der Selbstvermarktung. Im Februar verkaufte er goldene Sneaker mit Amerika-Flagge für saftige 400 US-Dollar. Sein Fahndungsfoto vom August 2023 ließ er prompt auf T-Shirts drucken und auch die rote MAGA-Kappe ist seit Jahren ein Verkaufsschlager. Trump ist ein Merchandiseprodukt und so auch seine Aktie."



    /



    Wahrscheinlich glaubt seine Anhängerschaft auch an seine stilbildende Genialität und sieht weniger das Problem plutokratisch motivierter, schleichender Einflussnahme durch diese Luftblasen."



    /



    "A Very Stable Genius":



    Einsame Spitze



    Es gibt schon viele Bücher über Donald Trump. Das der "Washington Post"-Reporter Carol Leonnig und Philip Rucker ragt heraus: Es entlarvt sachlich dessen Regierungsstil."



    Quelle zeit.de



    Neuauflage gefällig?

  • Donald Trumps Social-Plattform Truth Social startet fulminant an der Börse und macht Trump zum Tech-Milliardär.



    ----



    Jetzt kann wirklich jede/r mit "gutem Gewissen" sehen, belegen & sagen:



    "In U-SA können Präsidenten, anteilig, auf Aktien, gekauft werden!"



    Na dann, endlich DER Durchbruch im "American way of life!"



    Für genügend US$ ist "im Land der unbegrenzten Möglichkeiten" wirklich ALLES zu haben! :-((

  • Das Zeitalter der heißen Luft.